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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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die Einteilung der Schiffe wegen des penetranten Gestanks, der
die Ganzweiber umwallt. Derek mußte ein Machtwort sprechen, und die Männer
fügten sich nur murrend.
    Auch der Verbleib des Herolds,
den er Karthoota gesandt hatte, klärte sich auf. Die Oberste Kettenhüterin
hatte ihn einer ihrer Unterführerinnen geschenkt... Damma drängte ihn
daraufhin, die Sache erst nach der Schlacht anzusprechen. Derek zauderte, dann
stimmte er zu. Die sechzig Ganzweiber waren eine willkommene Verstärkung, denn
ihre besondere Kampfesweise machte sie zu einem idealen Stoßtrupp, der für die
nachrückenden Hundertschaften Lücken in die gegnerischen Reihen reißen konnte.
Dafür mußte er dem Herold das qualvolle Opfer abverlangen.
    Nun waren sie schon vier Tage auf
dem Meer. Wenn Karthoota nicht Arm in Arm mit Andorgas auf dem Katapultdeck
lag, stockbesoffen und schnarchend wie eine Meerechse, dann schlich sie um Derek
herum und machte ihm artige Komplimente. Atta zischte jedesmal wütend. Mit der
Zeit hat Derek sich daran gewöhnt, daß die Ganzweiber alle Männer als zwar
unvollkommene, aber trotzdem weibliche Wesen betrachten, und in den
unausweichlichen Gesprächen mit der merkwürdigen Fürstin von Bunduruk
gebrauchte inzwischen auch er selbst deren eigenwillige Redeweise. Nur an die
ständigen Nachstellungen kann er sich nicht gewöhnen. Karthoota geht ihm immer
heftiger auf die Nerven.
    Derek steht auf dem obersten Deck
des Bugkastells. Atta hat er in seiner Kajüte gelassen. Der Wind hat
nachgelassen, und trübe Nebelschwaden wabern über den Wellen. Die benachbarten
Segler sind nur als schemenhafte Umrisse zu erkennen. Das Gebälk der Takelage
knarrt ein eintöniges Lied. Aus dem Laderaum des Seglers dringt ein
gespenstisches Zischeln und Zirpen - die Caduuris der Bunduruki. Sie erzeugen
diese unheimlichen Geräusche, indem sie ihre Mandibeln - diese gräßlichen
Zangen am Kopf - so aneinander reiben, daß die winzigen Zähnchen auf den
Innenseiten die Geistermusik hervorbringen. Ab und zu übertönt ein mißmutiges
Mauzen den furchteinflößenden Gesang: Korr. Der Feuertiger hatte beim Verladen
der bundurukischen Reittiere hochmütig mit der Tatze nach einem Caduuri
geschlagen. Das insektenartige Wesen war dem ersten Hieb nur mit einer winzigen
Bewegung ausgewichen. Als Korr jedoch ein zweites Mal seine Krallen über die
Knochenplatten des Caduuris ziehen wollte, klappte blitzschnell eine der
spinnenartigen Gliedmaßen aus dem Leib des Tieres, und die messerscharfe Klaue
hinterließ einen feinen Schnitt auf Korrs Tatze. Es war zweifellos nur eine
Warnung gewesen. Das Caduuri hätte dem Feuertiger ohne weiteres den Kopf vom
Rumpf schlagen können. Die Attacke war so schnell vorgetragen, daß Korr wie
versteinert erstarrte und verblüfft schnaufte. Merkwürdig hingegen war Gadars
Reaktion. Das Dreihorn sprang zu Korr und senkte drohend den gehörnten Schädel,
berührte mit dem Mittelhorn sogar die Flanke des Feuertigers. Korr legte nur
die Pinselohren an und fauchte. Dann fuhr Gadar herum und bedrohte das Caduuri.
Die einzige Reaktion darauf erkannte Derek in den gelben Facettenaugen des
Rieseninsekts: Es schien ihm, als ob sich das wabenartige Netz der Sehorgane
unmerklich zusammenzog. Derek rief das Dreihorn mit einem scharfen Befehl zu
sich und atmete erleichtert auf, als Gadar folgsam herbeitrottete. Das hätte
gerade noch gefehlt, daß sich die Reittiere der Verbündeten gegenseitig
zerfleischen.
    Es muß früher Morgen sein. Derek
hat jegliches Zeitgefühl verloren, seit die Sonne nicht mehr unter den Horizont
taucht, sondern ihn um Mitternacht nur in sanftem Bogen streift. Er hatte
Urahne Aja nie glauben wollen, daß es im Norden Länder gäbe, in denen die
Sommersonne auch nachts nicht untergeht. Und nun erlebt er es jeden Tag.
    “Wie geht es meinem geliebten
Schwanzweibchen Derek heute?” Derek wendet sich in Erwartung des fauligen
Gestanks unwillkürlich ab, als er Karthootas Gurren hört, und hält den Atem an.
Ihre Hand streicht sacht über seinen Arm. Er schaut angeekelt auf seinen Ärmel
hinab. Dann blickt er verblüfft in Karthootas Gesicht. Anstelle der
dreckverkrusteten Pranke liegt eine zwar derbe, aber sauber gewaschene Hand auf
seinem Arm und drückt ihn zärtlich. Karthootas Gesicht ist ebenso sauber, und vom
entblößten Kopf wallen weiche rotbraune Wellen. Zum ersten Mal begreift Derek,
daß die Fürstin von Bunduruk kein altes Weib, sondern eine junge Frau ist. Derb
in allem, im Wesen wie im

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