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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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601 aufgrund ihrer enormen Tauchfähigkeiten sicher hätte bewegen können, war er durch das enge und flache Gewässer zwischen Irland und Großbritannien zurückgefahren. Das hatte vier Tage bei höchster Bereitschaft und niedrigster Geschwindigkeit zur Folge. Und es hatte bedeutet, dass man selten tiefer als hundert Meter hatte tauchen können.
    Als sie schließlich die engste Passage durchquert hatten, den North Channel vor Belfast, waren sie zudem in verbotenes briti­sches Territorium eingedrungen. Wären sie entdeckt worden, hätte man das Feuer auf sie eröffnen können, um sie zum Auftauchen zu zwingen.
    Aber Petrow, dieser Teufelskerl, war durchgekommen und hatte geschafft, was sich kein anderer erträumt hätte. Und zu allem Überfluss besaß man nun eine detaillierte elektronische Bodenkarte über jede Erhebung in der engen Passage. Diese Leistung war so überragend, dass zumindest Owjetschin nichts gegen einen weiteren Helden Russlands auf der K 601 gehabt hätte.
    Doch auf der anderen Seite hatte Petrow sein Boot aufs Spiel gesetzt und gegen Befehle verstoßen. Er hatte das Scheitern eines Projekts riskiert, in das der Präsident große Hoffnungen setzte, und er hatte das Leben seiner Besatzung weit mehr gefährdet, als es ein gewöhnlicher U-Boot-Kapitän selbst bei der schwierigsten Autonomka gewagt hätte. Zudem hätte er auf feindlichem Territorium versenkt werden können, was weitreichende politische Konsequenzen mit sich gebracht hätte. Kurz gesagt, er litt am sogenannten Mut des Wahnsinnigen, einer Art Todessehnsucht.
    Über den glänzenden Verlauf der restlichen Übung wurden nicht viele Worte verloren. Sie hatten in kabbeligem Wasser Tanken geübt, sich mitten in eine russische Übung in der Barentssee begeben und ihre eigenen Leute genauso erfolgreich übertölpelt wie die Amerikaner und Briten, hatten total überraschend ihre Marschflugkörper abgefeuert – und waren wieder davongekommen!
    Geschichte wird von den Siegern geschrieben. Anatolij Petrow war inzwischen der erfolgreichste aktive U-Boot-Kapitän der gesamten russischen Flotte. Was für ein intuitiver Geniestreich, ihn als Kommandanten der K 601 vorzuschlagen! Dieser schwe­dische Admiral war wirklich nicht auf den Kopf gefallen. Aber der Haken an der Sache war: Petrow war nicht nur kühn. Er wollte sterben.
    Wie sollte man mit dieser Erkenntnis vernünftig umgehen? Kommandant Petrow hatte eine ganze Reihe von halsbrecherischen Manövern durchgeführt. Bei der nächsten Fahrt würden die Waffen scharf sein. Dann ging es nicht mehr um Kunstfertigkeit, sondern ums nackte Überleben. Draufhauen, durchkom­men und gewinnen. Man konnte nur hoffen, dass Petrows Wille zum Sieg stärker als seine Todessehnsucht war, wenn er auf eine Schwester der USS Memphis stieß.
    In dem Bericht an den Marinestab stellte er Petrows offensichtlichen Wahnsinn nicht in den Vordergrund. Stattdessen betonte er seinen phänomenalen Heldenmut.
    Trotzdem musste ein ernsthaftes Gespräch mit Mouna, Carl und Anatolij persönlich geführt werden. Auf ihrer nächsten Reise würde die K 601 unter neuem Namen und palästinensischer Flagge segeln. Dann war Anatolij Petrow nicht mehr der oberste Befehlshaber an Bord. Die Frage war nur, ob er das auch begreifen würde.

6
    Auch eine Starreporterin von Al-Dschasira, dem größten Fernsehsender des Nahen Ostens, war nicht vor Täuschungsmanövern gefeit, sogar von den Palästinensern konnte man hinters Licht geführt werden – für Rashida Asafina nicht so sehr eine schmerzhafte, sondern eine ärgerliche Erfahrung. Seit fünf Tagen war sie mit ihrer gesamten Kameraausrüstung auf einem rostigen Trawler gefangen. Ohne Badezimmer oder sonstigen Service. Zum Glück hatte sich wenigstens der Wind gelegt. Die Seekrankheit war überstanden.
    Zuerst hatte man sie zu einem Exklusivinterview mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas nach Tunis gelockt. Abbas wolle angeblich eine große Neuigkeit bekannt geben, und sie wäre die einzige anwesende Journalistin. Das An­gebot schien die vier, fünf Flugstunden von Katar wert zu sein, hatte sich aber bald als leeres Versprechen herausgestellt.
    Das Interview war nicht nur pathetisch, sondern nahezu lächerlich gewesen, da nur die ohnehin bekannten Tatsachen zur Sprache gekommen waren. Diese mochten bedauerlich und aufwühlend sein, eine Neuigkeit waren sie gewiss nicht. Zu allem Überfluss hatte man ihr auch noch gedroht.
    Kurz gefasst hatte Mahmud Abbas gesagt, das

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