Coq Rouge
Stille mit dem Beweismaterial schnappen, sobald sie das Cafe verließen. Der Schwede würde sicher keinen Krawall machen. Aber der Iraner?
Im Cafe würden zwei Mann von der Fahndungsabteilung sitzen und per Funk zu Fristedt unten in der provisorischen Polizeiwache des Hauptbahnhofs Verbindung halten; die Wache lag am anderen Ende des Gebäudes. Dort würde man die Videoaufnahmen auf Band aufzeichnen. Die Wahl des Lokals ließ vermuten, daß die beiden Männer verschiedene Ein und Ausgänge benutzen würden. Einen von ihnen könnte man mit Leichtigkeit festnehmen, wenn er zu der Bushaltestelle auf dem Klarabergs-Viadukt hinausging. Der zweite würde jedoch im Inneren des Hauptbahnhofs verschwinden, möglicherweise in Richtung U-Bahn. Man sollte die Treppe zum Cafe blockieren und den Mann, der eventuell diesen Weg wählte, schon dort fassen. Wenn der andere jedoch sitzenblieb, würde er von oben vielleicht etwas mitbekommen, je nachdem, wo im Cafe er saß.
Auch das konnte zu Problemen führen.
Also. Wenn der Iraner die Treppe hinunterging und das Treffen als erster verließ, würde man ihn sofort festnehmen. Dann brauchten sie nur noch auf den Schweden zu warten. Aber wenn es umgekehrt verlief? Um die Beweise zu sichern, war es unerläßlich, beide zu ergreifen, den einen mit dem Geld und den anderen mit den Dokumenten. Die Dokumente waren am wichtigsten. Sie mußten sich also unter allen Umständen auf den Iraner konzentrieren.
Carl und Appeltoft erschienen gleichzeitig ein paar Minuten nach acht Uhr morgens. Carl war noch ganz erfüllt von seinen Entdeckungen und Ideen und redete mehr als eine Viertelstunde ununterbrochen.
Der Mörder sei ein Israeli und habe eine von den Israelis eroberte Waffe verwendet. Es sei überdies der gleiche Waffentyp, der schon einmal verwendet wurde. Angesichts der Warnung dieser israelischen Sicherheitsbeamtin, werde das Bild allmählich klarer. Sie hatte tatsächlich vor einem Plan Dalet gewarnt und nicht vor einem arabischen Plan Dal. Daß sie anschließend mehr als unwillig geworden war, nach ihren Andeutungen gegenüber Folkesson noch weiter viel zu sagen, war nicht verwunderlich, wenn man bedachte, wie das Ganze sich entwickelt hatte.
Es gab also zwei offenkundige Probleme. Erstens ging es um die Frage, ob eine Operation überhaupt noch geplant war - denn müßten die Israelis sich nicht zurückziehen, nachdem die Ermordung eines schwedischen Polizeibeamten eine so unerwartete Komplikation gebracht hatte? Vermutlich waren sowohl der Mörder wie seine Helfer um diese Zeit schon in Israel.
Die nächste Frage war peinlicher. Wie zum Teufel waren diese vier Palästina-Aktivisten in der Tinte gelandet? Bei mindestens einem von ihnen konnte man sich schon vorstellen, daß er zu allerlei fähig war, aber auf keinen Fall, daß er mit Israelis zusammenarbeitete.
»Es besteht natürlich die Möglichkeit, daß die Palästinenser in Beirut nicht ganz aufrichtig gewesen sind«, bemerkte Appeltoft säuerlich, »ich meine, es wäre ja nicht total aus der Welt, daß Palästinenser einem alten Sympathisanten wie dir eine Geschichte auftischen, die darauf hinausläuft, daß sie selbst und ihre Freunde unschuldig sind, während die Bösewichter sozusagen auf der anderen Seite stehen.«
»Es gibt zwei Dinge, die wir prüfen müssen«, fuhr Carl fort, ohne sich durch Appeltofts offenkundigen Mangel an Begeisterung irritieren zu lassen, »wir können bei den Norwegern nachfragen, welche Munition in Lillehammer verwendet worden ist. Und vielleicht können wir das Außenministerium irgendwie dazu bringen, bei den Syrern nach der Pistole dieses Majors zu fragen. Wenn beide Angaben übereinstimmen, ist der Tip in Ordnung.«
»Nun ja«, entgegnete Fristedt, »bei den Norwegern nachzuhaken ist eine Sache, das kannst du selbst erledigen, denn du brauchst nur anzurufen und zu fragen. Aber beim Außenministerium und den Syrern dürfte es nicht so einfach sein, denn das müßte Näslund erledigen. Und dazu mußt du ihm die ganze Geschichte offenbaren, und dann wird er vor Freude nicht gerade an die Decke springen. Das läßt sich doch vorhersehen.«
»Du meinst, er würde arabische Mörder vorziehen?«
»Das habe ich nicht gesagt. Außerdem haben wir heute mittag eine Festnahme vor uns. Ich habe erst gedacht, die hätte keinen Zusammenhang mit unserer sonstigen Untersuchung, aber jetzt bin ich da nicht mehr so sicher.«
Hier gab es einen Punkt, der den Männern Kopfzerbrechen bereitete, nicht zuletzt
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