Coq 11
möchte Sie gern an Bord haben, wenn es ernst wird. Abtreten!«
Der Gefreite Sergej Petrowitsch Kowalin stellte sich stocksteif auf, grüßte, schlug die Hacken zusammen, drehte sich um und verließ mit raschen Schritten die Offiziersmesse. Carl hatte wieder einen Mann gesehen, den er haben wollte. Das Problem war nur, dass er bisher noch keinen Russen getroffen hatte, den er nicht haben wollte. Was möglicherweise daran lag, dass Anatolij seine Aufgabe bitterernst genommen hatte. Es war sein Job gewesen, die Arschgeigen rauszuschmeißen, wie er es auszudrücken pflegte. Er wollte nur seine besten Männer um sich haben, im Ernstfall, wenn er auf ein amerikanisches U-Boot traf. Merkwürdig, dass ein U-Boot-Kapitän seine Mannschaft bis zum kleinsten Maschinenmatrosen so genau kannte. Aber vielleicht war genau das sein Geheimnis.
Sein Herz klopfte so heftig, dass er sich beinahe schämte. Hassan Abu Bakr war ein Mann, der von seinem eigenen Mut überzeugt war. Er gehörte nachweislich zu den wenigen Menschen, die sogar Folterqualen widerstehen konnten.
Doch als er nun mit den anderen im Rettungs-U-Boot der K 601 saß, die Hydraulik quietschte und stöhnte und es immer dunkler wurde, waren seine Nerven bis zum Äußersten gespannt. Willkommen in der Wirklichkeit. Das war kein ruhiges strömungsfreies Trockendock, das war der nördliche Atlantik, und die Strömung bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von drei Knoten.
Langsam öffneten sich die Titanpforten am Bauch der K 601, die automatische Verriegelung des Rettungsboots löste sich und sie glitten hinaus in die Dunkelheit.
»Hier Zentrale an Savior. So weit alles in Ordnung? Kommen!«, ertönte die Stimme des Admirals über Funk so klar, als säße er selbst hier eingeklemmt unter ihnen.
»Yes, Sir. Haben uns gelöst und laufen mit eigener Kraft. Alle Systeme okay. Kommen!«
»Das klingt gut, Savior. Weitermachen laut Befehl. Ende!«
Die Übung bestand aus drei Teilen. Zuerst sollten sie ungefähr zwei Seemeilen gegen die Strömung fahren, umdrehen und die hilflos treibende K 601 wiederfinden. Wenn sie so weit gekommen waren, kam der schwierige Teil. Das Rettungs-U-Boot musste an der hinteren Rettungsluke der K 601 andocken, fünf Männer herausholen, sich zur vorderen Rettungsluke über dem Torpedoraum begeben und die fünf Männer dort sicher wieder ins U-Boot bringen.
Es klang wie die selbstverständlichste und leichteste Aufgabe für ein Rettungsboot. Aber es war eine Sache, etwas in der Theorie oder in flachem Wasser zu üben, wo man Tageslicht hatte. Etwas vollkommen anderes war es, dies in hundertfünfzig Metern Tiefe bei starker Strömung ebenso hinzukriegen. Dabei musste man ständig auf unerwartete Schwierigkeiten gefasst sein. Es war also der große Prüfungstag, im schlimmsten Fall ihr letzter.
Der erste Abschnitt war natürlich einfach. Sie fuhren zwanzig Minuten gegen die Strömung, drehten um, folgten zehn Minuten lang der Strömungsrichtung und schalteten die Scheinwerfer ein. Ohne Zeitverlust entdeckten sie den großen schwarzen Schatten.
Nun wurde die Geschichte kniffliger. Die K 601 bewegte sich zwar kaum auf und ab, war aber seitlich nicht ganz stabil, was entweder daran lag, dass man in der Manöverzentrale kräftig das Ruder bewegte, oder ganz einfach auf der Strömung beruhte. Es war verflucht schwer, die Andockstation direkt an der Rettungsluke zu platzieren. Sie unternahmen zehn bis fünfzehn Versuche und hatten den Zeitrahmen bald überschritten. Bei der kleinsten Ungenauigkeit würde die Luke nicht zu öffnen sein. Als man schließlich an der Rettungsluke andockte und das Wasser hinausdrückte, saß aufgrund des starken Drucks in hundertfünfzig Meter Tiefe alles bombenfest.
Ein Mann, Abdelkarim, konnte hinuntersteigen und mit einem Schraubenschlüssel an die Luke klopfen. Die Leute, die evakuiert werden sollten, machten sofort auf, aber nun strömte dichter schwarzer Rauch aus der Luke, alle schrien auf Russisch wild durcheinander und weigerten sich plötzlich, ein einziges englisches Wort zu verstehen.
Die angeblich hilflose Mannschaft versuchte zu erklären, man habe zwei Schwerverletzte an Bord, die in speziellen Tragen durch die Luke in das Rettungsboot gehievt werden mussten.
Das Desaster fing von vorn an, als man das Rettungsboot an der vorderen Rettungsluke andocken, zuerst die Verletzten vorsichtig hinunterlassen und dann die anderen Besatzungsmitglieder einen nach dem anderen durch die Luke schieben musste. Der
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