Coq 11
Anfall von Platzangst gewesen.
Unten in den Gängen herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Immer noch wurde die Ladung hin und her geschleppt. Mit Mounas Hilfe gelangten sie in einen etwas größeren Raum, der sich Messe nannte. Dort wartete die nächste Überraschung. Man stellte ihnen einen persönlichen Adjutanten zur Seite.
Mouna übergab die beiden an einen jungen Offizier, der brav die Hacken vor ihr zusammenschlug. Mit einem ironischen Winken zog sie sich zurück.
»Guten Abend, meine Damen. Ich heiße Peter Feisal Husseini, Leutnant der palästinensischen Flotte, und bin beauftragt, Ihnen alles zu zeigen. Ich nehme an, Sie wurden bereits willkommen geheißen?« begann er in fließendem Englisch.
»Guten Abend, Leutnant, haben wir Engländer an Bord?«, gab Rashida Asafina auf Arabisch zurück.
»Keineswegs, Madame, wie gesagt, ich bin Offizier der palästinensischen Flotte«, antwortete er auf Arabisch, das er mit einer witzigen Mischung aus palästinensischem und englischem Akzent aussprach.
»Offenbar ein Palästinenser, der lange in Oxford stationiert war, Leutnant?«, neckte sie ihn auf Englisch.
»Keineswegs, Madame! Cambridge, wenn Sie nichts dagegen haben. Erlauben Sie mir, Ihnen Ihr Quartier zu zeigen.«
Eine Stunde später tauchte die U-1 Jerusalem in weitem Bogen auf fünfhundert Meter Tiefe, eine Position, die die Besatzung mittlerweile als Ferienlage bezeichnete, weil man hier im besten Fall mehrere tausend Meter Wasser unterm Kiel und neben sich höchstens einige Pottwale hatte. Normalerweise konnte man sich hier unten entspannen, und tatsächlich kam das Kommando an alle, sich in Paradeuniform in der Messe aufzustellen.
Die kleine spalierartige Holzkonstruktion, die die Offiziersmesse vom Rest des größten Raums im U-Boot abtrennte, war weggeräumt worden, und an der hinteren Wand, wo in jedem russischen U-Boot ein Porträt von Wladimir Putin hing, stand nun ein kleiner Tisch. Darüber hingen die Bilder von zwei Männern. Nicht alle russischen Besatzungsmitglieder erkannten die beiden palästinensischen Präsidenten, aber sie begriffen instinktiv, was der Wechsel der Bilder zu bedeuten hatte. Unter den Porträts von Jassir Arafat und Mahmud Abbas lagen mehrere kleinere silbergraue Päckchen und eine etwas größere, rot lackierte Schachtel.
Peter Feisal hatte die beiden U-Boot-Korrespondentinnen, wie die Starreporterin und die Kamerafrau von Al-Dschasira von nun an genannt werden sollten, rechtzeitig an einen geeigneten Platz geführt, wo sie Kamera und Stativ aufstellen konnten. Als die Besatzung hereinströmte, alle in Urlaubsuniformen, erklärte er, man möge bitte geordnet nach Dienstgrad hereinkommen. Als Letzter kam, auf die Sekunde genau, der Admiral herein.
Auf das Kommando »Admiral an Deck!« standen alle stramm und schlugen die Hacken zusammen. Der Admiral begrüßte die Besatzung und befahl: »Rühren!«
Lächelnd sah er sich um und zog die allgemeine Anspannung, die den beiden Neuankömmlingen von Al-Dschasira nicht entgangen war, absichtlich in die Länge.
»Wir fahren wohl zur Hölle!«, zischte Rashida Asafina ihrer Kamerafrau zu, die nur die Augen verdrehte.
»Genossen Offiziere und Seeleute!«, begann er in amerikanischem Englisch. »Sie erwarten – zu Recht – große Neuigkeiten. Zuerst jedoch eine kleine schlechte Nachricht, damit wir es hinter uns haben. Obergefreiter Abdelkarim Qassam aus der Torpedotechnik und Steuermann Sergej Nikolajewitsch Stepantschenko aus der Mechanikerabteilung mussten uns heute mit zwei Versorgungsschiffen verlassen. Sie haben eine wichtige Regel verletzt, die das Verhalten gegenüber den weiblichen Besatzungsmitgliedern betrifft. Man könnte sagen, sie haben Glück im Unglück gehabt. Der Nächste, der von Bord geht, verlässt das U-Boot in tiefem Wasser durch das Torpedorohr.«
Während er das Ganze auf Russisch wiederholte, erhob sich Gemurmel. Rashida Asafina traute ihren Ohren kaum und wusste nicht, ob sie seine Worte für blutigen Ernst oder einen groben Scherz halten sollte. Die Reaktionen der vielen Russen gaben ihr auch keinen Anhaltspunkt.
»Nun zu den guten Nachrichten!«, fuhr der Admiral auf Russisch fort. »Doch zunächst eine Information. Die K 601 wurde umgetauft auf den Namen U-1 Jerusalem Al-Quds. Folglich ist sie das Flaggschiff der palästinensischen Flotte. Außerdem möchte ich Ihnen einen Brief von Russlands Präsident Wladimir W. Putin vorlesen.«
Als er auf Russisch weitersprach, verstanden
Weitere Kostenlose Bücher