Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
Vom Netzwerk:
letzte Mann schrie hysterisch und wehrte sich mit Händen und Füßen, sodass den Rettern nichts anderes übrig blieb, als ihn mit einem Faustschlag ins Gesicht ruhigzustellen. Nun wurde der Idiot richtig sauer und konnte seinen Zorn plötzlich in passablem Englisch zum Ausdruck bringen.
    Zum Glück war es erstaunlich einfach, das Rettungsboot wieder an seinem Platz im unteren Teil der K 601 anzudocken. Die Prozedur, die man mit Brandschutzübungen, Erster Hilfe und der Versorgung von Arm- und Beinbrüchen kombiniert hatte, dauerte insgesamt vier Stunden. Echte Schwerstarbeit.
    Unter der lauwarmen Dusche merkte Hassan Abu Bakr, wie erledigt er war. Sein Körper war übersät von blauen Flecken. Die Strömung hatte sie in dem engen Manöverraum hin und her geschleudert. Über der Idee, die Einrichtung auszupolstern, schlief er beinahe im Stehen ein. In diesem Moment schlug jemand mit der flachen Hand gegen die Duschkabine und brüllte, er solle sich in zehn Minuten zum Mittagessen mit dem Admiral in der Offiziersmesse einfinden. Er kriegte gar nicht mit, ob der Befehl auf Russisch oder Englisch kam.
    »Sie haben heute gute Arbeit geleistet, Leutnant Hassan Abu Bakr«, begrüßte der Admiral den müden Chef der Rettungseinheit, der neuneinhalb Minuten später in sauberer Uniform und mit nassem Haar antrat.
    »Danke, Admiral!«
    »Bitte setzen Sie sich, Leutnant. Wir haben die Auswahl zwischen Schweinefilet mit Grünschimmel- und Cognacsauce, wenn meine Französischkenntnisse mich nicht täuschen, und Lammspieß vom Grill mit Thymian und Backkartoffeln. Was ziehen Sie vor?«
    »Das Lamm, Admiral.«
    »Das hätte ich mir fast gedacht, Leutnant, hoffentlich ist noch was da. Ein Glas Rotwein?«
    »Ja, gern, aber dürfen wir …«
    »Wir befinden uns auf vierhundert Meter Tiefe, haben fünftausend Meter Wasser unterm Kiel und gleiten langsam in Richtung Süden. Ich nehme nicht an, dass wir mit jemandem zusammenstoßen. Wir haben ebenfalls geschuftet, während Sie da draußen gearbeitet haben. Wie fanden Sie die Übung?«
    »Sie war viel härter, als wir erwartet hatten, Admiral.«
    »Natürlich, das war unsere Absicht. Aber wie gesagt, Sie haben gute Arbeit geleistet. Der Kommandant schuldet mir eine Flasche Wodka. Er hat gewettet, dass Sie es nicht schaffen, und als er die Wette zu verlieren drohte, hat er das U-Boot absichtlich etwas stärker schaukeln lassen. Daher haben wir einige Fälle von Seekrankheit an Bord. Sie sind Taucher?«
    »Ja, Admiral, genau wie Sie, nehme ich an.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Als Sie in Seweromorsk an Bord kamen, trugen Sie Ihre Paradeuniform, Admiral. Ich habe das Abzeichen der Navy Seals gesehen. Dieses Symbol erkennt jeder Taucher. Sind Sie Amerikaner?«
    In dem Moment, als Carl eine Antwort geben wollte, wurde das Essen serviert. Hassan Abu Bakr hatte mit den anderen palästinensischen Tauchern, die sich nicht vorstellen konnten, dass ein Amerikaner an Bord war, ebenfalls eine Wette abgeschlossen. Nun meinte er die vierhundert Dollar schon in der Tasche zu haben. Aber da er keinen rechthaberischen Eindruck hinterlassen wollte, kam er nicht auf die Frage zurück, die im Wein und dem Essen untergegangen war. Sie hatten eine ganze Flasche bekommen, die vorübergehend die ganze Aufmerksamkeit des Admirals in Anspruch nahm. Mit ausdruckslosem Ge­sicht las er das Etikett und kostete.
    »Ein junger georgischer Wein. Cabernet Sauvignon und ein ganz merkwürdiger Geschmack, den ich nicht kenne«, sagte der Admiral und begann zu essen. Nach einer Weile erhob er sein Glas und prostete dem Leutnant zu.
    Hassan Abu Bakr fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut. Die Situation hatte etwas Unnatürliches und Unbehagliches an sich, das er nicht durchschaute. Als würde er psychisch unter Druck gesetzt. Unter den Russen wurde oft über diese Treffen mit dem Admiral gesprochen, aber für sie stand ja auch viel auf dem Spiel. Für sie hieß es alles oder nichts. Für die palästinensische Minderheit dagegen, die Mouna al-Husseinis Kommando unterstand, galt das nicht.
    »In der Weinfrage müssen wir etwas unternehmen«, sagte der Admiral plötzlich. »Ein Amerikaner bin ich übrigens nicht, ein Navy Seal allerdings schon. Alles Weitere erfahren Sie, wenn es richtig losgeht. Doch nun wollen wir über Sie sprechen.«
     
    Hassan Abu Bakr war 1972 im Flüchtlingslager Nabatieh im Libanon geboren worden. Damals gab es noch Hoffnung. Der Krieg zwischen Israel und Ägypten 1973 zeigte, dass die Israelis

Weitere Kostenlose Bücher