Copy
und spiegelartig. Schwarze Ditos kosten mehr als ein guter Grauer, und dieses Exemplar besaß eine voreingestellte maximale Konzentration, die vierundzwanzig Stunden Arbeit auf höchstem professionellem Niveau erlaubte – vorausgesetzt natürlich, dass das Original über entsprechende Fähigkeiten verfügt. Was vielleicht erklärt, warum man Schwarze nicht so oft sieht wie genusssüchtige Weiße. Ein ganzer Tag intensiver Lust kann ein ebenso ermüdender Inload sein wie ein Tag harter Arbeit, aber viel mehr Menschen sind für das Vergnügen befähigt.
Der Kiln war bereit. Die sich hin und her windenden Ranken des Seelensiebs erwarteten meinen Kopf, doch zuerst nahm ich mir einen Moment, um mich zu beruhigen. Zwei verschwundene Graue waren schon schlimm genug, aber außerdem auch noch ein zum Franki gewordener Grüner? Das geschah zum ersten Mal, und es beunruhigte mich. Hatte ich mich gut genug erholt, um auszuschließen, dass es noch einmal passierte?
Ich wandte mich vom Kopierer ab, öffnete die Hintertür meines kleinen Hauses und trat in den Garten. Warmen Sonnenschein im Gesicht zu fühlen, das half. Ebenso der Geruch der Gewächse. Ich ging zu meinem Zen-Zitronenbaum, pflückte eine kleine Frucht, schnitt sie mit dem Taschenmesser am einen Ende auf und rieb mir etwas Saft an die Handgelenke. Der Duft stieg mir in die Nase, und ich schloss die Augen, ordnete meine Gedanken.
Es dauerte nicht lange, bis Zuversicht zurückkehrte. An die Arbeit.
Ich legte den Kopf zwischen die Seelen-Abtaster und gab das mentale Zeichen für den Beginn. Ein langer, gründlicher Scan, der etwa zwanzig Minuten dauern würde, stand mir bevor. Ich versuchte, entspannt zu bleiben und mich nicht zu bewegen, als sanfte Finger mich abtasteten – sie berührten hauptsächlich das Gehirn, aber auch Herz, Leber und Rückgrat. Kopiert wurde von der Schablone meiner Stehenden Welle, und ihr Bild übertrug sich auf die nahe Gestalt aus Ton. Der Vorgang fühlte sich vertraut an; ich hatte ihn schon oft erlebt. Doch diesmal spürte ich nicht ohne eine gewisse Sorge die Unterströmung: Kräuselungen aus Emotionen und halb zufälligen Erinnerungen, von der Prägung in einem Bereich unterhalb des Bewusstseins verursacht. Ich gewann den vagen Eindruck von Verbundenheit, Gefühle, die William James »religiöse Erfahrung« nannte, bevor der Mensch die Sphäre des Geistigen in ein weiteres Gebiet des technischen Know-hows verwandelt hatte.
Es war nur natürlich für meine dahindriftenden Gedanken, sich mit dem Grüni zu befassen… und insbesondere mit der Zeit, die er in der Kirche der Eintägigen verbrachte. Offenbar gab es dort nicht nur Spinner, die ihren Altruismus an verletzte Eintagsfliegen vergeudeten. Es machte mich nachdenklich.
Was passiert mit der Seele eines Ditos, der nicht seine »Erlösung« bekommt, bei dem kein Inload mit seinem Original stattfindet? Es schien immer eine metaphysische und sinnlose Frage gewesen zu sein, aber drei von mir haben es heute mit einer solchen Situation zu tun bekommen.
Und da wir gerade dabei sind: Was passiert, wenn das Original stirbt? Einige Religionen gehen von einem letzten Transfer aus, bei dem der gesamte Lebensstrom auf Gott übertragen wird, so wie wir am Ende eines jeden Tages die Erinnerungen unserer Golems aufnehmen. Doch trotz der großen Sehnsucht danach – und gut finanzierter privater Forschungen – hat bisher niemand einen Beweis für den Transfer zu einem höheren Archetyp-Wesen gefunden.
Beunruhigende Gedanken. Ich versuchte, sie beiseite zu drängen und einfach nur entspannt zu sein, während der Apparat seine Arbeit erledigte. Doch wenige Momente später wies Nell auf einen Anruf mit hoher Priorität hin.
»Rik Aeneas Kaolin möchte dich sprechen«, sagte mein Hauscomputer. »Du hast keine einsatzfähige Selbstkopie, die den Anruf entgegennehmen könnte. Soll ich mit einem Avatar antworten?«
Die Verwendung einer einfachen Software-Emulation, um einen Billionär zu begrüßen? Die Vorstellung ließ mich schaudern. Genauso gut hätte ich ihn mit einer aufgezeichneten Mitteilung verärgern können, in der Art von: Ich bin nicht da, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht.
»Verbinde mich mit ihm«, sagte ich. Dies schien einer jener Tage zu sein.
Vor mir entstand ein Bild und zeigte das Gesicht des Tycoons: schmal und mit dichten Brauen. Der Magnat saß in einem ordentlichen Büro, und im Hintergrund plätscherte ein dekorativer Springbrunnen. Ich hätte mich fast überrascht
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