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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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waren ohne jeden Zweifel gewöhnliche Norweger. Eine Schulklasse kam vorbei.
    Der Terrorist kaufte einen Ausstellungskatalog, den er später nur bei einer Gelegenheit öffnete, als wollte er ein Detail nachprüfen. An zwei Stellen hielt er sich besonders lange auf. Erst saß er fast zwanzig Minuten auf einer Bank vor vier frühen Gemälden aus den 1980er Jahren (Madonna, Der Kuß, Das Mädchen und der Tod und Vampir). Soweit es sich erkennen ließ, wandte das Objekt seine Aufmerksamkeit ausschließlich den Bildern zu.
    Anschließend ging der Mann um die Ecke und widmete einem Bild besonders viel Zeit, das zwar auch Frauen darstellte, jedoch völlig anders.
    (Die Mädchen auf der Brücke, etwa 1927).
    An dieser Stelle nahm das Objekt mit einem älteren Herrn Kontakt auf. Es hatte den Anschein, als sprächen sie über das Bild.
    Als der ältere Mann kurze Zeit später das Museum verließ, wurde er von den Kollegen fotografiert (und zwei Tage später war er sicher identifiziert; er hieß Germund Braathe, war ehemaliger Reeder, Millionär, lebte zurückgezogen in einer Villa in 0stfold außerhalb von Moss).
    Möglicherweise nahm der Terrorist auch Kontakt zu einer älteren Dame auf, der er zu Hilfe eilte, nachdem sie ihren Stock verloren hatte. Auch sie konnte später identifiziert werden (pensionierte Oberschwester vom Osloer Zentrum für Kinder und Jugendpsychiatrie).
    Daneben kam es nur noch zu einem weiteren Kontakt, den man ohne weiteres ignorieren konnte; der Terrorist hatte etwas zu einem der Schulkinder gesagt, einem etwa achtjährigen Mädchen.
    Das war alles, was sich in zweiundvierzig Minuten ereignete. Als wollte er seine Verfolger auf den Arm nehmen, spazierte der Terrorist anschließend wieder in die Stadt zurück, statt einen Bus oder ein Taxi zu nehmen. Zwei der Kollegen mußten bei den Autos abwarten, um später nachzukommen. Die beiden anderen nahmen zu Fuß die Verfolgung auf.
    Der Terrorist ging ruhig die Toyengata hinunter, als wäre er auf dem Rückweg in die Stadtmitte. Nach zweihundert Metern blieb er jedoch stehen, verweilte und blickte in den Botanischen Garten zur rechten Hand.
    Dann bückte er sich und »schnürte den Schuh zu«, und als er sich umsah, konnte er hinter sich nichts anderes als zwei Sicherheitsbeamte gesehen haben, mochten sie auch verschieden großen Abstand halten und auf verschiedenen Straßenseiten gehen.
    Danach blickte sich der Terrorist kein einziges Mal mehr um. Er änderte jedoch plötzlich den Kurs und bog nach links in die Hagegata ein. Es sah aus, als wollte er direkt zur U-Bahn-Station Toyens. Statt dessen bog er aber wiederum in Richtung Innenstadt ab und ging über die Sorligata, Jens Bjelkes Gate und Borggata schnurstracks zu dem neuen Polizeigebäude bei Granland hinunter.
    Als er dort angekommen war, ging er ein Stück die Auffahrt hinauf, betrachtete das Polizeihaus, trat zu einem Schild, auf dem zu lesen stand, daß das düstere Gebäude daneben Oslos altes Kreisgefängnis sei.
    Dann kehrte er um und ging ohne stehenzubleiben und ohne sich umzusehen zum Hotel zurück.
    Die Kollegen gruppierten sich rechtzeitig vor dem Hotel um. Der Terrorist erschien auf der Karl Johans Gate auf der Seite des Stortings. Aber statt beim Grand Hotel die Straße zu überqueren und sich wie gewohnt die Rolex-Uhren anzusehen, ging er geradeaus weiter, überquerte die Rosenkrantz Gate und ging zu dem kleinen grünen Zeitungskiosk, wo er vier oder fünf norwegische Tageszeitungen kaufte und unmittelbar darauf die danebenliegende rote Telefonzelle betrat.
    Roar Hestenes war etwa dreißig Meter entfernt. Keiner der Kollegen befand sich näher an der Telefonzelle. Die Gefahr war groß, daß der Terrorist Hestenes schon früher, nämlich im Warenhaus Glasmagasinet, identifiziert hatte, aber dieses Risiko mußte er eingehen. Der Terrorist wandte ihm den Rücken zu.
    Während Hestenes sich näherte, konnte er die Bewegungen zählen, als der Terrorist wählte. Sechsmal, also weder ein Fernnoch ein Auslandsgespräch. Nach kurzer Zeit legte der Terrorist den Hörer auf. Es hatte offensichtlich niemand abgenommen, nachdem er sechs oder sieben Signale abgewartet hatte (jedoch läßt sich eine Nachricht auch dadurch überbringen, daß man das Telefon für Mitteilung A eine bestimmte Zahl von Malen läuten läßt, für Mitteilung B eine andere Zahl).
    Der Terrorist begann, eine neue Nummer anzuwählen. Hestenes stand jetzt direkt hinter ihm, weniger als einen Meter entfernt. Aber als Hestenes

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