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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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wahren Bedürfnissen der Menschen am besten
entspricht: Ihr wollt in uns keine erotischen Objekte, ebensowenig sexuelle
Konkurrenz sehen. Obgleich ich in vielen Wächterarchiven – hauptsächlich
männlicher Observanten – unterschwellige Wünsche, fragmentarische Vorstellungen
von erotisch nutzbaren Kreatiden femininer Morphologie fand. Erstaunlich. Dominierend
hingegen ist der Wunsch nach einem Typus, der Vertrauen weckt, der Ehrlichkeit,
Hilfsbereitschaft, Friedfertigkeit und vor allem Dienstbarkeit ausstrahlt. Euer
Recht auf Herrschaft kollidiert zu oft mit den Widersprüchen, die es in eurem
Denken provoziert. Wir helfen auf unsere Weise, die Konflikte für euch so
gering wie möglich zu halten. Du siehst, wir sorgen uns auch hinsichtlich
solcher vermeintlicher Kleinigkeiten um euch. Manchmal beschämt es mich
geradezu, nicht besser danken zu können für den Sinn, den ihr unserer Existenz
gegeben habt.”
    Hyazinth schwieg erschüttert,
denn er hatte auf einmal etwas Schreckliches begriffen: Diese Wesen brauchen
kein Copyworld . Wenn Nullnullzweiachtneun ehrlich ist, und warum sollte er
heucheln oder lügen – dann sind sie glücklich, weil der Sinn ihrer Existenz der
Dienst am Menschen, die Liebe zum Menschen ist. Sie sind glücklich, weil ihre
Art der Liebe keine Belohnung fordert. Ob Menschen jemals so lieben können?

 
    __________________________________________________________________________

 
    Als er in seiner Wohnblase die
paar Habseligkeiten zusammenpackte, die einem Märtyrerschüler gehören: Die mit
kostbaren Steinen besetzte goldene Kosmetikbox, seine nicht weniger wertvolle
Schmuckschatulle mit dem Zirkonmonogramm, das brillantgerahmte Portraitdisplay
des Ersten Exarchen, die persönlichen Speichermoduln und den Stapel Bekleidung
– als er dieses unscheinbare Häuflein Eigentum sah, fragte er sich verblüfft,
wie er jemals sein tägliches Shoppingdebit hatte erfüllen und gar überbieten
können. Gut, auch Wölkchen und Federchen zählten zu seinem individuellen
Besitz, aber alles andere, was er zum Leben benötigte, bot ihm die Gemeinschaft
als unentgeltliche Leihgabe. Seine Wohnblasen konnte er einrichten wie er
wollte, denn aus der Membran wächst so ziemlich alles, was zu einer Wohnung
gehört, wenn man die Technik der Membranstimulation einigermaßen beherrscht.
Und wenn nicht, bestellt man einen Fachmann. Allerdings verschlingt die Membran
ihre Schöpfungen, sobald eine Wohnblase geräumt wird - man hat sich also
niemals mit den Hinterlassenschaften seines Vorgängers auseinanderzusetzen.
Außerdem kann man mit der kompletten Wohnblase umziehen, wenn man eine freie
Kapazität auf dem gewünschten Trägerkern bekommt. Wo ist also die ungeheure
Summe von über hundert Millionen Korund geblieben, die er während der Schulzeit
ausgegeben hatte?
    Hyazinth überlegte. Keimperlen!
Die sind verdammt teuer, obgleich die aus ihnen gesprossenen Gegenstände nach
der Benutzung sogleich wieder zerfallen und ihre Substanz dem Stoffkreislauf
des Planeten zuführen. Ein ungeheuer energieintensiver Prozeß. Natürlich!
Energie – das mußte es sein. Sie ist kostbar und demzufolge sündhaft teuer.
    Sollte ich so viel Energie
verbraucht haben in den paar Jahren meines Lebens? überlegte Hyazinth.
    Das müßten ja Millionen von
Keimperlen gewesen sein, angefangen bei einer simplen Leuchtperle bis zum
Liftpilz oder zu Kontaktspiralen. Oje, ob das wirklich sinnvoll ist, eine Sache
nach einmaliger Benutzung einfach wegzuwerfen, weil man sie jederzeit neu
erschaffen kann?
    Er tröstete sich damit, daß er
mitunter die unglaublichsten und skurrilsten Ideen produzieren mußte, um sein
Shoppingdebit zu erfüllen. Nur eine Bedarfserklärung wurde ihm nicht bestätigt:
Als er den Sockel des Kegelturms der Hohen Exarchie mit einem monumentalen
Freskomosaik aus auserlesensten Edelsteinen schmücken wollte, das in klaren und
doch gleichnishaften Bildern die Geschichte der Demokratischen Terranischen
Einheitsassoziation darstellt.
    Wer weiß, wie viele Millionen
Korund diesem Konsumtionsblödsinn zum Opfer gefallen sind! dachte er
erleichtert und wollte gerade Federchen zu sich befehlen, um ihr das
Platinkettchen umzuhängen – da kündigte ein tiefer Brummton an, daß sich eine
Kontaktspirale materialisieren wird.
    Welcher Idiot kommt mit der
Spirale in eine Wohnblase? dachte Hyazinth empört, denn es gilt als sehr
unhöflich, ohne ausdrückliches Einverständnis des Empfängers ein
pseudoteleportiertes Abbild

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