Coq Rouge
führen kann.«
Der Anwalt schnurrte wie eine Katze, und das war ihm auch anzusehen, als er jetzt seinen nächsten Schritt tat.
»Falls ich Sie recht verstanden habe, Herr Staatsanwalt, ist es also unmöglich, Munition dieses Typs zu beschaffen. Stimmt das?«
Der Staatsanwalt wand sich. Er wollte nicht riskieren, die offensichtlich feindselig eingestellte Gerichtspräsidentin gegen sich aufzubringen.
Folglich war es besser, selbst zu antworten: »Ja, diese Art Munition läßt sich ganz einfach nicht beschaffen. Jedenfalls nicht außerhalb der Sowjetunion«, erwiderte er, ohne auch nur die kleinste böse Vorahnung zu haben.
»Sehr interessant zu hören«, sagte der Staranwalt und ging langsam auf den Tisch der Staatsanwaltschaft auf der anderen Seite des Gerichtssaals zu, während er gleichzeitig in der Hosentasche nach etwas Klirrendem wühlte.
Etwa einen Meter vom Tisch des Staatsanwalts entfernt blieb er stehen und ließ die Spannung im Raum routiniert anwachsen, während er demonstrativ in der Hosentasche wühlte.
»Dies«, sagte er, »ist der gleiche Munitionstyp. Ein Kollege von mir hat diese Patronen gestern in Hamburg gekauft.«
Und damit knallte er sechs Patronen vor dem Staatsanwalt auf die Tischplatte. Im Publikum begannen ein paar Leute Beifall zu klatschen. Die Vorsitzende gebot Ruhe im Saal und wies darauf hin, daß Meinungsäußerungen der Zuhörer nicht erlaubt seien.
Der Staranwalt übergab seine Patronen dem Gericht und zog dann seine entscheidende Karte aus dem Ärmel - diese Patronen würden sich später als etwas unsichere Karte erweisen, da es sich um deutsche Mauser-Munition des Kalibers 7,63 handelte. Der Unterschied zu der russischen Original-Munition machte also einen hundertstel Millimeter aus. Die Munition, die der Anwalt in Hamburg entdeckt hatte, würde sich jedoch ohne weiteres in einer Tokarew verwenden lassen.
Zum Eklat kam es in einem völlig anderen Punkt. Der Anwalt stellte fest, die Staatsanwaltschaft habe nur einen einzigen Grund für ihr Inhaftierungsbegehren, nämlich den Besitz, den die Verteidigung bestreite, russischer Munition. Es verhalte sich jedoch erstens so, daß Hedlunds Wohnung sofort nach seiner Festnahme durchsucht worden sei, und später, wie die Verteidigung erfahren habe, noch einmal. Und erst bei der dritten Hausdurchsuchung bei Hedlund wolle die Polizei das belastende Material gefunden haben. Und selbst wenn man in mancherlei Hinsicht die Effektivität der schwedischen Sicherheitspolizei in Zweifel ziehen könne, seien deren Angehörige jedoch nicht solche Tölpel, daß sie zweimal hintereinander einen derart interessanten Fund übersehen würden. Es gebe also zweitens Grund zu der Annahme, daß die fragliche Munition nach Hedlunds Festnahme in dessen Wohnung geschmuggelt worden sei, und zwar von jemandem, der aus unbekanntem Anlaß einen Haftgrund habe schaffen wollen, den diese Husqvarna-Flinte nicht liefern könne, was die Staatsanwaltschaft ja schon liebenswürdigerweise zugegeben habe.
Um ihre Ansicht in diesem Punkt zu erhärten, was eigentlich nicht notwendig sein solle, rufe die Verteidigung jetzt ihren Zeugen auf, Kriminalkommissar Erik Appeltoft.
»Aha«, sagte die Vorsitzende, »dann schlage ich vor, daß wir mit der Einvernahme des Zeugen weitermachen.«
Sie gab dem Gerichtsreferendar ein Zeichen, den Zeugen hereinzurufen. Der Referendar stellte den Lautsprecher an und rief den tief unglücklichen Erik Appeltoft in den Saal.
Appeltoft trat in den Zeugenstand und mußte seinen vollständigen Namen und seine Anschrift nennen - hier protestierte jedoch die Staatsanwaltschaft, die Adresse Reichspolizei in Stockholm genüge -, und darauf sprach die Gerichtspräsidentin den Eid vor, mit dem Erik Gustaf Sebastian Appeltoft gelobte und versicherte, die ganze Wahrheit zu sagen und nichts zu verschweigen, hinzuzufügen oder zu verändern. Dann durfte Appeltoft sich setzen, während ihn die Vorsitzende auf den Ernst der Eidesformel hinwies.
Anschließend verlangte die Staatsanwaltschaft, die Einvernahme des Zeugen müsse unter Ausschluß der Öffentlichkeit erfolgen, eine Forderung, auf die sich das Gericht sofort einließ.
»Aha«, sagte der Staranwalt, als sich nur noch sechs Personen im Saal befanden, die sich als Beamte der Sicherheitspolizei herausstellten, »darf ich mit der Frage anfangen, was Sie als Kommissar mit der laufenden Ermittlung zu tun haben?«
»Ich gehöre zu der Gruppe, die mit den Mordermittlungen betraut worden
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