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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Obersten Projektanten
den Arm um die Schulter und sagte: “Erzähl weiter. Ich beginne zu verstehen.”
    “Was kannst du schon verstehen!”
fuhr Beryll auf und schüttelte Hyazinths Hand unwillig ab. “Du verfügst über
diese heilige Grundvoraussetzung zum Glück! Die Weiber rennen dir in Scharen
hinterher, und du merkst es nicht einmal. Erinnerst du dich noch an die Frau
mit dem Katzenauge auf der Stirn?”
    Natürlich, der EA-Kurier, dachte
Hyazinth sogleich. Diese dumme Gans mit dem arroganten Gehabe.
    “Die hat regelrecht geflennt vor
Begeisterung. Was für ein wunderbarere Jüngling! hat sie andauernd geschwärmt.
Diese Augen! Dieser Mund! Solche Schönheit!
    Genau wie Jade.
    Wenn du doch wenigstens Hyazinths
Haare hättest, hat sie immer gesagt, wenn wir fertig waren, dieses Aas.
    Wie willst du verstehen, daß ein
Mann, der auf den Segen der Schönheit verzichten mußte, trotz aller Mißerfolge
immer wieder aufs neue daran geht, sich eine Hütte zu bauen, wo anderen Paläste
von der Natur geschenkt werden? Wie kannst du denn je fühlen wie einer, der
anderen beim Prassen zusehen und sich seine Brotkrumen erschleichen, erpressen
oder stehlen muß?”
    “Es tut mir leid, was ich Jade
gesagt habe”, antwortete Hyazinth bedrückt. Da grinste Beryll auf einmal, etwas
gequält, aber ebenso belustigt.
    “Du hast Jade gar nichts gesagt.
Nur Copyworld   hat zugehört.”
    “Ach ja”, murmelte Hyazinth
betreten, aber plötzlich kam ihm eine Idee. “Nun gut. Ich begreife, warum du
Tibur bist - aber warum bist du auch Rorik?”
    Beryll sprang auf und lief
unruhig auf und ab.
    “Ich bin nicht Rorik”, sagte er
schließlich. “Ein Teil von mir ist in Rorik, und dieses ist nur ein Teil von
ihm – der Rest ist Copyworld …”
    “Aber du bist nicht das erste Mal
als Beryll in diesen Barbaren geschlüpft! Gib es zu, du gehst ebenso oft nach
Seemark wie ins Liebestal!”
    Beryll blieb stehen und schaute
Hyazinth seltsam an.
    “Sei froh, daß du Damma nicht
begegnet bist. Preise dich glücklich, daß du ihr nie begegnen wirst. Hoffe auf
ein gnädiges Schicksal, das solch eine Frau nie deinen Lebensweg kreuzen läßt!”
Er stöhnte wie unter gräßlichen Schmerzen.
    “Jade?” fragte Hyazinth atemlos.
Der Oberste Projektant erstarrte. Ein kaum sichtbares Zittern ließ seinen
Unterkiefer erbeben. Dann schlug er die Hände vor das Gesicht und schrie: “Bei
allen Göttern und Teufeln! Warum habe ich das nicht selbst erkannt! Die Hexe
ist Damma, natürlich!”
    Er rannte wild gestikulierend
davon, ließ Hyazinth mit dem Subprojektanten Nullnullachtzweineun allein
zurück.
    Endlich hatte Hyazinth
Gelegenheit, den Mann genauer zu betrachten: Ein rundes, gutmütiges
Vollmondgesicht, untersetzte, kräftige Figur, reichlich mit Speck gepolstert.
Besonders auffällig: der von einem lichten Haarkranz gesäumte spiegelglatte
Schädel. Der Mann hat die Szene zwischen Beryll und Hyazinth gleichgültig
beobachtet, ohne jede Regung oder verbale Äußerung. Auch jetzt starrte er nur
schweigend vor sich hin, offenbar höchst gelangweilt.
    “Gehen wir”, sagte Hyazinth
unschlüssig, denn irgendwie war er sicher, daß Beryll nicht zurückkehren würde.
Der saß bestimmt vor irgendeinem Terminal und ließ sich Analysen und Programme
ausdrucken, um nach Verbindungen zwischen Jade und jener geheimnisvollen Damma
zu suchen.
    “Gehen wir”, wiederholte
Subprojektant Nullnullachtzweineun gleichgültig.
    “Du könntest dich ruhig auch
entschuldigen”, sagte Hyazinth mißmutig.
    “Wofür?”
    “Immerhin hast du gegen mich
physische Gewalt angewendet!”
    “Das ist richtig: Ich habe exakt
kontrollierte physische Gewalt angewendet, um den Einsatz von unkontrollierter,
emotional gesteuerter, körperlicher Gewalt gegen das Leben eines Menschen zu
verhindern.”
    Auf einmal muß Hyazinth laut
loslachen. Wie blind er doch war: Vor ihm stand ein waschechter Kreatid - ein
Ochs! Bereits die Nummer anstelle eines Namens hätte es ihm eigentlich zeigen
müssen, erst recht aber das unverwechselbare Einheitsgesicht dieser
Pseudoorganischen.
    “Ich verstehe nicht, warum du
lachst. Bedeutet es, daß dein emotionaler Pegel erneut rationale
Regelmechanismen außer Funktion zu setzen droht?”
    “Nein nein, keine Angst,
Nullnullachtzweineun – ich habe nur über mich selbst gelacht… das verstehst du
sowieso nicht…”
    “Ich verstehe mehr als du
glaubst. Vergiß nicht: Ich bin Subprojektant, Spezialist für alles, was
menschliches Denken

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