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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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geblieben; es stand wie ein ironisches, trotziges Mahnmal über der blauen Wasserfläche.
    Das Mittelmeer war unveränderlich blaugrün. Von dort draußen waren seit seinem letzten Besuch in Beirut zweimal amerikanische Marineinfanteristen an Land gegangen. Die Israelis waren dreimal ins Land eingedrungen, einmal sogar bis in die Stadt. Die militärische Abwehr der PLO war so geschwächt, daß die Flüchtlingslager nicht mehr geschützt werden konnten, und darum war es in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren zu Massakern gekommen. Erst hatten die christlichen Milizen zugeschlagen, dann die Israelis, dann schiitische Milizen. Vielleicht waren insgesamt zehntausend Palästinenser umgebracht worden, seitdem Carl und die Genossen das Beirut besucht hatten, in dem die PLO in dem aufreibenden Kampf um den Libanon einer der stärksten militärischen Faktoren gewesen war. Heute war die PLO vermutlich eine der militärisch schwächsten Gruppen, die zudem die größte Zivilbevölkerung zu schützen hatte.
    Die Organisation, für die Carl auf dieser zweiten Beirut-Reise arbeitete, unterstützte vorbehält und kompromißlos Israel. Wenn es ihm gelingen sollte, auch auf dieser zweiten Beirut-Reise einen Kontakt mit der PLO herzustellen, warum sollten sie ihn dann nicht als israelischen Agenten betrachten?
    Er war gezwungen, ständig in Bewegung zu bleiben; sobald er stehenblieb, wurde er von bettelnden Kindern umringt. Er ging zum Hotel Zurück - niemand war in seinem Zimmer gewesen, wie er feststellte - und zog sich Jeans an. Dann legte er sich aufs Bett und blickte lange an die Decke, ohne zu denken oder zu träumen.
    Der schwedische Arzt erschien siebzehn Minuten zu spät bei Wimpy’s. Carl, der sich noch nicht wieder an die Gewohnheiten des Nahen Ostens angepaßt hatte, hatte sich schon überlegt, einfach wegzugehen. Den anderen schien seine Verspätung jedoch nicht im mindesten zu stören, dagegen wirkte er nachdenklich und durch Carls Anliegen beunruhigt.
    »Woher soll ich wissen, wer du bist, und daß du nicht darauf aus bist, für mich und meine Genossen irgendeine Teufelei auszuhecken? Und wenn der Brief von Ponti nun eine Fälschung ist?« waren seine ersten Worte, als er sich einen weißen Kunststoffstuhl heranzog.
    Carl wußte die Offenheit zu schätzen. Er war sicher, diesen ersten Schritt bewältigen zu können. Probleme würde es erst später geben können.
    Er erzählte von dem Mord an Folkesson und der vorläufigen Arbeitshypothese der Sicherheitsabteilung, daß es sich um eine Palästinenser-Operation gehandelt habe (Carl vermied es, die Verfolgung Erik Pontis zu erwähnen). Jetzt aber sei es angebracht, weitere Kreise zu ziehen.
    Falls es eine palästinensische Operation irgendeiner Abweichler-Fraktion gewesen sei, könne das nicht im Interesse der PLO liegen, und daher sei es für sie vielleicht interessant, sich an der Jagd auf den Mörder zu beteiligen.
    Auf jeden Fall müßten Ergebnisse erzielt werden. Vier Genossen - ja, Carl verwendete unbekümmert dieses Wort - der Palästina-Bewegung seien gegenwärtig festgenommen worden, obwohl es dazu eigentlich keine Gründe gebe. Sobald sich jedoch neue Spuren ergäben, könne man sie vielleicht freilassen. Überdies könne der Sicherheits und Nachrichtendienst der PLO noch bei einigen anderen Dingen helfen, auf die Carl aber nicht näher einging. Er wolle jedoch mit ihnen in Verbindung treten. Nur das, sonst nichts. Und falls er Carls Identität als schwedischer Sicherheitsbeamter anzweifle, brauche er nur einen bestimmten hochnäsigen Sekretär der schwedischen Botschaft anzurufen.
    Der Arzt überlegte. Er bestellte sich ein belgisches Bier und eine Schale mit Pistazien, bevor er etwas sagte. Aber statt direkt zur Sache zu kommen, begann er von den Schweden zu erzählen, die seit rund zehn Jahren mithalfen, die medizinische Versorgung in Beirut in Gang zu halten. Was er sagte, hatte mit der Sache strenggenommen nichts zu tun, aber Carl unterbrach den Arzt nicht.
    Die Palästina-Bewegung habe immer mit friedlichen, legalen und demokratischen Methoden gearbeitet. Wer sich der öffentlichen Debatte und der Propaganda widmen wollte, tat dies, und wer action wollte, also konkrete Taten, habe immer die Möglichkeit gehabt, sich der medizinischen Hilfsarbeit anzuschließen. Unabhängig von der Kriegslage seien die Bedürfnisse hier ja unendlich. Da sei es widerwärtig, immer die Säpo auf den Fersen zu haben, daß man in Expressen immer wieder lesen müsse, die Säpo

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