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Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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Bank aus ansehen kann. In der Halle herrscht ein ohrenbetäubender Lärm, weil die Franzosen ihre Mannschaft und wir unsere Leute frenetisch anfeuern. Kauffmanns Brüllerei sorgt auch nicht gerade dafür, die angeheizte Stimmung zu beruhigen, und ich möchte lieber nicht wissen, was passieren würde, wenn man uns jetzt in eine Uniform steckt, einen Stahlhelm auf den Kopf setzt und ein Gewehr in die Hand drückt.

    Damit ist Niki jetzt auch draußen.
    Lena erwischt es als Nächste. Aber ich habe den Verdacht, sie lässt sich absichtlich treffen, damit Niki nicht allein neben mir auf der Bank sitzt.
    Als unser letzter Spieler rausfliegt, hält es Kauffmann nicht mehr an der Seitenlinie. Er schreit laut: »Ich bin der Joker!«, springt auf das Feld, schnappt sich einen der zwei Medizinbälle und erledigt damit drei Franzosen ganz schnell nacheinander.
    Jetzt ist nur noch Mahmoud übrig.
    Er und Kauffmann stehen sich mit ihren Medizinbällen regungslos gegenüber wie zwei Cowboys bei einem Duell auf einer menschenleeren Straße irgendwo im Wilden Westen. Kauffmann hat die Augen zu zwei engen Schlitzen zusammengezogen, und auch Mahmoud belauert seinen Gegner, ohne mit der Wimper zu zucken. Keiner der beiden will das Risiko eingehen, als Erster zu werfen und danach bei einem Fehlwurf unbewaffnet dazustehen.
    Es ist jetzt ganz still in der Halle, und vielleicht sollte jemand den Franzosen erklären, dass der Sportunterricht in Deutschland gewöhnlich anders aussieht, damit sie zu Hause keine komischen Sachen über uns erzählen.
    Aber dafür ist später immer noch Zeit.
    Zwanzig Minuten stehen sich Kauffmann und Mahmoud jetzt schon gegenüber. Das weiß ich so genau, weil das Umspringen des Minutenzeigers das einzige Geräusch ist, das man während der ganzen Zeit in der Halle hört.

    Plötzlich geht alles ganz schnell. Mahmoud schleudert seinen Medizinball ansatzlos aus der Hüfte. Der Ball rast auf Kauffmann zu, doch der kann sich in allerletzter Sekunde mit einem doppelten Flickflack zur Seite rettet.
    Für einen kurzen Augenblick müssen seine alten Boxerreflexe wieder zum Leben erwacht sein, und vielleicht hat der Klinikaufenthalt ja doch was gebracht, denke ich, als Mahmouds Medizinball mit einem lauten Knall hinter Kauffmann an der Sprossenwand landet.
    Einen Moment lang stehen sich die zwei wieder regungslos gegenüber. Dann setzt sich Kauffmann langsam in Bewegung. Um seine Lippen spielt ein teuflisches Lächeln, während er ununterbrochen »Rache für Budapest! Rache für Budapest! Rache für Budapest!« murmelt, und weil ich wahrscheinlich der Einzige bin, der den Artikel in der Schülerzeitung gelesen hat, bin ich auch der Einzige, der weiß, was hier abgeht. Trotzdem bin ich unfähig, irgendetwas zu unternehmen. Genau wie die anderen.
    Kauffmann steht jetzt direkt vor Mahmoud, der sich in sein Schicksal ergeben hat. Mit einem irren Blick flüstert Kauffmann noch einmal »Rache für Budapest!«, dann hebt er den schweren Medizinball in die Höhe, als wolle er Mahmoud damit zerschmettern.
    »Herr Kauffmann! Was um alles in der Welt machen Sie da?!«
    Die Maier steht in der Tür.
    Kauffmann dreht sich langsam zu ihr um, und Mahmoud nutzt die Ablenkung, um sich zu verdrücken.
    »Das ist ein Franzose«, antwortet Kauffmann, als würde das die Situation ausreichend erklären. »Hier sind überall Franzosen!«
    »Ganz ruhig, Herr Kauffmann! Ganz ruhig!«, antwortet die Maier und nähert sich ihm vorsichtig. »Jetzt legen Sie brav den Ball weg, und dann begleiten Sie mich in den Sanitätsraum, da sind bestimmt keine Franzosen.«
    »Boxerehrenwort?«, fragt Kauffmann.
    »Boxerehrenwort!«, antwortet die Maier feierlich.
    Kauffmann legt den Ball vorsichtig auf dem Boden ab und lässt sich von der Maier an der Hand aus der Halle führen.
    »Und was wird mit uns?«, rufe ich, weil es in der Turnhalle ziemlich kalt ist, wenn man sich nicht bewegt.
    »Für euch ist die Schule heute aus. Geht nach Hause«, antwortet die Maier und streicht Kauffmann dabei immer wieder besänftigend über den Rücken. So, wie man ein Pferd streichelt, das sich aufgeregt hat und nun wieder beruhigen soll.
    Als die beiden die Halle verlassen haben, ist allen klar, dass das Comeback von Kauffmann an unserer Schule gründlich danebengegangen ist. Aber vielleicht kriegt er ja noch eine zweite Chance, wenn gerade keine französischen Gastschüler da sind.
    Auf dem Schulhof lässt sich Mahmoud als Held feiern und auf den Schultern einmal um den

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