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seine Familie gezeigt haben, als er jung war. Auf einem anderen waren er und mein Vater zu sehen, wie sie vor ihrem ersten nonhumanoiden Modell standen… ein langarmiger Obstpflücker, wenn ich mich recht entsinne.« Ritu schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Mein Original könnte Ihnen vielleicht mehr helfen. Richten Sie Ihrem Rig aus, RealRitu zu fragen.«
»Vielleicht mache ich das.« Ich nickte und wies natürlich nicht darauf hin, dass der echte Albert Morris bereits neben ihr saß. »Wie kamen Kaolin und Ihr Vater in letzter Zeit zurecht? Insbesondere kurz vor Yosils Verschwinden?«
»Wie sie zurechtkamen? Sie sind immer gute Freunde gewesen und haben bestens zusammengearbeitet. Aeneas gewährte meinem Vater großen Spielraum für seine Marotten und die langen Abwesenheiten, außerdem einen permanenten Verzicht auf die Lügendetektor-Befragungen, die wir anderen zweimal im Jahr über uns ergehen lassen.«
»Zweimal im Jahr? Das muss recht unangenehm sein.«
Ritu zuckte erneut mit den Schultern. »Es gehört zum Neuen Treuesystem. Normalerweise wird nur gefragt: ›Hüten Sie ein großes Geheimnis, das dem Unternehmen schaden könnte?‹ Elementare Sicherheit, ohne zu große Neugier, und die Screenings betreffen alle Ebenen des Unternehmens.«
»Wirklich alle Ebenen?«
»Nun«, erwiderte Ritus Grauer, »ich erinnere mich nicht daran, dass jemand auch von Aeneas verlangte, sich einer solchen Befragung zu unterziehen.«
»Aus Furcht?«
»Aus Höflichkeit! Er ist ein guter Arbeitgeber. Wenn Aeneas anderen Leuten nicht persönlich begegnen möchte – warum sollte jemand in der UK-Familie seine Gründe dafür infrage stellen?«
Ja, warum?, dachte ich. Es besteht kein Anlass… Es sei denn, man gibt altmodischer brennender Neugier nach! Leute wie ich sind einfach nicht geschaffen für diese neue Welt aus Treueschwüren und großen industriellen »Familien«.
Schweigen folgte diesem Wortwechsel, und ich hatte nichts dagegen. Ich brauchte Gelegenheit, ein Nickerchen zu machen… das heißt, in den Ruhemodus zu gehen. Der Wagen fand selbst den Weg zum fernen Tafelberg mit Maharals Blockhütte. Während dieser Stunden sollte ich guten alten organischen Schlaf bekommen.
Zum Glück gab Ritu mir diese Gelegenheit. »Ich habe meinen Dito mit Netz-Recherchen während der Fahrt beauftragt. Haben Sie was dagegen, wenn ich jetzt damit beginne?«
Auf ihrem Schoß ruhte eine mobile Tschador-Workstation, zweifellos sehr modern, mit einer undurchsichtigen Kapuze für Kopf, Schultern und Arme.
»Nein«, antwortete ich. »Möchten Sie außer dem Tschador auch noch einen Privatsphärenschirrn?«
Ritu nickte und schenkte mir das gleiche reizende Lächeln wie bei unserer ersten Begegnung. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
Manche Leute glauben, Höflichkeit sei an Ditos vergeudet, aber ich sehe das anders. Ich weiß so etwas zu schätzen, wenn ich ein Tönerner bin, oder wenn ich vorgebe, einer zu sein. Nun, Ritus Erfordernisse passten gut zu meinen.
»Natürlich nicht. Ich programmiere den Schirm auf sechs Stunden. Dann nähern wir uns der Blockhütte, und die Morgendämmerung beginnt.«
»Danke… Albert.« Ihr Lächeln wurde noch strahlender, und ich errötete, was ich ihr nicht zeigen wollte. Deshalb nickte ich nur freundlich, bevor ich den PSS-Schalter zwischen unseren Sitzen betätigte. Nanofasern senkten sich herab und schufen einen schwarzen Vorhang, der innerhalb weniger Sekunden zu einer festen Barriere wurde und die beiden Insassen des Wagens voneinander trennte. Ich blickte einige Sekunden lang darauf und vergaß für kurze Zeit den wahren Grund, der mich veranlasst hatte, persönlich an dieser Fahrt teilzunehmen. Dann erinnerte ich mich wieder.
Clara. O ja.
Ich entnahm meiner Reisetasche eine Schlafkappe und legte sie mir über die Schläfen. Mit ihrer Hilfe sollten einige wenige Stunden genügen.
Wenn alles gut ging, würde Ritu nie etwas erfahren.
DER ANRUF RISS MICH aus einem Traum. Es war ein wahrer Albtraum, in dem zahlreiche dunkle Gestalten über eine verbrannte Mondlandschaft wankten, durch eine lebensfeindliche Wüste. Ich stand wie ein sterbender Baum da und konnte mich nicht bewegen, als metallene Gestalten heranstapften und blutige Klauen hoben.
Ein Teil von mir verkrampfte sich entsetzt und ging ganz in dem Traum auf. Ein anderer Teil wahrte mehr Abstand und wich zurück, erkannte die Szene aus einem SF-Holofilm, der mich zutiefst erschreckt hatte, als ich sieben gewesen war. Er
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