Coq 11
zurückgehalten hatten.
Als sich einige palästinensische Maschinisten nach beendeter Schicht ihr Essen holen wollten, bekam jeder ein riesiges Schweinekotelett mit Weißkohlsoße serviert. Natürlich lehnten sie diese Mahlzeit angewidert ab. Wenige Sekunden später hatte sich eine Prügelei entwickelt, an deren Ende einer der Palästinenser von vier Russen auf den Boden gedrückt wurde, während der fünfte ihm das Schweinekotelett in den Mund stopfte.
Die Wachen waren ausnahmslos Russen, die die Misshandlung der »tschetschenischen Unruhestifter« mit ihren Gummiknüppeln fortsetzten und diese anschließend zu den Arrestzellen schleiften.
Peter Feisal hatte das Geschehen von der Offiziersmesse aus beobachtet und nur mühsam den mit Sicherheit unklugen Impuls unterdrückt, sich in die Schlägerei einzumischen. Stattdessen ging er zur Zentrale, wo vorübergehend der stellvertretende Kommandant, Fregattenkapitän Almetow, das Sagen hatte. Almetow war der Einzige von den drei hohen Offizieren an Bord, der Englisch verstand, was die Sache jedoch kaum besser machte. Denn als Peter Feisal verlangte, dass der Befehlshaber einschreiten, die Schuldigen bestrafen und die Wodkarationen unverzüglich einziehen müsse, traf er auf eine Mauer aus Verständnislosigkeit. Man riet ihm, sich herauszuhalten, und wies ihn darauf hin, dass die Mannschaft das Einziehen des Wodkas unter diesen Umständen als einen so feindseligen Eingriff betrachten würde, dass die Sicherheit an Bord nicht mehr gewährleistet wäre. Als Peter Feisal daraufhin verlangte, dass man den Kapitän zur See, Genossen Alexandrow, wecken möge, erntete er bloß ein müdes Lächeln. Den Genossen Wladimir Sergejewitsch dürfe man nur im Falle eines Krieges oder einer Reaktorkatastrophe wecken. Hier war keine Hilfe zu erwarten. Zwar waren die vierundzwanzig Wodkastunden die schlimmsten, doch auch danach lag noch tagelang eine ungute Stimmung über der Heimfahrt. Es wurde nicht gerade besser, als man an die Wasseroberfläche ging und mit Hilfe von Schnorcheln die Dieselmotoren und das Belüftungssystem mit neuem Sauerstoff versorgte. Oben herrschte aufgrund der Winterstürme heftiger Seegang, und das U-Boot, das sich in der Tiefe nur unmerklich bewegt hatte, kippte nun kräftig hin und her. Was auf eine verkaterte Besatzung Auswirkungen hatte, die man sich leicht ausmalen konnte. Erneut kam es zu Schlägereien und einem nicht versiegenden Strom von Anfeindungen und Schikanen. Als die K 601 am Kai von Seweromorsk anlegte, trennten sich die Besatzungsmitglieder, ohne sich die Hände zu schütteln. Es herrschte nahezu offene Feindschaft – an Bord eines U-Boots eine Ungeheuerlichkeit.
Schon während der Busfahrt zu den Baracken der Forschungsstation 2 hatten die sechzehn palästinensischen Besatzungsmitglieder eine Art Gewerkschaft gegründet, einen Forderungskatalog aufgestellt und für den Fall, dass man diese sechs Forderungen nicht erfüllte, mit Streik gedroht.
Man verlangte einen Raum zum Beten und zwei Seelsorger, einen muslimischen und einen griechisch-orthodoxen. Ethnisch gemischtes Wachpersonal. Zwei Speisen zur Auswahl, ein Gericht aus der Halalküche neben dem russischen Schweinefraß. Verbesserte Sprachkurse, die von kompetenten Lehrern geleitet wurden, und Englischunterricht für die russische Besatzung. Und schließlich ein absolutes Alkoholverbot an Bord.
Peter Feisal war einstimmig zum Sprecher der palästinensischen Gruppe gewählt worden. Allerdings konnte er Mouna al-Husseini den Forderungskatalog erst zwei Tage später vorlegen, weil sie während der Seeübungen verreist gewesen war. Als Peter Feisal sie aufsuchte, war sie in bester Laune und bestellte ihnen allen Grüße von Abu Mazen, dem Palästinenserpräsidenten Machmud Abbas, wie sie hinzufügte.
Ihre gute Stimmung verflog schnell, als Peter Feisal ihr behutsam, aber unmissverständlich erklärte, dass sich die Reise als Erfolg oder als Misserfolg beschreiben ließ. Die gute Nachricht war, dass die Waffentechnologie, auch die neue und bislang noch ungetestete, reibungslos funktioniert hatte. Die schlechte Nachricht war, dass das gesamte Projekt aufgrund von zwischenmenschlichen Problemen in Trümmern lag. Dann zählte er seinen Forderungskatalog auf. Sie hörte zu, ohne eine Miene zu verziehen.
»Wie sehen Sie persönlich diese Forderungen?«, fragte sie.
»Diese Liste ist sehr bescheiden, Madame, und ich könnte ihr problemlos weitere Punkte hinzufügen. Ich bringe nur vor, was
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