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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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in Stockholm erzählt. Du bist auch ein Gesprächsthema gewesen, obwohl ich nicht viel mehr weiß als das. Aber jetzt wollen wir von etwas anderem reden. Ja, bitte?«
    »Warum hast du die Unwissende gespielt, und warum erzählst du mir das jetzt?« beharrte er.
    »Ich habe mich entschlossen, dich nicht anzulügen, nicht mal in Kleinigkeiten. Ich respektiere dich nämlich zu sehr.«
    Diese letzte Bemerkung machte sie laut und lachte gleichzeitig auf, als sie mit noch lauterer Stimme und außerhalb des Duschstrahls hinzufügte, sie könne das aber nicht als Problem im Bett ansehen. Dann nahm sie Shampoo aus ihrem Kulturbeutel. Sie seiften sich gegenseitig ein und begannen, sich zu liebkosen. Als aller Schaum abgespült war, blieben sie unter dem strömenden Wasser stehen und küßten sich. Als Carl ihren geschmeidigen Körper in den Armen hielt, fühlte er sich zunehmend überzeugt, daß er - ob nun mit oder ohne Tonbandgerät - wohl in der Lage sein würde, dem Sicherheitsdienst zu geben, was des Sicherheitsdienstes war, und der Liebe, was der Liebe war.
    Ihr Haar war noch naß, als sie das Bad verließen und auf das Bett zugingen. Sie entfernten die rosafarbene Tagesdecke. Shulamit verführte ihn ohne Schwierigkeiten, zunächst jedoch ganz behutsam.
    Zwei Tage später kam es bei der 13. Abteilung des Landgerichts Stockholm zu einem Haftprüfungstermin. Die Verhandlung wurde in dem großen, dem sogenannten Terroristensaal geführt. Am selben Tag waren vier des Terrorismus verdächtige Palästinenser des Landes verwiesen worden, drei nach dem Libanon, einer nach Libyen.
    Der vierte Palästinenser war nach Libyen ausgewiesen worden, da er staatenlos war. Sein letzter Wohnsitz war Ramallah im Gebiet des von Israel besetzten oder annektierten westlichen Jordan-Ufers. Damit war ein schwieriges juristisches Problem entstanden. Wenn man nämlich einen Palästinenser nach Israel ausweist, dazu an einen schwedischen Kriminalinspektor gekettet, während man ihn gleichzeitig zum Terroristen stempelt, bleibt unklar, welche juristischen Folgen sich für den Betroffenen in Israel ergeben. Einerseits war es unwahrscheinlich, daß die Israelis einen mit dem Etikett »Terrorist« versehenen Palästinenser frei herumlaufen lassen würden. Andererseits könnten sie ihn ohne Anklagegründe nicht vor Gericht stellen. Und da es nach israelischem Recht keinen Anklagepunkt gab, nicht einmal nach einem der sehr weitgehenden israelischen Ausnahmegesetze für palästinensische Terroristen, hatte sich die israelische Botschaft in Stockholm die Lieferung diskret verbeten.
    Der Verdächtige selbst wußte nicht um diesen Sachverhalt, da die israelische Bitte von den schwedischen Behörden mit Rücksicht auf eine fremde Macht zur Geheimsache erklärt worden war. Der Verdächtige hatte bei seiner Verteidigung vielmehr geltend zu machen versucht, daß eine Ausweisung nach Israel lebenslange Haft und Folter mit sich bringen werde, und daher sei es gegen schwedisches Recht, ihn dorthin auszuweisen.
    Nach schwedischem Recht war er jedoch Terrorist. Das heißt, das schwedische Recht verlangt nicht, daß ein Terrorist ein Terrorist ist, um Terrorist zu sein, es genügt vielmehr, daß er bloß des Terrorismus verdächtig ist. Und ein Verdächtiger wird so definiert, daß er verdächtig ist und damit folglich zum Terroristen wird.
    In dieser Hinsicht ist die schwedische Gesetzgebung sehr viel strenger als die irgendeines vergleichbaren Landes. Gewöhnlich sind Beweise nötig, um jemanden als Terroristen zu verurteilen. Auch in Israel.
    Aber da der Verdächtige ein Terrorist war, da der schwedische Sicherheitsdienst ihn im Verdacht hatte, mußte er des Landes verwiesen werden. Dies verlangte überdies die Vorschrift der Gleichbehandlung, da man auch seine Genossen ausgewiesen hatte. Er durfte sich daher das Land selbst aussuchen. Er schlug zunächst England vor, weil er dachte, er habe die freie Wahl. Freie Wahl des Landes bedeutete jedoch bloß das Recht, ein Land zu wählen, das ihn nicht sofort wieder an Schweden oder Israel ausliefern würde, was sofort passiert wäre, wenn man ihn, an einen Kriminalinspektor gekettet, auf dem Londoner Flughafen Heathrow abgeliefert hätte.
    In der Praxis blieben ihm folglich nur zwei Länder, eventuell drei. Er wählte Libyen und wurde darauf, an einen schwedischen Kriminalinspektor gekettet, nach Tripolis geflogen (wo er wahrscheinlich von dem libyischen al mochabarat in Empfang genommen und zum Terroristen umgeschult

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