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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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mich, ob es nicht trotzdem das Beste wäre, ihn …«
    »Ach, laß mal«, sagte Leo. »Wir haben’s ihm versprochen. Außerdem habe ich keine Lust auf eine Mordanklage. Laß den Burschen ziehen.«
    »Er kann uns doch identifizieren, oder?«
    »Na und?« fragte der Ex-Sträfling. »Wir nehmen seinen Caddy mit und lassen ihn zu Fuß nach Hause gehen. Wenn der an der Schnellstraße ist, sind wir längst über die Grenze.«
    »Na schön«, sagte der linkische Mann mürrisch. »Dann wollen wir mal …«
    Evelyn Maddox umfaßte den Arm des Arztes, der das Schlafzimmer im Obergeschoß des Maddox-Hauses verließ.
    »Wie geht es ihm, Doktor? Wird er wieder gesund?«
    »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Mrs. Maddox. Ein bißchen Erschöpfung, ein kleiner Schock, nichts weiter. Stimmt es übrigens, daß man die Entführer gefaßt hat?«
    »So kann man sagen.« Sie erschauderte. »Sie wurden von der Polizei verfolgt, und ihr Wagen überschlug sich. Leider sind beide …«
    Der Arzt schüttelte den Kopf. »Schreckliche Dinge passieren heute. Aber wegen Ihres Mannes können Sie wirklich ganz unbesorgt sein, es geht im bestens. Übrigens hat er nach Ihnen gefragt.«
    »Kann ich zu ihm?« fragte Evelyn.
    »Natürlich.«
    Langsam öffnete Evelyn die Tür. Die Jalousien waren herabgelassen. Im Zwielicht wirkte Warren Maddox’ runder Kopf wie der eines Kindes.
    »Warren?« fragte sie leise.
    Seine Lider zuckten hoch, und seine Lippen preßten sich zusammen.
    »Ach, du!«
    »Ja. Ist etwas?«
    »Und ob!« Er richtete sich auf und fuchtelte ihr mit einem dicklichen Finger unter der Nase herum. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst niemals Lösegeld zahlen? Na? Antworte!«
    »Aber Warren …«
    »Keine Entschuldigungen. Ich habe dir gesagt, du sollst den Schweinehunden keinen roten Heller zahlen, egal was für Briefe ich schicke, egal, was ich schreibe. Das ist das Problem mit dir, Evelyn. Überhaupt mit allen Leuten heutzutage. Es gibt keine Willenskraft mehr. Kein bißchen Willenskraft!«

Schuldiger gesucht
    Die Blicke waren das Schlimmste. Der fragende Blick von Dennis, dem Kundenbetreuer. Der wissende und verlogen-mitfühlende Blick von Hargrove, dem Art Director. Der amüsierte Blick von Mead, dem Marketingmann der Agentur, der ihn für einen unterdrückten Ehekrüppel zu halten schien.
    Bill Hendricks blickte seine Sekretärin mißbilligend an. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen mich nicht stören«, sagte er. »Richten Sie meiner Frau aus, ich rufe zurück.«
    »Sie sagt aber, es sei wichtig, Mr. Hendricks.« Ihr Gesicht zeigte weder Zustimmung noch Ablehnung.
    Hendricks schob den Stuhl zurück. Dennis gab mit einer Handbewegung seine Erlaubnis. »Schon gut, Bill«, sagte er tonlos. »Wir sind sowieso bald fertig.«
    »Ich bin gleich zurück«, versprach Hendricks.
    Er ging in sein Büro. Der Hörer lag auf der Schreibunterlage, und als er ihn hochhob, hatte er fast das Gefühl, daß der Apparat von seiner Frau beseelt war.
    »Um Himmels willen, Karen!« fauchte er.
    »Ich hatte eine Besprechung! Ich habe dir schon tausendmal gesagt …«
    »Schrei mich nicht an!« Die metallische Stimme reagierte automatisch. »Es ist fast vier Uhr, und da muß ich einfach wissen …«
    »Was denn?«
    »Na, ich muß Bescheid wissen wegen des Abendessens, was glaubst du wohl? Du hast versprochen, um drei Uhr anzurufen. Meinst du, ich kann Gedanken lesen?«
    Hendricks preßte die Faust um den Hörer. Er zerrte an der verdrehten Schnur, ging langsam um den Tisch und ließ sich in seinen Sessel sinken. Mit der freien Hand griff er geistesabwesend nach einem Bleistift und stach damit auf einen Notizblock ein. Die Spitze brach ab und rollte vom Tisch.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Karen«, sagte er beherrscht und blickte zur offenen Tür. »Es geht nicht, daß du mich andauernd aus Besprechungen herausholst. Das muß aufhören. Eine Million Abendessen sind das nicht wert, verstehst du?«
    »Am Telefon streite ich nicht mit dir.« Karen sprach die Worte auf ihre entnervend bedächtige Art. Hendricks knirschte mit den Zähnen.
    »Ich streite ja gar nicht«, sagte er. »Ich sage dir etwas in aller Offenheit. Deinetwegen stehe ich hier wie der letzte Blödmann da …«
    »Liebling, das ist zuviel der Ehre!«
    Hendricks machte Anstalten aufzulegen. Im letzten Augenblick riß er den Hörer von der Gabel zurück.
    »Ich komme heute abend nicht nach Hause«, sagte er.
    »Wiederhören«, sagte Karen.
    »Wiederhören!«
    Er knallte den Hörer zu

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