Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
zugewandt, als empfange er von dort geheimnisvolle Botschaften.
    “Tausendmal haben wir IHN
verraten und tausendmal verzieh ER uns. Je mächtiger unsere Sünde, um so
gewaltiger war Seine Gnade. Immer wieder opferte ER ein Teil Seiner selbst und
ließ sich schließlich in Gestalt Seines Sohnes von uns morden – uns die Augen
endlich zu öffnen für unsere Schuld, uns noch einmal zu vergeben unser Beharren
im Frevel. Und diese Vergebung sollte reichen bis zum Jüngsten Tag…” Rhomega
schreit es hinaus wie unter barbarischer Folter, sein Gesicht hat sich zu einer
Grimasse aus Haß und Hoffnungslosigkeit verzerrt.
    “Höre Gottes Stimme! Höre, wie ER
weint, der ewig betrogene und belogene Gott, dessen größtes Opfer machtlos war
vor der Bosheit Seiner eigenen Schöpfung!”
    Tränen laufen Rhomegas Wangen
hinab, seine Stimme wird zu einem verzweifelten Schluchzen, verschmilzt mit dem
Brausen der schrecklichen Klagerufe.
    Hyazinth schlottern die Glieder,
er spürt, wie sich seine Kopfhaut mit einem seltsamen Prickeln zusammenzieht.
    “Gott weint! Verstehst du das? Er
hat uns aufgegeben, sich endgültig von uns abgewandt. Er geht über die von uns
verwüstete Welt und weint…”
    Etwas reißt Hyazinth nach oben
als habe ihn eine Faust im Genick gepackt. Er steht kerzengrade, wie
versteinert. Gleich verliere ich den Verstand, denkt etwas in ihm. Und immer
heftiger stürmen die schrillen Klagelaute auf ihn ein, hohe spitze Schreie,
langgezogenes Heulen, entsetztes Kreischen. Der Hals trocknet ihm aus unter der
Glut der tierischen Furcht, die ihn gepackt hat. Er öffnet den Mund und ringt
nach Atem.
    Dann schreit auch er, sieht und
hört nichts mehr, schreit nur noch in tiefster Angst und Verzweiflung.
    “Oh Gott! Das habe ich nicht
gewollt!!”

 
    Wer vom Herkömmlichen abweicht,
    ist das Opfer des
Außergewöhnlichen;
    wer im Herkömmlichen bleibt,
    ist der Sklave desselben.
                               Friedrich Nietzsche
    ___________________________________________________________

 
    Kapitel 15
    Karthoota
von Bunduruk

 
    Derek umklammert den Schaft der
Eldridssense und starrt den Reitern entgegen. Sollte Rorik so tollkühn sein,
mit diesem armseligen Haufen das Vereinte Heer anzugreifen? Hatte ihm die
letzte Lektion nicht genügt? Oder ist es tatsächlich Verrat?? Er starrt
verzweifelt zu Damma.
    “Ha! Da kommt Karthoota!” Aus
Dammas Schrei klingt Freude. “Wußt’ ich es doch, wo Schwerter
aufeinanderklirren, darf Karthoota nicht fehlen.”
    Karthoota von Bunduruk, Oberste
Kettenhüterin und Herrin eines absonderlichen Weibervolkes - nun werde ich der
legendären Kriegerin doch begegnen!   Dereks Griff lockert sich, er läßt die Klinge seiner Leibsense in die
Scheide zurückgleiten. Unmerklich schüttelt er den Kopf und schilt sich
insgeheim einen Dummkopf.
    Damals hatte er Curdins
Entscheidung bedauert, nicht nach Bunduruk zu reisen. Karthootas Ruf war auch
bis nach Seemark gedrungen, aber sie blieb immer ein dunkles Geheimnis, denn
nur wenige Menschen hatten die Oberste Kettenhüterin ohne ihre berühmte
Ledermaske gesehen. Was verbirgt sich hinter dem ledernen Katzengesicht?
    Die einen sagen, die Sonnenglut
der Seelenkette habe die Haut ihrer Wangen verbrannt: Ein Zauber aus fernsten
Zeiten bannt die Geister erschlagener Feinde in die Glieder dieser
geheimnisvollen Kette, damit sie dem Reich Bunduruk keinen Schaden zufügen
können. Andere wollen wissen, Karthoota sei so schön, daß jedem Mann das Herz
stehenbliebe, wenn er ihr Gesicht erblickte. Und eine dritte Erklärung meint,
ein mächtiger Zauber habe ihre Züge zu einer gräßlichen Fratze verunstaltet.
Derek bevorzugt die zweite Variante. Das mit der Kette, deren zahllose Glieder
aus den Seelen erschlagener Feinde bestehen, glaubt er nicht. Dieses Gebilde
ist nicht dazu bestimmt, um den Hals getragen zu werden, sondern wird in einem
Turm der Festung verwahrt. Reisende berichteten, aus den Fugen und Ritzen im
Mauerwerk dringe ständig goldfarbener Dampf, und die sengende Glut der Reliquie
sei bis in die Kasematten der Festung zu spüren, die deshalb nie beheizt werden
müßte. Nur wer diese Hitze gespürt habe könne erahnen, welche Kraft in einer
menschlichen Seele verborgen sei... Die dritte Möglichkeit zieht Derek gar
nicht erst in Erwägung.
    Als er die seltsamen Reittiere
erkennen kann, schüttelt er sich unwillkürlich. Schon die Hornechsen von
Elmrichs Ballaesterschützen sind ihm unheimlich. Aber was

Weitere Kostenlose Bücher