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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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da durch den Schnee
stürmt, wirkt geradezu gespenstisch. Das müssen die Caduuris sein! Die Wesen
ähneln riesigen Heuschrecken ohne Flügel. Sie springen jedoch nicht, sondern
laufen auf ihren beiden langen Hinterbeinen wie Hühner. Die vier vorderen
Gliedmaßen enden in messerscharfen Klauen, und aus dem Kopf ragen entsetzliche
Zangen. Wo bei anderen Tieren Haare oder Schuppen sind, sieht er hier Schilde
und Platten, mit Stacheln und Zähnen besetzt. Jetzt hört er auch die Stimmen
der Tiere: ein Chor aus Knarren und Zischeln, der ihm das Blut in den Adern
gefrieren läßt.
    Die Krieger auf diesen
Geisterwesen sind mindestens ebenso furchteinflößend anzusehen. Helme mit
gespenstischen, Zimier genannten Verzierungen: von sich ringelnden Schlangen
bis zu dreiköpfigen Greifen, von weit aufgerissenen Drachenmäulern bis zu allen
möglichen Hörnern und Zähnen. Über dem Kettengewirk, das hier und da durch die
wenigen Lücken in den Rüstungen schimmert, wölben sich Brustpanzer mit
fratzenhaften Bemalungen, und zu beiden Seiten der Hüften wippt im Takt des
Rittes ein schmales Sichelschwert. Jeder Reiter trägt eine lederne Maske in
Gestalt einer Tierschnauze.
    Allen voran stürmt in stolzer
Haltung einer mit einem goldverzierten Brustpanzer. Sein Helmzimier stellt ein
Wesen dar, das einem springenden Feuertiger ähnelt.
    Schon von weitem brüllt er:
“Damma, Täubchen! Was sehen meine Augen! Woher hast du dieses entzückende
Schwanzweibchen an deiner Seite?”
    Verwirrt erkennt Derek unter dem
Helmvisier ein ledernes Katzengesicht. Weshalb trägt dieser Kerl Karthootas
Maske?
    Atta zischt böse und richtet sich
auf. Damma hüstelt und macht dem grobschlächtigen Burschen irgendwelche
Zeichen. Der springt dicht vor ihnen von seinem Reittier und stapft auf sie zu.
Ein übler Geruch schlägt Derek entgegen, wie ein Gemisch aus Latrine und
Küchenausguß. Er muß sich abwenden, um Luft zu bekommen.
    Das Schwein hat sich vor hundert
Jahren das letzte Mal gewaschen! denkt er angewidert. Der Gestank verstärkt
sich mit jedem Schritt des Mannes.   Auch
Fürst Elmrich wendet sich mit verzerrtem Gesicht ab. Damma zieht ein weißes
Tüchlein hervor und betupft sich gelassen die Nase.
    “Damma, Schätzchen, sag’ schon!
Was für ein reizendes Schwanzweibchen ist das da?” Die dreckverkrustete Pranke
zeigt auf Derek, der sich verblüfft zu Damma umdreht.
    “Meint dieser wandelnde
Misthaufen etwa mich?” flüstert er fassungslos. Sie nickt nur grinsend. Dunkel
erinnert er sich, daß die Bunduruki keine männlichen Anreden verwenden und
Männer als Schwanzweiber bezeichnen. Der Kerl reißt sich mit einem Ruck die
Katzenmaske vom Gesicht und tritt ganz dicht an Derek heran, umkreist ihn und
schnalzt mit der Zunge. Dabei verzieht sich das breite Gesicht mit der
knolligen Nase zu einer lüsternen Grimasse.
    “Schenkst du mir das süße
Schwanzweibchen, allerliebste Damma?”
    Aus dem Mund des Kriegers quillt
eine Wolke, gegen die der ihn umhüllende Dunst wie eine Sommerwiese duftet.
Derek ist dicht davor, sich zu übergeben. Atta schlägt drohend die ledrigen
Flügel zusammen, bleckt die Zähne und kreischt wütend auf. Der Kerl beachtet
sie überhaupt nicht.
    “Oh, das geht leider nicht,
liebste Freundin. Schwanzweib Derek von Seemark ist nicht mein Eigentum. Sie
kann sich dir nur selbst zum Geschenk machen...”
    Der übelriechende Klotz weicht
einen Schritt zurück, und ein wilder Glanz leuchtet in den rabenschwarzen Augen
auf.
    “Aaaahhh... Schwanzweib Derek...
oh, verzeiht mein rüpelhaftes Benehmen, wunderbare Derek, aber ich war wie
geblendet von Eurer Schönheit...” Und zu Damma gewandt: “Nun warte nicht
länger, meine Knospe, stell’ uns einander vor, wie es ritterlicher   Brauch gebietet!”
    “So sei es.” Damma verbeugt sich
artig vor beiden. “Schwanzweib Derek, Großherrin von Seemark... Groß- und
Ganzweib Karthoota von Bunduruk, Oberste Kettenhüterin und Fürstin von
Bunduruk.”
    Karthoota springt auf Derek zu,
umschlingt ihn gierig und preßt ihre Lippen auf seinen Mund. Derek erkennt
schwarze Zahnstummel in ihrem Mund, fast im selben Moment wird es dunkel um
ihn, und er fällt steif in den Schnee.

 
    Wie von weitem hört er Stimmen.
Dazwischen Attas schrilles Zetern.
    “...sie ist nicht die erste, die
mein Schwesterkuß ins Reich der Träume schickt...” Aus Karthootas Worten klingt
eitler Stolz. “...ich glaube, das edle Schwanzweibchen mag mich... aber dem
seltsamen Vogel mit den

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