Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
wurde).
    Die gleichzeitig mit den Ausweisungen erfolgte Inhaftierung des »schwedischen Kopfs der Bande«, wie Expressen und Svenska Dagbladet den Gymnasiallehrer Hedlund nannten, sollte dem vermeintlich erfolgreichen Kampf gegen den Terrorismus möglichst viel positive Publizität verschaffen. Ein unglücklicher Ausgang des Haftprüfungstermins - daß der Verdächtige auf freien Fuß gesetzt wurde, da es für seine Mittäterschaft an einem Mord keinerlei Beweise gab - würde in einer Flut von Bildern angeketteter palästinensischer Terroristen auf dem Stockholmer Flughafen Arlanda (mit Polizeizäunen, Hunden, kugelsicheren Westen, et cetera, was mit der Gefahr eines Befreiungsversuches begründet wurde; es war zwar unklar, wer wen befreien sollte und warum, jedoch hatte der Sprecher des Sicherheitsdienstes, Karl Alfredsson, seinen Verbündeten bei der Presse mitgeteilt, die Gefahr eines Befreiungsversuchs sei groß) ertrinken.
    Der Ausgang des Haftprüfungstermins war also unsicher. Denn auch der Anwalt hatte zur sichtlichen Entrüstung des Staatsanwalts und der Sicherheitspolizei Zugang zu den Medien. Der Anwalt verbreitete sich ausführlich, das Ganze sei ein Skandal. Wenn man die Verschwörer des Sicherheitsdienstes von der Leine lasse, sei die Rechtssicherheit gleich Null, und wenn sein Klient Ausländer wäre, hätte man ihn ohne Zögern zum Terroristen abgestempelt, aber jetzt werde das Gericht schwarz auf weiß erfahren, daß die Verdächtigungen haltlos seien.
    Oberstaatsanwalt K. G. Jönsson hatte natürlich verlangt, den Haftprüfungstermin hinter geschlossenen Türen abzuhalten. Die Verteidigung widersetzte sich vehement, da dies bedeuten würde, daß man der Öffentlichkeit nicht erzählen durfte, was vor Gericht geäußert wurde.
    Das Gericht ging wie erwartet auf die Forderung ein, den Haftprüfungstermin mit Rücksicht auf die Sicherheit des Reiches unter Ausschluß der Öffentlichkeit abzuhalten.
    Es kam zu einer langen Sitzung. Nach Ende der Verhandlung ließ sich das Gericht mit der Verkündung seines Beschlusses drei Stunden Zeit: Hedlund werde in Haft genommen, und zwar wegen begründeten Verdachts auf unerlaubten Waffenbesitz sowie wegen des Verdachts, an einer Mordverschwörung mitgewirkt zu haben, alternativ Mittäter bei einem Mord gewesen zu sein.
    Der Anwalt tobte, konnte sich wegen des ihm verpaßten Maulkorbs aber nicht äußern. Er teilte der Presse jedoch mit, das Verfahren sei ein Rechtsskandal, der in seiner fünfunddreißigjährigen Berufspraxis ohne Vorbild sei. Er gedenke daher, sofort beim Oberlandesgericht Berufung einzulegen, und benannte dazu einen neuen Zeugen, nämlich Kriminalkommissar Erik Appeltoft.
    Das Oberlandesgericht kam der Verteidigung in mehreren Punkten zum allgemeinen Erstaunen schon vor der Entscheidung in der Sache entgegen.
    Erstens wurde die Forderung akzeptiert, die Verhandlung möglichst rasch anzusetzen, nämlich mit Rücksicht auf die lange Zeit, die der Inhaftierte schon seiner Freiheit beraubt war.
    Außerdem akzeptierte das Oberlandesgericht eine mündliche Verhandlung sowie den Antrag, daß große Teile der Verhandlung öffentlich sein sollten.
    Schon das war ein verwirrender Beschluß. Er stand im Widerspruch zu allen Erwartungen. Die Haltung des Oberlandesgerichts, die der Öffentlichkeit nie bekannt wurde, beruhte darauf, daß man dort ganz allgemein allem mißtraute, was von der 13. Abteilung des Landgerichts und dem »Spionage-Staatsanwalt« kam. Hinzu kam, daß die Juristen durch ihren internen Hausklatsch von der schwachen Beweislage in der laufenden Terroristen-Affäre schon eine recht gute Vorstellung hatten. Zu allem Überfluß leitete die Präsidentin des Oberlandesgerichts die Berufungsverhandlung persönlich. Juristisch gesehen, würde das Oberlandesgericht also eine demonstrativ klare Entscheidung fällen.
    Es kam daher zu einem glänzenden Tag für den Staranwalt und zu einem grausamen Tag für den Oberstaatsanwalt in Sondersachen, das heißt für den »Spionage-Staatsanwalt« K. G. Jönsson.
    Der Saal war voller Journalisten. Spekulationen und fröhliche Erwartungen einer bevorstehenden Sensation schwirrten durch die Luft, als die Vorsitzende dem sichtlich unangenehm berührten Jönsson, dessen Ohren auf die für ihn typische Weise erröteten, das Wort erteilte.
    Jönssons Darlegung des Sachverhalts war erstaunlich kurz. Einleitend gab er zu, daß der Besitz einer Schrotflinte der Marke Husqvarna im Kaliber zwölf, eines älteren

Weitere Kostenlose Bücher