Coolman und ich. Bonjour Baguette (German Edition)
riesigen Schweinerei auf der Spur bin, und wenn ich genügend Zeit hätte und nicht ausgerechnet meine Schwester Teil dieser Schweinerei wäre, würde ich sofort etwas dagegen unternehmen.
Ich bin mir sicher, Anti hat keine Ahnung, für welche skrupellosen Geschäfte ihr großherziges Tun ausgenutzt wird. Deswegen ist es umso dringlicher, sie endlich zu stoppen.
Aber vorher muss ich beim Bürgermeister vorbei. Lena ist da, Niki wahrscheinlich auch, und meine Eltern sind als Gasteltern ebenfalls zu dem Empfang eingeladen, und ich hoffe nur, dass sie nicht wieder das Auto nehmen.
5. Kapitel
Belagerung
Vor der Villa des Bürgermeisters hat sich halb Keinklagenstadt versammelt. Es sind sogar ein paar Fernsehteams da, die die Demo filmen. Das Ganze sieht fast aus wie eine Belagerung, nur ohne Rammböcke und Katapulte, mit denen man tote Kühe oder Meerschweinchen über die Burgmauern schleudern kann.
Die meisten der Demonstranten tragen Plakate mit der Aufschrift »Bürgermeister = Kerkermeister«, und wenn jetzt jemand von weit, weit her hier zufällig vorbeikäme, müsste er bestimmt denken, dass Keinklagenstadt vom schlimmsten Diktator aller Zeiten regiert wird.
Ich mag den Bürgermeister auch nicht, aber das ist dann doch zu viel der Ehre.
Mahmoud sitzt im Schneidersitz auf dem Rasen des Vorgartens und lässt sich von seinen Anhängern huldigen. Niki ist auch da. Sie winkt mir lächelnd zu und wirkt mit ihren vielen Einkaufstüten aus »Biggis billiger Boutique« auf der Demo etwas fehl am Platz. Wenn sie das alles mit nach Hause nehmen will, braucht sie mindestens fünf neue Koffer. Wahrscheinlich eher zehn.
»Bonjour«, begrüße ich Niki. »Willst du auch gegen den Bürgermeister demonstrieren?«
»Das ist eine Demo, Chéri? Ich dachte, das wäre so eine Art Party«, erwidert sie mit fast völlig geschlossenen Lippen. Wenn sie fleißig weiterübt, kann sie schon bald als Bauchrednerin auftreten. »Ich habe mir extra was Neues zum Anziehen gekauft. Willst du mal sehen, Chéri? Nur ein paar Kleinigkeiten, die ich unbedingt brauche. Ich kann hier ja schließlich nicht nackig herumlaufen«, plappert sie und fängt an, ihre Neuerwerbungen auszupacken.
Mich überrascht das kein bisschen. Im Gegensatz zu COOLMAN hatte ich nicht erwartet, dass sie den Inhalt ihrer Einkaufstüten an die Armen spenden will. Und es sind ja auch wirklich nur ein paar Kleinigkeiten. So um die zwei Dutzend, um genau zu sein. Das Auspacken dauert, und schon bald ist sie mit den anderen Mädchen, die um sie herumstehen, in ein Gespräch über die neuesten Modetrends vertieft.
Unter Mahmouds Fans sind auffällig viele Mädchen, die ihn anhimmeln, als wäre er ein Popstar.
»Alter, Mahmoud ist beliebt wie ein Popstar«, unterbricht Alex meine Gedanken, und, ehrlich gesagt finde ich es ziemlich beunruhigend, dass einer wie Alex dasselbe denkt wie ich.
»Der Junge ist echt voll das Phänomen, und wir sind seine Verbündeten, weil – du weißt doch – Rock ’ n ’ Roll und Revolution fangen beide mit R an«, verkündet Justin.
Die zwei haben immer noch ihre Gitarren auf dem Rücken und drücken mir ein Flugblatt in die Hand, auf dem mit vielen Rechtschreibfehlern die sofortige Absetzung des Bürgermeisters gefordert wird, weil er angeblich arrogant, bestechlich, dumm, dick, faul, geizig und unfähig ist und außerdem nichts, aber auch gar nichts für die Jugend von Keinklagenstadt tut.
Das würde ich alles sofort unterschreiben, darf ich aber nicht.
»Was habt ihr beide eigentlich gegen den Bürgermeister?«, frage ich Alex und Justin.
»Kannst du schweigen, Alter?«
Ich nicke.
»Der Bürgermeister ist uns völlig egal, Alter. Aber als Mahmouds Verbündete kommen wir leichter an die Mädels ran«, raunt Alex mir zu.
»Echt, das sind doch echt viel zu viel für einen allein. Da fallen auch ein paar Bräute für uns ab.« Justin grinst mich an, als erwarte er, dass ich sie für ihren genialen Plan lobe.
»Dieser Mahmoud hat ’ s echt drauf, Alter. Wusstest du, dass der mit acht Jahren als Flüchtling allein von Marokko durch das Mittelmeer nach Frankreich geschwommen ist?«
»Als er da nach zwei Wochen ankam, hatte er echt nichts außer seinen nassen Klamotten.«
»Steht alles hier drin. Alter, das solltest du unbedingt lesen. Kostet auch nur zehn Euro. Wir verkaufen die für ihn, und von den zehn Euro gehen fünf Cent an Greenpeace. Alter, der Typ hat echt ein großes Herz.«
Alex hält mir ein schmales Büchlein unter
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