Coq Rouge
im Hinblick darauf, woher der Tip über den schwedischen Beamten im Sold des Iran gekommen war. Der Abteilungsleiter der Einwanderungsbehörde war nämlich in einer Voruntersuchung um die sieben terrorismusverdächtigen Palästinenser aufgetaucht, und das mußte nachdenklich stimmen.
Der Mann hatte ein Gutachten für die Regierung und die Reichspolizeiführung geschrieben, in dem er vier der sieben Verdächtigen als klare Terroristenfälle beurteilte. Er begründete dieses Urteil mit den bekannten oder unterstellten früheren Vorhaben des PFLP-General Command in Europa sowie mit einer Analyse der politischen Mittel und Ziele der Organisation.
Ferner hatte er in einem Memorandum an die Regierung die Möglichkeit geprüft, die sieben Palästinenser des Landes zu verweisen. Er hatte untersucht, ob es gesetzliche Vorschriften gebe, die ihrer Ausweisung im Wege stünden, etwa die Möglichkeit, daß man sie im Nahen Osten mit ernsten Repressalien bedrohte oder gar mit Folter und Todesstrafe. Er war zu dem Schluß gekommen, die sieben würden solchen Risiken nicht ausgesetzt sein, weder in dem friedlichen Libanon noch in dem von Israel besetzten Gebiet, auch nicht in Syrien oder Jordanien.
Fristedt gestand, er sei kein großer Kenner der Verhältnisse in diesen Ländern, aber es wirke auf ihn trotzdem nicht überzeugend, was der Mann geschrieben hatte, den sie um zwölf festnehmen sollten.
»Ich begreife immer noch nicht, was das mit der Sache zu tun hat«, knurrte Appeltoft, der sauer und reserviert wirkte, »denn der Umstand, daß unser Flüchtlingsspion ganz allgemein ein Arschloch ist, wirkt dem Verdacht gegen ihn ja nicht direkt entgegen.«
»Nein, darum geht es nicht«, entgegnete Fristedt langsam, »aber ihr wißt doch, woher ich diesen Tip bekommen habe. Kein anderer in der Firma weiß darüber Bescheid, jedenfalls jetzt noch nicht. Und mir kommt es ein bißchen gespenstisch vor, daß uns der Geheimdienst der Sowjetunion einen Burschen auf dem silbernen Tablett liefert, der mit unserer Grundgeschichte offenbar eng zusammenhängt.«
»Wir schnappen ihn uns, und dann werden wir sehen. Wenn er ein Flüchtlingsspion ist, soll er jedenfalls nicht mehr frei herumlaufen«, bemerkte Appeltoft.
»Ja, nehmen wir ihn fest, und dann sehen wir weiter. Wenn du willst, kannst du mitkommen, Hamilton, aber ruf bitte erst in Norwegen an. Heute nachmittag, wenn wir uns um die Festgenommenen kümmern, kannst du zu Sherlock Holmes gehen, um dir deine Ovationen zu holen.«
Fristedt leitete das Unternehmen von der kleinen Polizeiwache aus, die normalerweise nur die Krawallmacher im Hauptbahnhof beobachtete. Jetzt waren alle Kameras bis auf zwei abgeschaltet, die man mit einiger Mühe an ein Videoaufzeichnungsgerät gekoppelt hatte.
Sie waren schon um elf Uhr zur Stelle gewesen, aber wie erwartet tauchte niemand vor der verabredeten Uhrzeit auf. Der Schwede erschien als erster.
Er kam von Klarabergsgatan her, und das Fahndungspersonal dort oben meldete ihn über Funk, eine Minute, bevor er eintrat und sich in dem Selbstbedienungscafe in die Schlange einreihte.
Der Abteilungsleiter der Einwanderungsbehörde nahm sich eine Tasse Kaffee und ging zu einem Tisch in der Nähe der Fenster zu den Bahnsteigen an der Nordseite. Eine der Kameras brauchte nur ein wenig geschwenkt zu werden, um den Cafetisch deutlich zu präsentieren.
»Das sieht gut aus«, brummte Fristedt zu Carl, »er sitzt jedenfalls nicht so, daß er verdeckt ist und hat sich auch nicht in die Nähe des Geländers auf der anderen Seite gesetzt. So kann er nicht ins Lokal hinuntersehen.«
»Wenn sie gehen, werden sie vermutlich tauschen. Der Iraner kommt von der anderen Seite, von unten. Wenn er aber sein Handwerk versteht, geht er geradewegs auf den Klarabergs-Viadukt hinaus und schlimmstenfalls direkt zu einem Auto und verschwindet. Dann stehen wir da mit einem Abteilungsleiter, der nur Geld bei sich hat«, flüsterte Carl, als könnte der Überwachte ihn hören.
»Wie viele Leute haben wir vor dem Eingang am Klarabergs-Viadukt?« fragte Fristedt sofort über Funk.
Dort oben standen zwei Mann und in unmittelbarer Nähe befanden sich weitere zwei. Normalerweise müßte das mehr als ausreichend sein.
Der Iraner erschien wie erwartet wenige Minuten vor zwölf. Er holte sich eine Tasse Tee und ein Butterbrot und tat, als suchte er eine Weile nach einem Platz, bevor er sich zu dem schwedischen Abteilungsleiter an den Tisch setzte, der ihn nicht zur Kenntnis nahm. Im
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