Copyworld: Roman (German Edition)
Spitze
einer Herde dummen Viehs durchbeißen. Sie hätte dich töten können, als sie dein
Sensorareal betrat. Bist du dir dessen überhaupt bewußt?”
Hyazinth starrt ihn nur sprachlos
an.
“Womöglich hat sie recht, wenn
sie von sich behauptet, nicht zur Künstlerin zu taugen. Aber ihr Wille…”
Rhomega greift nach Hyazinths Hand und preßt sie als wolle er sie zerquetschen.
“… und laß die Finger von dem Mädchen, Hyazinth Blume! Sie wird dich
zerbrechen, ohne es zu wollen! Du kannst es schaffen, Tauphi vermeintlich zu
bekommen, du hast sie heute fast schon gehabt, hättest nur zupacken müssen, als
sie von ihrer Rache sprach. Sie würde jetzt bei dir liegen –”
“Nein! Du lügst!!” Hyazinth bäumt
sich auf, seine Hände schnellen empor, krallen sich um Rhomegas Hals. “Du
lügst! Das würde sie nie tun! So ist sie nicht! Sie würde sich nicht für eine
Wahnidee zur Hure machen!”
Rhomega stößt ihn hart zurück.
“Du hast es also begriffen. Das
ist gut für dich. Allerdings… ich wußte, daß es so nicht gehen wird…”
“Du sagst das alles nur, weil du
sie für dich haben willst!” brüllt Hyazinth auf. “Du willst, daß sie auf allen
Vieren gekrochen kommt, damit sie immer unter dir fliegt, weil du sicher sein
willst, nie wieder abstürzen zu müssen!”
Kaum hat er die letzten Worte
herausgeschrien, schleudert ihn ein Faustschlag zu Boden. Den Schmerz in der
Oberlippe spürt er nicht, merkt nur, wie es warm aus der Platzwunde sickert und
in die Mundwinkel rinnt. Dicht über seinem Gesicht glühen die Augen Rhomegas,
der sich mit wutverzerrtem Gesicht zu ihm herabbeugt.
“Tauphi ist meine Schwester, du
Arschloch! Ich habe alles Menschenmögliche getan, um eine Begegnung zwischen
euch zu verhindern!”
Und dann schlägt er ein zweites
Mal zu, diesmal nur mit der flachen Hand, aber Hyazinth ist es, als habe die
Welt selbst ihm eine Ohrfeige verabreicht.
“Glaubst du vielleicht, ihr hat
es Freude bereitet, als die Zentrale den Beschluß faßte, Tauphi damit zu
beauftragen, den Agenten von Weltenstein zu neutralisieren?”
Er schüttelt Hyazinth in höchster
Erregung.
“Denkst du, mir hätte es Spaß
gemacht, als sie sagte: Das dürft ihr nicht tun, der ist nicht schlecht, der
ist nur verformt von mächtiger Hand, in dem ist so viel, was er selbst noch
nicht entdeckt hat, wir sollten ihm besser helfen, sich selbst zu finden… Sie
hat ein Plädoyer für dich gehalten, und ich habe die Fäuste geballt, weil ich
viel besser weiß, daß unser Kampf keinen Raum für Erwägungen läßt, deren
menschliche Rechtfertigung gefährliche Risiken in sich birgt. Verstehst du
jetzt ihr Verhalten dir gegenüber? Du eitler Affe? Sie wollte dich schützen,
diese dumme Ziege…
Hyazinth liegt reglos am Boden.
Sein Schädel dröhnt. Es waren nicht die Hiebe, die ihn lähmten. Die Welt ist
für ihn in tausend Splitter zerbrochen, die wie die Eiskristalle eines
Schneesturms um ihn wirbeln. Alles hat keine Ordnung mehr. Aber Rhomega erspart
ihm nichts.
“Du sollst es wissen, du Küken!”
zischt er. “Ich bin vier Jahre älter als du, und mein Name war einst Saphir
Stein. Als du die erste Weihe erhieltest, war ich einer derjenigen Älteren, die
euch den Türkisring überreichten. Du hast noch mit brennenden Augen den Mädchen
auf die knospende Brust gestiert, da lag Jade allnächtlich bei mir und hat sich
heiser geschrien. Und dann kam da so ein kleiner Niedlicher aus der Familie
Blume, dessen Blick noch nicht gelernt hatte, unter die Haut einer Frau zu
schauen…”
“Jade… und du?” fragt Hyazinth
fassungslos.
“Es war ein Flug, bei dem man den
Verstand verlieren konnte. Wir waren sehr, sehr hoch…!”
Rhomega knirscht mit den Zähnen.
Jade. Da ist sie wieder. Einem
Schatten gleich folgt sie Hyazinth durch das Leben. Aber der große Schmerz ist
längst vergessen, geblieben ist lediglich die Erinnerung daran, irgendwann
einmal gelitten zu haben wie nie zuvor. Eigentlich ist er längst ausgesöhnt mit
dieser Vergangenheit. Die Gegenwart ist ganz anders: Tauphi. Sie wollte dich
schützen! An diesen Satz klammert sich Hyazinths wiedererwachende Hoffnung.
“Jade ist eine Hexe”, sagt er
gepreßt, “und man muß ein Teufel sein, um sie zähmen zu können.”
“Das klingt stark nach Beryll”,
antwortet Rhomega bissig.
“Hast recht, das sind seine
Worte”, gibt Hyazinth kleinlaut zu, und er fragt sich nicht, woher Rhomega vom
Ersten Projektanten und dessen Beziehung zu Jade
Weitere Kostenlose Bücher