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erwies sich als fleckig und pickelig. Diesmal war ich froh, nicht riechen zu können.
»Albert…«
Vor mir lag keine Person, die ich mochte. Aber ihr Leid war echt, und ich schätze, sie verdiente Mitgefühl.
»Kann ich irgendetwas für Sie tun?«, fragte ich und überlegte, wann die Maschinerie all die aufgestaute Energie freisetzen würde. Dann mochte es gefährlich sein, sich in der Nähe zu befinden.
»Ich habe… gehört… was Sie sagten…«
»Übers Karma und so? Ich bin kein Priester. Woher soll ich wissen…«
»Nein… Sie haben Recht…« Irene schnappte zwischen den Worten nach Luft. »Hinter der Theke… lösen Sie die Ketonkappe… schnappen Sie sich den… verdammten Mistkerl…«
Ihre Lider zuckten.
»Wir sollten besser von hier verschwinden, Kumpel«, drängte Palloid. Er stand bereits in der Tür, die Sonne im Rücken. Ich sprang vom Podium herunter, sah zurück und beobachtete, wie erste Blitze zuckten. Krämpfe schüttelten Irenes Leib, und die am Boden liegenden roten Golems bewegten sich genauso, in perfekter Synchronisation. Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern.
Wir zogen uns in die Gasse zurück und wandten uns den Dingen zu, die auf dem Van geschahen. Irenes letzter Dito klammerte sich am großen Parabolspiegel fest und schluchzte sehr realistisch, während Horus, der sich am Gestänge festhielt, eine Hand um ihre Fußknöchel schloss und versuchte, sie herunterzuziehen.
»Lassen Sie los!«, rief er zornig. »Sie ruinieren alles! Haben Sie eine Ahnung, wie lange ich für die Konzession gespart habe…«
Palloid sprang auf meine Schulter, als ich zurücktrat und mehr Distanz schuf zwischen uns und… was auch immer geschehen würde.
Donner grollte im Hinterzimmer der Regenbogen-Lounge. Es klang nach zahlreichen Trommeln… oder nach einer Million Ochsenfröschen mit einem Schilddrüsenproblem. Na schön, mir fällt kein passender Vergleich ein, aber jeder, der in diesem Jahrhundert geboren ist, erkennt den dumpfen Rhythmus einer enorm verstärkten Stehenden Welle. Vielleicht war es eine laute Karikatur, beeindruckend, aber ohne Feinheit. Oder vielleicht die dröhnende Version der echten Sache. Wer weiß?
Irene erfährt es vielleicht… in einigen Sekunden.
Ihr letzter Golem heulte auf dem Van, kämpfte gegen das Zerren des Falkenkopfmannes an und versuchte, den Kopf vor die Antenne zu bringen.
»Verlass mich nicht!«, rief sie. »Lass mich nicht allein zurück!«
»Ich dachte, die Arbeiterinnen eines Ameisenstaats sollten ihre eigene Person nicht so wichtig nehmen«, kommentierte Palloid.
»Daran habe ich ebenfalls gedacht«, erwiderte ich. »Vielleicht ist die Schwarm-Metapher falsch. Offenbar handelt es sich hier lediglich um ein überdimensionales Ego. Sie könnte nie auch nur einen winzigen Teil von sich zurücklassen. Ich schätze, groß zu sein, kann ebenso süchtig machen wie…«
»Es ist so weit!«, unterbrach mich Pals Dito.
Wir wichen weiter zurück, bis ich den Zaun im Rücken spürte. Grelles Licht kam aus dem Hintereingang der Regenbogen-Lounge, aus dem Raum, in dem Irenes Kopien lagen.
Das Licht gleißte und warf selbst am helllichten Tag Schatten. Instinktiv hob ich die Hand und schirmte meine Augen ab.
Der Kampf auf dem Van endete, als Horus mit einem Aufschrei zu Boden fiel. Im gleichen Augenblick wogte etwas durch die supraleitenden Kabel. Der letzte rote Dito schrie, klammerte sich verzweifelt am Parabolspiegel fest, dessen Verankerungen knackten, als das Gleißen den Wagen umhüllte. Halos aus glühender Energie und glitzernden Funken umgaben sowohl die Rote als auch die Antenne. Ihr Gewicht belastete den empfindlichen Apparat, es knirschte…
Ein sichtbarer Strahl entstand, raste durch den tönernen Körper, der erbebte, schnell hart wurde und Teile verlor, gegen den Parabolspiegel stieß, dessen Nieten sich mit einem stakkatoartigen Klacken lösten. Zusammen mit Pal – und dem armen kreischenden Horus – beobachtete ich, wie sich die Antenne zur Seite neigte und fiel.
Eine geräuschlose, blendende Welle breitete sich aus, wie eine Kräuselung aus reinem Licht. Sie strich über Pallie und mich hinweg, und ich zitterte am ganzen Leib. Es knackte in meinen Ohren, laut und schmerzhaft. Statische Entladungen folgten der Wellenfront, rissen die Hecktür vom Van und schleuderten Geräte fort.
Die Sendung endete, nicht in den Kosmos über uns gerichtet, sondern in den Boden einer schmutzigen Gasse.
Horus sank in sich zusammen und stöhnte voller
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