Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Copy

Copy

Titel: Copy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
Vom Netzwerk:
herbei und versuchten, den Störenfried durch einen Nebenausgang zu drängen, ohne ihn direkt zu schieben – für den Fall, dass er eine Realperson war. Die Ungewissheit angesichts der undeutbaren Hautfarbe wurde noch verstärkt durch flammend rotes Haar und einen Bart, der echt oder auch falsch sein konnte. Allein durch sein Aussehen beging der Bursche mehrere mindere Delikte. Er schien eine Mischung aus Dito und Mensch zu sein, und vermutlich hatte er genau diesen Effekt beabsichtigt.
    »Ihr seid ein Haufen Gänseblümchen!«, rief er, als ihn ein Dutzend Eintägige zur Tür drängten. »Bunt draußen, aber farbloses Fleisch im Innern! Begreift ihr denn nicht, dass eine Revolution Blut erfordert? Ohne Gewalt weicht die Protoplasma-Elite nie dem Neuen Volk. Sie klammert sich an der Macht fest, bis sie fortgefegt wird! Erst dann können wir die nächste Stufe erreichen!«
    Ich stand da und musste zugeben: Manchmal verdient die Leidenschaft der vollkommen Verrückten Bewunderung – eine Leidenschaft, die über alle Vernunft hinausgeht. Ich meine, wollte der Bursche wirklich behaupten, dass Ditos unanhängig von Organischen, natürlich geborenen Originalen existieren können? Wie kann so etwas auch nur entfernt logisch sein? Die Vielfalt origineller Ideen – und Ideologien –, die den Leuten in den Sinn kommen, erstaunt mich immer wieder, vor allem dann, wenn sie von der größten aller Drogen hervorgebracht werden: Selbstgerechtigkeit.
    Ich verließ die Kirche durch den Vordereingang und ging die breiten Treppenstufen zur Straße hinunter, die Worte des Fanatikers noch immer in den Ohren.
    »Macht euch bereit!«, schrie der Irre mit inbrünstiger Stimme, die an mir festzukleben schien.
    »Ein neues Zeitalter bricht an für die wahlberechtigten Dits – wenn ihr bereit seid!«
     
    NIEMAND WOLLTE ÜBER DEN Kellner reden, der in der vergangenen Nacht im La Tour Vanadium für kurzen Aufruhr gesorgt hatte.
    Als ich das Restaurant erreichte, eilten die Angestellten - Spezial-Dits, von den Hilfskellnern bis zum Oberkellner – umher und bereiteten die Tische für das Abendessen vor. Einige Gäste waren zugegen, während zwei Weinkellner in der Nähe warteten. Sporttaschen lagen neben den Archis auf dem Boden. Ein guter Chardonnay schmeckt nach dem Training noch besser und gibt warmen Neuronen ein zufriedenes Glühen.
    Optimisten sagen voraus, dass eines Tages ein realer Körper so viele Jahrzehnte leben kann wie ein Dito Stunden hat. Nun, es liegt mir fern, daran Anstoß zu nehmen.
    Ich trug billige Papierkleidung aus einem Automaten, und klopfende Schmerzen im Rücken erinnerten mich an das schnelle Zusammenflicken in der Kirche. Ich wusste, dass ich den Geschäftsführer in meiner Aufmachung nicht beeindrucken würde. Ein kupferfarbenes Auge hinter einem Scanner-Monokel überprüfte meine Kopie von Albert Morris’ Detektivlizenz. Er würde sofort davon erfahren, wenn mein Eigentümer mich verstoßen hatte.
    Wäre Albert dazu fähig, nur weil ich seine Toilette nicht gereinigt hatte? Stand ich vielleicht schon auf der Abschussliste irgendeines perversen Jagdklubs? Schlimmer noch: Er könnte mich zu einer Gefahr für die Gesellschaft erklären. Vielleicht war genau in diesem Augenblick ein Terminator der Polizei unterwegs, um mich zu erledigen…
    Ich setzte auf Alberts weiches Herz und verließ mich darauf, dass er es nicht fertig brachte, seinen ersten Franki aufzugeben.
    Der Geschäftsführer klappte das Monokel hoch und gab mir die fleckige Lizenzkopie zurück. »Ich habe es schon Ihrem Hauscomputer mitgeteilt: Es gibt hier nichts zu ermitteln. Sie können doch nicht ernsthaft an dem kleinen Zwischenfall von gestern Nacht interessiert sein! Seit wann ist es ein Verbrechen, etwas zu verschütten und Gläser zu zerbrechen? Wir haben Verzichterklärungen von allen Gästen bekommen und dafür kostenlose Mahlzeiten angeboten.«
    »Großzügig, aber…«
    »Hat jemand sein Wort gebrochen? Sind Sie deshalb hier? Wir können die Aufzeichnung der Ereignisse von Online-Geschworenen begutachten lassen. Eine vernünftige Jury…«
    »Ich bin nicht hier, weil jemand beabsichtigt, auf Schadenersatz zu klagen. Ich möchte nur mit dem Kellner sprechen.«
    »Aus ihm ist nichts herauszuholen. Unsere Versicherung kam für ihn auf, bis zur Beendigung seines Kontrakts.«
    »Er wurde also entlassen. Wie lange hat er hier gearbeitet?«
    »Zwei Jahre. Heute Morgen hatte er die Frechheit zu behaupten, der Zwischenfall in der vergangenen

Weitere Kostenlose Bücher