Coq 11
aber ich trinke Wein und esse im Notfall Schweinefleisch.«
»Kennen Sie Imam Abu Ghassan?«
»Natürlich, Admiral. Er saß auch in Ramleh, allerdings zwei Jahre länger als ich. Der Koran hat ihn offensichtlich stärker beeindruckt als mich, denn nach seiner Freilassung hat er einige Jahre die Al-Azhar-Universität besucht. Aber er ist ein guter Mann, jedenfalls für die Gläubigen, von denen wir ja einige an Bord haben.«
»Alles klar, Leutnant. Nun sind Sie dran. Was möchten Sie wissen?«
»Darf ich ganz ehrlich sein, Admiral?«
»Alles andere würde mich enttäuschen.«
»Eine Sache frage ich mich tatsächlich. Wozu dient das Rettungs-U-Boot, über das ich den Befehl habe?«
»Es soll natürlich Leben retten.«
»Verzeihen Sie, Admiral, aber … ich habe leichte Schwierigkeiten mit diesem westlichen militärischen Stil und Drill. Ich verstehe, dass an Bord eines U-Boots dieser Klasse eine verdammte, entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise, Ordnung herrschen muss. Wir haben es ja nicht mit einem kleinen Boot für Kampftaucher zu tun, aber …«
»Aber?«
»Darf ich ganz ehrlich sein, Admiral?«
»Ja, Sie dürfen mir nur nicht auf die Schnauze hauen, Leutnant, sonst landen Sie im Bau. Schießen Sie los!«
»Okay, Admiral. Wenn wir auf Grund liegen, kommen die Rettungsboote nicht hinaus. Und für Taucherglocken, mit denen wir an die Oberfläche steigen könnten, ist auch kein Platz mehr. Was soll das Ganze also? Wen soll ich retten?«
»Sollten wir auf Grund liegen, Leutnant, tun wir das nicht etwa, weil wir Schiffbruch erlitten hätten, sondern weil uns Israelis oder Amerikaner bombardiert haben oder weil man uns in Schutt und Asche torpediert hat. In dem Fall brauchen wir keine Rettung mehr.«
»Trotzdem haben wir ein Rettungsboot, Admiral. Außerdem haben wir lange trainiert, ich für meinen Teil zweieinhalb Jahre. Ich verstehe das nicht.«
»Es ist so, Leutnant. Sie und das Rettungsboot können wahrscheinlich nicht nur unser Leben, sondern die ganze K 601 retten. Vorläufig müssen Sie mir einfach glauben. Wenn unser eigentlicher Auftrag beginnt, werden Sie das Ganze besser verstehen. Sie haben sicherlich begriffen, dass Sie zu denjenigen gehören, die mit höchster Wahrscheinlichkeit bis zum Schluss dabei sein werden. Dennoch kann ich Ihnen momentan nicht mehr verraten, weil ich die Russen und Palästinenser an Bord gleich behandeln möchte. Außerdem möchte ich kein Sicherheitsrisiko eingehen. Wozu mangelnde Geheimhaltung führt, haben Sie ja am eigenen Leib erfahren. Stellen Sie sich vor, wir hätten auch diesmal einen schwedischen Kampftaucher an Bord.«
»Das kann ich verstehen. Ich bitte um Verzeihung.«
»Tun Sie das nicht! Ich möchte lieber eine ehrliche Antwort von Ihnen. Was glauben Sie und die anderen Taucher? Worin besteht unser Auftrag?«
»Aber der ist doch aus den genannten Gründen extrem geheim.«
»In der Tat. Es dürfte sich im Moment sogar um das interessanteste Militärgeheimnis der Welt handeln. Mir ist es jedoch durchaus bekannt. Also, was glauben Sie?«
»Ich weiß nicht, ob ich die Frage beantworten möchte, Admiral.«
»Tun Sie es trotzdem. Das ist ein Befehl.«
»Puh, Admiral. Sie machen es mir nicht leicht.«
»Stimmt. Und?«
Hassan Abu Bakr hatte sich über die Tragweite des Auftrags nie Illusionen gemacht. Für ihn lag die Sache auf der Hand. Gegen die israelische Luftwaffe, Israels Kampfhubschrauber und die Armee war man machtlos. Natürlich konnte man den Feind piesacken, zumindest theoretisch. Mit Landminen konnte man den einen oder anderen Merkava, einen israelischen Kampfpanzer, in die Luft sprengen. Seine Kameraden in Gaza hatten das mehrfach bewiesen. Mit kleinen Luftabwehrraketen konnte man hin und wieder einen Kampfhubschrauber abschießen. Aber unterm Strich war die Lage am Boden und in der Luft eindeutig. Eine Panzerkolonne, die nach Ramallah oder Hebron rollte, war unüberwindbar. Das war David gegen zehn Goliaths.
Aber im Hafen von Haifa, den er selbst einmal anzugreifen versucht hatte, sah die Sache anders aus. Und die K 601 war tausendmal stärker als ein paar Kampftaucher mit kleinen U-Booten aus Karbonfasern und Kunststoff. Die K 601 war vermutlich stärker als die gesamte israelische Flotte.
»Entschuldigen Sie, dass ich das sage, Admiral, aber ich glaube, ich befinde mich wieder auf dem Weg nach Haifa.«
»Gut kombiniert, Leutnant. Aber Sie vergessen eines: Unsere Marschflugkörper sind auch in der Lage, die israelischen
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