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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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jedesmal mußte er
herzlich lachen, wenn er bei seinen historischen Studien auf die wundersamsten
Versuche materialistischer Priester stieß, gerade diese zwangsläufige
Konsequenz zu verhindern. dabei ist es doch so einfach.
    Wie oft hatte er schon gedacht:
Er ißt gern, schläft gern und hat die Hälfte seines Lebens nach der Kompaßnadel
seiner außerodentlich entwickelten Lustwurzel durchwandert - aber bei allem
Spaß, den die Befriedigung solch uralter Triebe wie Selbsterhaltung und
Arterhaltung   schenkt, sind die Freuden
der Sinne doch erbärmlicher Selbstbetrug für einen Menschen, dem die Kraft
seines Geistes, seines Schöpfertums viel edlere Genugtuung bereiten kann.
    Wie hat er gelitten, als Jade
nicht mehr zu ihm kam, und wie hat er sich geschämt ob seiner Abhängigkeit von
diesem mageren Hinterteil, dessen bildliche Vorstellung in seinem Verstand Verheerungen
anrichten konnte, die ihn zutiefst demütigten. Wie oft hatte er sein Glied in
der Hand, drückte haßerfüllt zu, bereit, dieses Relikt animalischer Herkunft
aus seinem Leib zu reißen – aber wie häufig war aus dem gewaltigen Ruck ein
Zucken und Beben geworden, dem seine wilde Entschlossenheit schließlich in
einem jämmerlich kurzen Augenblick ohnmächtiger Lust entströmte und die Finger
näßte. Er empfand für seinen Körper eine unbändige Haßliebe, aber manchmal
hatte er auch seinem Verstand gezürnt für die Gehässigkeit, mit der er die
leiblichen Genüsse schonungslos als die Zwangsjacke der biologischen Evolution
entlarvte, die den Menschen auf ewig gefangen hält in Verhaltensmustern, die
stärker sind als der brillanteste Intellekt.
    “Das können wir auch im Buch der
Bücher nachlesen”, fuhr Beryll fort. “In sehr origineller Form, wie ich meine.
Es ist das Gleichnis vom Sündenfall: Was der Religiöse als Abfall von Gott
mißversteht, als den Ungehorsam, dem die Vertreibung aus dem Garten Eden als
Strafe folgte – das ist in Wahrheit das Komprimat menschlichen Erlebens dieses
einen Widerspruchs. Das Streben nach Erkenntnis – der Wunsch also, gottgleich
zu sein – ist der Bruch mit paradiesischer Harmonie. Der Griff zum Apfel
symbolisiert den Austritt des Menschen aus der Ordnung, aus der Stagnation. Er
muß die töten und fressen, denen er einst gleichgestellt war, mit denen er in
Frieden lebte – das war das Urteil. Er geriet kraft seiner Vernunft in Konflikt
mit seiner Herkunft. Das ist ein großartiges Gleichnis! Welche Beobachtungsgabe
und welche schier göttliche Geisteskraft gehörten dazu, einen solch
komplizierten Prozeß in diesen genialen Bildern zu erfassen. Und wie wird die
Zuspitzung des Konfliktes dargestellt, als Gott das Gesetz erläßt, daß künftig
Feindschaft zwischen Schlangengezücht und Menschenkindern herrschen soll:
Feindschaft zwischen der Verlockung Intelligenz und der Belohnung für
Folgsamkeit – der Lust. Es ist faszinierend, dieses Buch der Bücher – wenn man
den Mut aufbringt, es als Menschenwort zu lesen, und nicht als Ausdeutung
wirrer Epileptikerträume oder gar blanken Unfug, denn es ist das Resultat
jahrtausendealter Erfahrungen der Menschen mit sich selbst und ihrer Welt. Wer
dann noch Gott braucht, um die Schrift zu akzeptieren – gut, für Gott ist noch
reichlich Platz in all den großen Gedanken…”
    Hyazinth mußte sich bezwingen, um
Beryll nicht ein zweites Mal spontan die Hand zu bieten. Wie ähnlich waren sie
sich doch in wichtigen – ihm wichtigen – Dingen des Denkens. Wo andere
Überheblich die Einfalt Andersdenkender verspotten, da sucht auch Beryll nach
Wahrheit und findet bewundernswerte Weisheit, ist imstande, die Größe des
Gedankens ganz scharf von seiner pragmatischen Miniaturisierung zu scheiden,
kann sogar diesem oder jenem Gott seinen Platz zugestehen, weil er genau weiß:
Es gibt ihn! Er ist das Prinzip des ewigen Wandels, nicht die Forderung nach
Gehorsam. Er ist überall und nirgends, Er ist was war, was ist und was sein
wird, und wenn Ihn manche zu begreifen meinen, indem sie Ihm Gestalt und
Wohnsitz zuweisen, so sehen sie immer nur Seinen kleinen Finger, Seinen Nabel
oder das mächtige Ding, mit dem Er unendlich schöpft. Könnte Er lachen, Er
würde wohl ersticken angesichts dieser menschlichen Anmaßung – aber Gott lacht
nicht, ebensowenig weint Er. Man ruft Ihn auf tausenderlei Weise an, aber jeder
Ruf ist weniger als ein Federzug der Buchstaben Seines wahren Namens. Was wird
Copyworld   sein? Vielleicht schon eine
Silbe des allmächtigen

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