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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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überhaupt möglich sei, habe vielleicht Jihaz as Rased die Möglichkeit dazu. Das lasse sich in Stockholm nicht ohne weiteres beurteilen. Bis dahin hatte Carl etwa zehn Minuten für seine Darlegung gebraucht, und erst jetzt unterbrach ihn der Mann, der sich Michel nannte, mit seiner ersten Frage: »Und warum hofft ihr, daß wir euch helfen können, auch wenn es sich nicht um eine unserer Operationen gehandelt haben sollte, was nebenbei bemerkt sehr unwahrscheinlich klingt. Nun, warum sollten wir euch helfen?«
    »Der Grund ist einfach. Wenn die Sache nicht aufgeklärt wird, wird es für immer so aussehen, als hätten Palästinenser einen von uns ermordet. Das würde sich einmal für die palästinensische Sache in der schwedischen Öffentlichkeit unangenehm auswirken. Zum andern würde es einigen Kräften in schwedischen Behörden dann leichter fallen, in unserem Land Palästinenser zu verfolgen.«
    »Normalerweise arbeitet ihr doch immer mit Israel zusammen«, sagte das Mädchen. Sie äußerte sich jetzt zum erstenmal. Sie sprach englisch mit einem leichten Akzent, der sich französisch anhörte. Die junge Frau wäre sehr schön gewesen, wäre da nicht ihre linke Wange gewesen. Sie war bis zum Mundwinkel durch etwas entstellt, was wie eine schwere Brandwunde aussah. Die Verletzung hatte ihr Gesicht in einem ewigen, grotesken Lächeln erstarren lassen.
    »Das stimmt«, gab Carl zu. »Ich kann nur sagen, daß ich selbst noch nie eine derartige Zusammenarbeit gehabt habe und daß ich jetzt eure Hilfe suche. Irgendwann muß es ohnehin das erstemal sein.«
    »Hast du die Seriennummer der Pistole?« fragte der Mann, der sich Michel nannte, »und kann ich die bekommen?«
    Carl streckte sich demonstrativ deutlich nach seiner Brieftasche - das Mädchen mit der Pistole reagierte nicht - und zog einen kleinen Zettel heraus, auf dem die Daten der Tokarew-Pistole mit Maschine geschrieben waren. Er reichte den Zettel dem Mann, der sich Michel nannte. Dieser steckte das Papier in die Brusttasche, ohne es anzusehen.
    »Warum willst du Abu al-Houl treffen? Es genügt doch, wenn du die verfügbaren Angaben von uns bekommst«, sagte das Mädchen.
    »Nein«, entgegnete Carl. »Ihr könntet mich anlügen, ohne daß es etwas ausmacht, und im übrigen werden mir meine Chefs nicht glauben, falls sich herausstellen sollte, daß eure Angaben, sagen wir der palästinensischen Sache, günstig sind.«
    »Und wie verändert sich dieser Sachverhalt, wenn du gerade Abu al-Houl triffst?« wollte das Mädchen wissen.
    »Er gehört zur Führungsspitze der PLO. Wenn der schwedische Sicherheitsdienst mit der Führung der PLO Verbindung aufzunehmen sucht, wird es erstens zu einer Art diplomatischen Angelegenheit. Wir beginnen eine Zusammenarbeit, könnte man sagen. Und wenn er mir die Auskünfte gibt, wird die Wahrscheinlichkeit geringer, daß er mich anlügt, denn dann liegt mehr Prestige in der Sache. Zum erstenmal arbeiten wir nicht mit den Israelis zusammen, sondern mit euch. Das ist eine politische Veränderung und ebensosehr eine politische Frage wie eine der Polizeiarbeit.«
    Die beiden Palästinenser blickten sich an, nickten und lächelten fein. Sie schienen den Gedanken sofort akzeptiert zu haben.
    »Das hört sich ganz vernünftig an, aber du siehst hoffentlich ein, daß wir auf ein paar Widerstände stoßen werden, vielleicht sogar unüberwindliche Widerstände. Die Sicherheitsaspekte dürften jetzt etwas anders aussehen, wie dir vielleicht klar ist?« sagte der Mann, der sich Michel nannte.
    »Ja, aber das muß ich akzeptieren. Für mich ist nur das eigentliche Ergebnis wichtig«, erwiderte Carl beinahe munter, weil er das Gefühl hatte, daß sich alles in die richtige Richtung entwickelte.
    »Aber du begibst dich jetzt aufs Glatteis«, sagte das Mädchen und betonte dabei jedes Wort, »denn wenn du vom Mossad bist, endet es damit, daß du selbst und nicht Abu al-Houl oder ein anderer von uns getötet wird.«
    »Aber du möchtest trotzdem gerade Abu al-Houl sehen«, ergänzte der Mann, der sich Michel nannte.
    Carl nickte.
    Der Mann sagte schnell und unverständlich etwas auf arabisch zu der Frau, die sich erhob und hinausging. Sie nahm die Handtasche mit der Pistole mit, aber im selben Moment zog der Mann, der sich Michel nannte, eine eigene Waffe, die er neben sich auf die Armlehne des Sessels legte.
    »Wir werden eine kleine Reise machen«, erklärte er nach einer Weile, »und hier im Zimmer werde ich nicht sehr viel mehr darüber sagen.

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