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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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hiesigen Verhältnissen in irgendeiner Weise profitieren können? Ebenso gut hätte man sie in einem Flüchtlingslager unterbringen können.
    Mouna al-Husseini trieb sie zur Eile an, und sobald sie ihr Gepäck auf der »Stube« abgestellt hatten, wie Marwan es seufzend nannte, führte sie sie hinaus in den Schneematsch und über einen Kasernenhof, auf dem einst Massen von Marinesoldaten exerziert haben mussten.
    Sie gelangten in einen kleinen Vorlesungssaal mit glühend heißem Kamin in der Ecke und wurden von zwei Männern in Zivil, die sie zunächst für eine Art Hausmeister hielten, und einem Mann in Marineoffiziersuniform empfangen.
    »Dies ist Fregattenkapitän Alexander Owjetschin«, stellte ihn Mouna al-Husseini vor. »Er ist mein allerbester russischer Freund und außerdem der Verbindungsoffizier zwischen Russland und den Nachrichtendiensten der PLO. Wir haben vier Jahre zusammen an dem Projekt gearbeitet, über das Sie nun alles Wesentliche erfahren werden. Danach übernehmen unsere wissenschaftlichen Fachleute Iwan Firsow und Boris Starschinow, übrigens Kollegen von Ihnen. Nehmen Sie bitte Platz, meine Herren.«
    Sie sagte etwas auf Russisch zu dem Marineoffizier, schien es sich aber anders zu überlegen, wandte sich an ihre unfreiwilligen Gäste und fügte hinzu, man werde sich von nun an auf Englisch verständigen, was ansonsten in Russland nicht üblich sei. Sämtliche Herren seien jedoch philologisch gebildet genug, sich in der englischen Sprache auszudrücken.
    Dieser Kommentar machte zunächst einen befremdlichen Eindruck, erklärte sich jedoch von selbst, als der junge Fregattenkapitän zu sprechen anfing. Er konnte mit Sicherheit die anspruchsvollsten englischen Texte lesen, möglicherweise auch verfassen. Aussprache und Grammatik jedoch stammten aus einer ganz anderen Welt als der der drei Cambridge-Absolventen.
    »Meine Herren anwesende Wissenschaftler«, begann er. »Es ist mir eine große Befriedigung, Sie willkommen zu begrüßen in Seweromorsk, das ein wichtiges Zentrum ist für die hoch entwickelte Positionierung von U-Booten in einer Zeit, in der sowohl marinetechnologische wie auch die geopolitischen Kräfteverhältnisse auf eine harte Probe gestellt werden. Wir haben es heute zu tun mit einer Art von politischen Gegensätzen, mit der man sich auf keiner Seite der einstigen Barriere im sogenannten Kalten Krieg in genügender Weise, ausreichende analytische Fähigkeiten vorausgesetzt, vertraut machen konnte.«
    Und so war es weitergegangen. Die drei wohlerzogenen und höflich lauschenden englischen Akademiker brauchten eine Weile, bis sie sich in die Ausdrucksweise des Fregattenkapitäns eingehört hatten. Aber nachdem das sprachliche Hindernis überwunden war und der Vortragende die erste Abbildung des Monsters aufgehängt hatte, spitzten sie genauso gebannt die Ohren wie die feinen Internatsschüler, die sie einst gewesen waren.
    Fregattenkapitän Owjetschin begriff vielleicht, dass er so schnell wie möglich auf gewisse wichtige Punkte zu sprechen kommen musste. Das Bild zeigte das U-Boot Kostroma, die Nummer K276 in der russischen Nordmeerflotte. Es handele sich um ein Jagd-U-Boot, das nicht für den strategischen Kernwaffeneinsatz, sondern dazu gedacht sei, taktische Ziele anzugreifen, wie zum Beispiel die Flotte und die Luftwaffenstützpunkte des Feindes, erläuterte der Russe. Das Boot sei hundertsieben Meter lang und verfüge über eine Besatzung von einundsechzig Mann, darunter dreißig Offiziere unterschiedlichen militärischen Rangs. Die Waffenladung könne man bis auf Weiteres außer Acht lassen, sie sei mit Sicherheit ausreichend. Das wirklich Interessante an diesem U-Boot-Typ sei jedoch der innere Rumpf, eine Art Druckkammer, aus Titan.
    Titan sei teurer als Gold. Darüber hinaus habe Titan zwei weitere Eigenschaften, die im Zusammenhang mit U-Booten besonders bedeutsam seien. Zunächst eine Haltbarkeit, die alle bisher bekannten Formen von Stahl überträfe. Und zweitens habe Titan keine magnetische Signatur. Praktisch bedeute das, dass K 276 bis in achthundert Meter Tiefe tauchen könne. Kein bekanntes amerikanisches U-Boot sei in der Lage, tiefer als sechshundert Meter zu tauchen, und im Übrigen funktionierten die Torpedos der NATO nur bis zu einer Tiefe von vierhundertfünfzig Metern.
    Magnetbojen, Magnetschlingen und andere auf Magnetismus beruhende Methoden zum Aufspüren von U-Booten seien somit wirkungslos. Trotzdem sei leicht zu verstehen, warum bislang nur wenige so

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