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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Hämorrhoiden!”
    “Aber –” Hyazinth wollte
erschreckt und entrüstet protestieren, doch Rhomega läßt ihn nicht zu Wort
kommen.
    “Ich spreche von der Liebe zu all
den Belogenen und Betrogenen, zu den Schwachen und Wehrlosen, zu denen, die
jeder ein Stück von mir sind, weil ich ein Teil von ihnen bin! Ja, ich spreche
von der egoistischen Liebe zu den Abermilliarden Schafen, unter denen die Wölfe
im Bockspelz wüten… die dich ausgesandt haben, die Reihen der Schafe zu ordnen
und sie unter dem Takt lustiger Gesänge schnurstracks in die gekachelten Räume
des Schlachthofes zu führen… laß mich ausreden! Sie haben es einige Male
versucht. Der letzte und zugleich billigste Versuch war die Opposition der
Parafraktion. Kennst du natürlich nicht.” Dumpf erinnert sich Hyazinth,
irgendwo einmal eine subversive Schmiererei gelesen zu haben: Nieder mit dem
Sigmatanz, nur Knöchelknacken kann es packen! Damals wußte er weder von dem
einen, noch von dem anderen, was es war. Nur der Eifer, mit dem die Ochsen
versuchten, die noch feuchte Farbe vom Mauerwerk zu wischen, ließ ihn die
Bedeutung erahnen.
    “Parafraktion - raffiniert in
Szene gesetzt, das Ganze. Das war eine von der Exarchie ins Leben gerufene
präzis gesteuerte und kontrollierte Scheinopposition mit dem einzigen Zweck,
aller Besinnler und Neubesinnler habhaft zu werden. Fast genial: Selbst den
Untergrund organisieren, das Widerstandspotential straff strukturieren – um
letztlich Organisation und Struktur jederzeit und vollkommen zu beherrschen.
Ich war ein hervorragender Parafraktionist, habe die gesamte Nordregion unter
Kontrolle gebracht…
    Aber man muß schon ein wahrer
Teufel sein, wenn man in der täglichen Konfrontation mit der Wirklichkeit nicht
irgendwann die Wahrheit begreift. Da hat Korund Stein sich verrechnet: Nicht
jede Seele ist käuflich, und sei ihr Gefäß noch so prädestiniert für den
Aufstieg ihres Trägers auf der vollgeschissenen Leiter, die ihn bis zur
stinkiggelben Spitze der Eiterbeule führt, welche auf dem kahlen Schädel der
Menschheit blüht. Sie begehen immer wieder – zwangsläufig – denselben Fehler:
Sie schicken Leute in Schlüsselpositionen, deren Denken in den Widersprüchen,
nicht etwa im Kodex der Regeln ihrer Ideologie gewachsen ist. Das ist das
Verhängnis einer jeden Diktatur. So bitter sie vor allem willfährige Diener
benötigt – sie muß sich der Unwägbarkeit stellen, wenigstens eine sorgsam
ausgewählte Minderheit zu aktivem Schöpfertum zu erziehen; unter Tausend ist
immer einer, dessen Moral der biogen determinierten Rückständigkeit allgemein
akzeptierter Regeln voraus ist, dem diese Überlegenheit die Macht verleiht,
über den Horizont der individuellen Existenz hinaus Ziele zu fixieren, die…
ach, ich seh schon: Du begreifst gar nichts!”
    Hyazinth hatte mit offenem Mund
gelauscht. Fassungslos und erregt. Jetzt platzt er heraus: “Du bist auch ein
Emissär des Ersten   Exarchen    ? Du hast denselben Auftrag wie ich? Aber
das hätte man mir sagen müssen, ich konnte doch nicht wissen – ”
    “Schweig, verdammt noch mal!”
unterbricht ihn Rhomega zornig. “Ich war ein Emissär. War! Verstehst du? Nein,
du kapierst nichts, schon klar.” Er atmet tief durch. “Verzeih, es fällt mir
schwer, mich damit abzufinden, obwohl… bei mir hat’s auch lange gedauert… Hast
du wirklich nie gemerkt, daß der eigentliche Sinn deines Auftrages ist, mich
auszuschalten?”
    Hyazinth schüttelt verdattert den
Kopf.
    “Das konnte dir doch nicht
verborgen bleiben! Junge, du bist der Pfeil, der den Verräter, den Abtrünnigen
erlegen soll, ausgesandt von der Hand einer um ihre usurpierte Macht bangenden
Bande von Betrügern! Sie haben es klug eingefädelt, das muß ich zugeben.
Sigmatanz – das war eigentlich unsere Idee. Es mußte ein Weg gefunden werden,
die vielen Unentschlossenen, Wankelmütigen, Desinteressierten und Dummköpfe,
die für große Ideale nicht zu begeistern sind, wenigstens auf konkrete Personen
zu prägen. Wir haben Tauphi auf die Pylades-Schule geschickt, das war nicht so
leicht. Ich kam dafür nicht infrage, denn meine Aufgabe war und ist die Abwehr
von Infiltranten. Tauphi hat unsere Hoffnungen leider nicht erfüllt. Eigentlich
lebt sie noch gar nicht… ein Mensch wie sie wird erst in hundert Jahren geboren
werden… sie hat Krallen, aber keine Reißzähne… Das Mädchen kann wie eine Löwin
kämpfen, einen Feind zerschmettern – aber sie kann sich nicht bis an die

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