Copyworld: Roman (German Edition)
Dunkel
erinnert er sich an gewisse Äußerungen, Anspielungen ihrerseits, die ihm
plötzlich in ganz anderem Licht erscheinen. Zwar hatte sie sich nie offen
abfällig über Jade geäußert, aber sie hatte nicht selten Fragen gestellt, so
scheinbar belanglos und gleichgültig, die ihn lange beschäftigten und – wie er
nun konsterniert feststellt – langsam, unmerklich und doch fortwährend von Jade
entfernten.
Noch will er es nicht wahrhaben,
daß die Frau dort in seinem Bett einen zähen, geduldigen Kampf geführt hat,
aber die Ahnung verdichtet sich in Sekunden zu schmerzvoller Gewißheit. Urplötzlich
brodelt Haß in ihm auf: Was bildet dieser Klotz von einem Weib sich überhaupt
ein? Was berechtigt diese Monstrum, mir mein Glück zu stehlen, wie kommt sie
dazu, sich in mein Leben zu drängen, mir Jade zu nehmen, Jade!?
“Verzeih mir Hyazinth, ich wußte
nicht, was ich tun sollte”, flüstert Rutila und birgt das Gesicht in den
Händen. Er hört ihr unterdrücktes Schluchzen. Jade hat nie geschluchzt, sondern
immer nur gejammert. Benommen starrt er auf ihren bebenden Körper. Unter dem
Trikot treten die Muskeln in deutlich sichtbaren Strängen hervor, aber was ihn
gestern noch abgestoßen hätte – er meinte immer, zarte, fast gläsern
zerbrechliche Mädchen zu bevorzugen – füllt ihn unversehens mit unerklärlicher Erregung. Und er spürt ein
eigenartiges Gefühl in sich wie er es noch nie erlebt hat.
Es ist nicht wie bei Jade, wo
sich aus seiner Oberfläche ein Wirbelsturm der Lust losriß, der so gewaltig
über sie beide hinweg tobte, daß er ihre Leiber bis ins Innerste erschütterte.
Nein, wie eine mächtige, heiße Welle schwillt es in ihm an, und er bemerkt nur
in fassungslosem Staunen, wie diese Welle aus ihm heraustritt, sich an den
Wänden seiner Wohnblase bricht und als vielfaches Echo auf ihn einstürmt.
Noch einmal beschwört er in einer
letzten, sinnlosen Gegenwehr Jades Bild vor sich herauf, den zarten,
geschmeidigen Körper, den ewig umherhuschenden Eichhörnchenblick, der plötzlich
gläsern starr wurde, wenn ihre gemeinsame Lust die Sinne explodieren ließ, aber
es ist nur ein verschwommenes Bild, ohne greifbare Kontur. Seine Augen dringen
in Rutila, bleiben nicht bei den üppigen Formen, sondern sehen Dinge, die einem
entgehen, wenn man daran gewöhnt ist, die Haut eines Menschen als die Grenze
alles Erkennbaren zu betrachten. Längst ist er nicht mehr imstande, seine Empfindungen
zu kontrollieren, und so läßt er sich widerstandslos von ihnen führen.
Irgendwie fühlte er sich immer schon geborgen in Rutilas Gegenwart, auf
geheimnisvolle, unerklärliche Art und Weise. Doch wird diese Gefühl auf einmal
zum Inbegriff all seiner Sehnsüchte und läßt ihn verwirrt schnaufen.
Unaufhaltsam steigt eine animalische Gier in ihm auf, glüht zwischen seinen
Lenden wie der heiße Wüstensand und wirbelt ihn empor, getragen von einem Sturm
der Lüsternheit, wie er ihn bisher noch nie erlebte.
Offenbar ist sein
Gesichtsausdruck furchterregend und deutlich zugleich. Rutila schluchzt nicht
mehr, sondern starrt ihn aus ängstlich glitzernden Augen an, doch mischt sich
allmählich der Glanz des Verstehens in das grünliche Funkeln, und sie streift
sich hastig das Trikot vom Leib.
Einen kurzen Augenblick denkt er
an Holunder und will etwas sagen, doch aus seiner Kehle dringt nur ein
unartikuliertes Krächzen. Alle Gedanken ersticken endlich in dem unbezwingbaren
Verlangen. Als Rutila sich splitternackt zurücksinken läßt und ihn auffordernd
anstarrt, kann Hyazinth sich nicht länger beherrschen. Er fetzt sich das
Mykorrhizatrikot vom Leib und merkt gar nicht, wie Millionen feiner Wurzeln in
seinem Leib steckenbleiben. Auch die Wachsschuppen interessieren ihn nicht
mehr, er nimmt überhaupt nicht wahr, ob sie, ebenso wie an den Händen,
abgetrocknet sind oder noch prall von Blut.
Mit einem dumpfen Röcheln stürzt
er sich zwischen Rutilas Schenkel, seine Finger krallen sich in das Fleisch
ihrer Brüste, und das steinharte Ding unter seinem Nabel, das wie ein Liftpilz
in die Höhe geschossen ist, sucht krampfhaft zuckend seinen Weg.
Alle seine Sinne werden taub und
blind, als schrumpfe sein Leib unaufhörlich zusammen, um alle Kraft und alles
Empfinden dort zu konzentrieren, wo die Hitze ihres Leibes lockt.
Da geschieht es. Gerade als die
Muskeln seines Gesäßes mit letzter Anspannung den steinernen Rammbock
voranschleudern und sich das Tor zum Paradies widerspenstig öffnet – da
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