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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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sucht unverzüglich eure
Plätze auf, wir haben heute eine umfangreiche Tagesordnung, und vermutlich
werden wir den Veranstaltungsablauf etwas manipulieren müssen, um ausreichend
Zeit zur Verfügung zu haben.”
    Hyazinth blickte sich verwirrt
um, doch niemand der Anwesenden reagierte auf die Worte. Doch, da! Ein
einzelner Mann verharrte für Sekunden, und es schien, als horche er in sich
hinein. Inzwischen drängte der Leiberstrom weiter voran, den Sitzreihen
entgegen, und spülte Hyazinth mit sich, der den Mann sogleich aus den Augen
verlor. Warum hatten die anderen nicht verwundert innegehalten, einander
gefragt, was das zu bedeuten hätte – sollten sie alle zu diesen geheimnisvollen
Verschwörern gehören? Das war doch unmöglich!
    Hyazinth fröstelte, und erneut
spürte er wieder dieses Gefühl, hörte die Schritte in nachtdunkler Straße
hinter sich.
    Kaum saß er auf seinem Platz,
umgeben von lärmenden und aufgeregten Sportenthusiasten, da vernahm er wieder
diese Stimme, klar und deutlich, als säße der Sprecher neben ihm.
    “Bevor ich die Tagesordnung
verlese, möchte ich euch auf eine bestimmte Eigenart unserer heutigen
Versammlung hinweisen.”
    Hyazinth drehte sich um und
suchte in den Gesichtern der ihn umgebenden Menschen nach einem Zeichen für die
Urheberschaft dieser Worte. Alle starrten sie auf die Arena und schnatterten
durcheinander.
    “Wie immer kommunizieren wir über
das Gegensystem miteinander, benutzen also unsere individuellen Wächter zum
Kontakt miteinander. Die Wächter des übrigen Publikums sind routinemäßig unter
unserer Kontrolle – die meisten von uns kennen diese Methode, denen aber, die heute
das erste Mal an solch einer Veranstaltung teilnehmen, soll versichert sein,
daß wir mit allem, was wir sagen und tun, von den anderen Anwesenden nicht
wahrgenommen werden.
    Wir werden aus ihrem
Wahrnehmungsspektrum total ausgefiltert – dank der Wächter. Da wir heute einen
ungewöhnlich weiten Rahmen für unser Treffen gewählt haben, bitte ich jeden
Diskussionsredner, sich von seinem Platz zu erheben, damit wir auch einen
visuellen Eindruck des betreffenden Kämpfers haben…”
    Auf einmal verstand Hyazinth. Sie
benutzen die Wächter zur konspirativen Kommunikation – genial! Aber wenn sie
imstande sind, Unbeteiligte über deren Wächter so zu beeinflussen, daß sie nur
das wahrnehmen, was sie erkennen dürfen – warum treffen sich die Verschwörer
nicht gleich in Copyworld ?
    “… Hoffe ich, daß ihr mit dieser
Forderung der Höflichkeit einverstanden seid. Wenn es Einwände, Vorschläge oder
Fragen gibt, bitte ich um Wortmeldungen.”
    Hyazinth sprang impulsiv auf, im
selben Moment schaute er erschrocken um sich, aber keiner nahm Notiz von ihm.
    “Ich hätte da eine Frage”, sagte
er zögernd. Niemand beachtete ihn. Nein, vielleicht die junge Frau dort vorn!
Sie hatte sich umgedreht und schaute ihn neugierig an, nickte ihm zu.
    “Sprich!” forderte ihn die Stimme
auf. Unwillkürlich schaute er über die Ränge, um den Sprecher zu suchen. Unten,
in der dritten oder vierten Reihe, erhob sich ein älterer Mann und winkte ihm
zu. “Sprich, Hyazinth Blume, ohne Scheu oder Furcht. Nur die Kämpfer der
letzten Stunde können dich sehen oder hören.”
    Als der Fremde seinen Namen
nannte, zuckte Hyazinth zusammen. Nun wissen es alle! durchfuhr es ihn. Ob dem
Gegensystem zu trauen ist? Wer weiß, wieviele Spitzel sich unter diese Kämpfer
der letzten Stunde gemischt haben. Mit Unbehagen vergewärtigte er sich, selbst
in der Absicht gekommen zu sein, die Verschwörung dem Exarchen zu melden, aber
er verdrängte den Gedanken sofort und wirksam.
    “Warum trefft ihr euch nicht
gleich in einer Schopenhauerwelt, statt solch einen Zirkus zu veranstalten?”
fragte er respektlos. Vereinzelt war Gelächter zu hören, und erst jetzt fiel
ihm auf, daß es in der Kuppelhalle, trotz der lärmenden und wild
gestikulierenden Zuschauer totenstill war.
    “Diese Frage ist einfach zu
beantworten”, erwiderte der Mann, der offenbar einer oder der Führer dieser
illegalen Gruppe war. “Bitte, Freunde, erhebt euch für einen Moment von Euren
Plätzen, damit unser junger Freund selbst die Antwort findet.”
    Verblüfft sah Hyazinth sich um:
In der über zwanzigtausend Personen fassenden Halle waren etwa drei- bis
viertausend Männer und Frauen aufgestanden.
    “Löwenzahn und Heidekraut!”
entfuhr es ihm, “da bleibt einem glatt der Pollen im Stempel stecken!”
    Nie hätte er damit

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