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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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anderen Passagiere mit den dicken Wintermänteln und den pelzigen Kopfbedeckungen heraus. Aber sie begriffen immer noch nicht, was vor sich ging. Da es sich zu allem Überfluss um einen Abendflug handelte, konnten sie nicht an der Sonne ablesen, dass sie nicht nach Süden, zum Beispiel nach Islamabad, sondern nach Norden flogen.
    Murmansk war ein Schock für sie. Der Flugplatz erinnerte an das Ende der Welt, und als sie in die arktische Kälte hinaustraten, bestand kein Zweifel mehr über das Land, in dem sie sich noch immer befanden, und den Breitengrad.
    Man verfrachtete sie in einen übel riechenden Bus, dessen Gardinen allerdings nicht zugezogen waren, nach Murmansk und setzte sie vor einem Hotel ab, dessen nagelneue Neonreklame in kyrillischen und lateinischen Buchstaben verkündete, dass dies das Hotel Arktika sei. Allein das war schon niederschmetternd gewesen.
    Als sie die gigantische Rezeption mit dem rauen Steinboden betraten, fühlten sie sich in einen Albtraum versetzt. Im hinteren Teil der hangarartigen Halle befand sich eine Art Diskothek oder Nachtclub, wo ziemlich betrunkene junge Leute wild unter flackerndem Neonlicht und Scheinwerfern tanzten.
    Mouna lenkte sie energisch in die andere Richtung zur Rezeption, wo demonstrativ missgelaunte Menschen ihren Blick nicht von der Sportübertragung im Fernsehen abwenden wollten. Sie herrschte sie auf Russisch an, einer drehte sich verwundert um, kam zu ihnen an den Tresen, war plötzlich erstaunlich höflich und reichte ihnen die Zimmerschlüssel.
    So also hatte der der Albtraum begonnen. Wenn man es genauer ausdrücken wollte, war dies der Beginn einer langen schlaflosen Nacht gewesen. Die Worte, die Mouna damals zu ihnen gesagt hatte, waren in ihrer Wirkung mit einem Sprung in das Eisloch eines russischen Sees vergleichbar gewesen. Erst viel später hatte Peter Feisal begriffen, warum sie so unnötig brutal vorgegangen war.
    »Meine Herren!«, hatte sie im Befehlston gesagt, »mein Name ist Mouna, ich bin die stellvertretende Chefin des Nachrichtendienstes der PLO, und wir haben einige kleine Tricks anwenden müssen, um Sie hierher zu bringen. Von drei Dingen können Sie überzeugt sein. Sie sind in kein religiöses Projekt verwickelt. Trotzdem werden wir Sie davon überzeugen, uns zu helfen. Ab morgen früh um acht. Kommen Sie nicht zu spät zum Frühstück! Falls Sie unsicher sind, können Sie sich gern vom Hotel wecken lassen. Eins noch: Sollte einer von Ihnen einen Rückzieher machen, werden wir Sie nicht umbringen, aber unangenehm lange in Russland festhalten. Gute Nacht, meine Herren.«
    Dann war sie auf knallenden hohen Absätzen davongegangen und hatte die drei an der Rezeption stehengelassen. Sie hatten mit ihren falschen Namen eingecheckt und ihre Pässe abgeben müssen.
    Sie bekamen drei nebeneinander liegende Zimmer im vierten Stock. Nachdem ihr Gepäck gebracht worden war und sie den Boy losgeworden waren, der über ihre Fünf-Pfund-Noten die Nase gerümpft und irgendetwas von Dollars gemurmelt hatte, trafen sie sich in Peter Feisals Hotelzimmer. Es roch stark nach Tabak und etwas Säuerlichem, dem im Moment niemand auf den Grund gehen wollte.
    »Tja, Jungs, interessante Reise«, sagte Ibrahim, warf sein Jackett von sich und sank in das betagte dunkelrote Sofa mit den quietschenden Federn. »Früher hätte man sich unter solchen Umständen einen Drink gegönnt. Ich weiß nicht, wie ihr dazu steht. Gibt es keine Ausnahmen?«
    Keiner grinste über die theologische Frage, ob ein guter Gläubiger sich in gewissen Situationen einen Drink genehmigen durfte. Marwan ging sofort zur Minibar und belud ein Tablett mit kleinen Flaschen und Gläsern.
    Peter Feisal, der das Alkoholverbot strenger einhielt als die beiden anderen, hatte nichts dagegen einzuwenden, wollte seinen Whiskey aber auch nicht ohne Wasser trinken. Wortlos ging er ins Badezimmer und kam mit einem vollen Zahnputzbecher zurück, der als Karaffe herhalten musste.
    Sie nickten sich zu, kippten ihren ersten Whiskey hinunter und schenkten sich sofort einen neuen ein. Alle drei warteten ab, wer zuerst etwas sagen würde. Es war nicht einfach, die passenden Worte zu finden.
    »Wir stecken in der Scheiße«, sagte Ibrahim mit versteinertem Gesicht.
    »In der Tat. Man könnte sagen, in einer klitzekleinen Klemme«, fügte Marwan hinzu.
    Dann lachten sie erleichtert, weil sie über das Elend wenigstens noch Witze machen konnten.
    Sie waren also von der PLO gekidnappt worden, genauer gesagt, vom

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