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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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zwangsläufig auf die Streitkräfte beschränkt blieben, und jetzt seien alle Posten besetzt, wie es hieß, und da Schweden nun mal Schweden ist, so sind auch Angehörige des Nachrichtendienstes durch verschiedene gewerkschaftliche Bestimmungen und Kündigungsschutzgesetze gesichert, die darauf hinauslaufen, daß jeder lebenslänglich angestellt ist, wenn er es erst mal geschafft hat, einen Vertrag zu ergattern.
    Die militärische Führung hatte den Spezialrekruten des Alten mit einer gewissen Skepsis betrachtet, obwohl die auf der Apfelplantage verabredete Anrechnung der amerikanischen Ausbildung erfolgt war. Carl Hamilton war zwar der Mann des Alten, hatte aber auch eine kommunistische Vergangenheit. Die Herren sagten etwas vage, man werde eine geeignete Vakanz abwarten.
    Damit war Carl Abteilungsleiter in der Sicherheitsabteilung der Reichspolizeiführung geworden, mit besonderen Arbeitsgebieten in der EDV-Einheit. Das war in doppelter Hinsicht eine Ironie, einmal wenn man die Art der Ausbildung in San Diego bedachte, zum andern wenn man sich den Status des Abteilungsleiters als Sicherheitsrisiko für das System vor Augen führte, in dem er jetzt selbst saß, für das System, mit dem er umging, das er modernisierte und an die neue Technik anpaßte.
    Carl ging also davon aus, daß die Ausbildung in San Diego in der Praxis nie erprobt werden würde. Nach zwei Jahren als Abteilungsleiter schien diese Prognose völlig natürlich zu sein.
    Sie war jedoch falsch. Innerhalb von zehn Stunden würde er Waffen gebrauchen, innerhalb von drei Wochen würde er vier Menschen töten.
    Er hatte sich reichlich verspätet und mußte in Bergsgatan, Polhemsgatan und Kungsholmsgatan mehrere Runden drehen, bis er einen Parkplatz fand.
    Er parkte, ohne eine Münze in die Parkuhr zu stecken; es wäre doch zwecklos gewesen, da die Politessen aus unergründlicher Prinzipientreue gerade die Blocks um die Polizeihäuser auf Kungsholmen unter besonders sorgfältiger Bewachung hielten, so daß Polizeibeamte, die aufgrund ihres niedrigen Dienstgrads keinen Anspruch auf einen Platz in der Tiefgarage des Polizeihauses hatten, wie die Eichhörnchen rein und raus laufen mußten, um die Parkuhren mit Münzen zu füttern. Und - jedenfalls nach Carls persönlicher Erfahrung - früher oder später konzentrierten sie sich so unglücklich auf die Verbrechensbekämpfung, daß sie das Hinauslaufen vergaßen und damit in der Falle saßen. Er selbst bezahlte neuerdings lieber die Strafzettel - bündelweise.
    Er betrat das Gebäude der Reichspolizeiführung durch den Haupteingang an Polhemsgatan, versuchte mit einem einfachen Gruß an dem ABAB-Wächter vorbeizukommen, wurde aber natürlich zum siebten oder achtenmal in diesem trüben Dezember gezwungen, die Plastikkarte mit dem kleinen Reichswappen vorzuzeigen; er fuhr mit dem Fahrstuhl in den Keller und ging durch den Gang zum nächsten Gebäude und nahm dort den Fahrstuhl bis zum zweithöchsten Stockwerk.
    Home sweet home, knurrte er, als er an der Glas und Stahltür den Code eingab. Auf dem Weg durch den Korridor mit den weißen Wänden und den eigentümlichen Bildern (das war ein Einfall dieses Kunstclubs) und den verstaubten, großblättrigen Topfpflanzen machte er zwei Beobachtungen.
    Der gelbbraune Kokosfaser-Teppich war voller Matsch und Fußspuren - hier schienen heute morgen schon viele Leute herumgelaufen zu sein. Und ganz hinten im Korridor stand eine Gruppe von Männern mit Kaffeebechern in den Händen, und mehrere Türen standen offen. Das war ungewöhnlich.
    Jeder Beamte im Sicherheitsdienst ist verpflichtet, beim Verlassen seines Dienstzimmers die Tür zu schließen. Die Leute standen nicht draußen im Flur und quatschten, wenn nichts Besonderes passiert war, beispielsweise ein entscheidendes Eishockey-Endspiel.
    Carl betrat sein Zimmer direkt, ohne das Zimmer der Abteilungssekretärin zu passieren; er mochte nicht zeigen, daß er sich verspätet hatte. Er schloß seinen zwei Meter hohen Panzerschrank auf und entdeckte zu seiner Zufriedenheit, daß er sich richtig erinnert hatte. Dort unten standen ein paar trockene Schuhe. Er streifte Schuhe und Strümpfe ab, wrang die Strümpfe über dem Papierkorb aus und hängte sie auf den Heizkörper. Dann drückte er den Knopf seiner Gegensprechanlage zur Sekretärin.
    »Guten Morgen, Britta, besser spät als nie. Heute, glaube ich, bin ich mit dem Kaffee dran«, sagte er und erwartete keine besondere Antwort.
    »Du mußt sofort zu Näslund rauf, die

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