Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Sie setzte für ihre Überzeugung ihre ganze Existenz aufs Spiel, ging ein enormes Risiko ein, da sie jetzt zum zweitenmal eine geheime Operation verriet, die von den Streitkräften Israels geplant wurde, und ihr ganzes Verhalten machte einen kompakten Eindruck von Mut und ideologischer Prinzipientreue, und zu allem Überfluß war sie noch sehr schön.
    Gerade dies war eine Tatsache, die Carl entschlossen zu leugnen versuchte.
    Er hatte versucht, sie als Offizier zu sehen, als Verbündete, als »Quelle« oder Informantin, als alles mögliche, nur nicht als erotisch anziehende Frau.
    Was sie jedoch in allerhöchstem Maße war.
    Carl war die Liebe als liebloses Spiel bislang viel zu leicht gefallen. Frauen, die er kaum kannte, waren für ihn Konsumgut gewesen, Nachtisch, Zeitvertreib oder Trainingspartner, aber Liebe war nie im Spiel gewesen.
    Entweder liebte man ganz bewußt mit einer Frau, die man auch sonst liebte, oder man vögelte eine Verkäuferin mit Rolex-Uhr, die man kurz vor der Polizeistunde im Cafe Opera abschleppte. Shulamit Hanegbi war jedoch weder das eine noch das andere, und er respektierte sie zu sehr, um sie einfach nur zu vögeln, und er liebte sie nicht, da er sie kaum kannte. Mit diesen Überlegungen geriet er in eine Zwickmühle und hatte schließlich das immer stärkere, unangenehme Gefühl, daß er vermutlich gar nicht können würde.
    Das Hotelzimmer wurde von einem großen Doppelbett mit einer rosafarbenen Tagesdecke beherrscht. Jemand war im Zimmer gewesen und hatte ihre Sachen zurechtgerückt. Es mußte eine Putzfrau gewesen sein oder jemand, der deutlich zeigen wollte, daß er dagewesen war. Shulamit warf den Verschluß ihrer Maschinenpistole in die Reisetasche, in der sie die Waffe aufbewahrte; es war eine sinnvolle Sicherheitsmaßnahme, Verschluß und Waffe zu trennen, wenn man die Waffe in einem Hotelzimmer zurückließ, obwohl es Carl immer noch schwerfiel zu akzeptieren, daß es hier natürlich war, wenn junge Liebespaare automatische Waffen bei sich trugen oder daß sie aus dem Reisegepäck hervorragten, wenn man sich ein Hotelzimmer nahm. Er begriff noch immer nicht, warum sie bewaffnet erschienen war, und hatte vergessen, sie zu fragen.
    Shulamit zog sich schnell aus und warf ihre Kleider auf den Fußboden. Wie selbstverständlich ging sie nackt an ihm vorbei, betrat das Badezimmer und stellte die Dusche an. Er selbst blieb unsicher, grübelnd und unentschlossen mitten im Zimmer stehen. Dann zog er sich zögernd aus und folgte ihr ins Bad. Sie stand schon unter der Dusche. Er schluckte und trat zu ihr in die Duschkabine. Sie hatte die Langustenschwänze ins Waschbecken geworfen.
    Carls Rücken war von der ungewohnten Sonne heiß geworden, und als das laue Wasser sein Haar durchspülte und über das Gesicht lief, hatte er einen salzigen Geschmack im Mund. Er stand vor ihr, und sie wandte das Gesicht dem strömenden Wasser zu und schloß die Augen. Hier in der Duschkabine konnte man unmöglich hören oder aufzeichnen, was sie sagten, das mußte ihr klar sein. Er beugte sich über sie und legte den Mund ganz dicht an ihr Ohr.
    »Ich habe das Gefühl, als würde ich hier nicht können, ich mag dich viel zu sehr, ich respektiere dich zu sehr«, flüsterte er.
    Sie schlug kurz die Augen auf und warf ihm einen amüsierten, fast spöttischen Blick zu.
    »Die Panne mit deinem Preßluftgerät hast du bewältigt, wie es den meisten anderen nicht gelungen wäre«, erwiderte sie, ohne auf seine seltsame Entschuldigung einzugehen.
    »Ich bin ausgebildeter Marinetaucher, das ist also nichts Besonderes«, entgegnete er mürrisch.
    »Ich weiß«, flüsterte sie, als sie sich plötzlich auf die Zehenspitzen stellte und den Mund an sein Ohr hielt, »du bist kein Sicherheitsmann, du bist beim Nachrichtendienst, und unsere Leute haben dir einen Decknamen gegeben, den du noch gar nicht kennst. Coq Rouge.«
    Er faßte sie bei den Schultern und schob sie ein Stück von sich. Sie hielt jedoch ihr völlig ausdrucksloses Gesicht immer noch unter den Wasserstrahl. Als er seine Verblüffung überwunden hatte, beugte er sich wieder vor und hielt den Mund an ihr Ohr.
    »Als wir die Sachen mieteten, hast du so getan, als ob du nicht wüßtest, daß ich Marinetaucher bin. Und woher weißt du das andere?«
    »Das hat mir mein Onkel erzählt. Es hat irgendwo in Europa eine Konferenz gegeben, bei der unsere Leute mit euren Bossen gesprochen haben, und die haben etwas von einem bevorstehenden arabischen Terroranschlag

Weitere Kostenlose Bücher