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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erwarten dich im Konferenzraum C 1«, erwiderte sie in einem Tonfall, als sollte er vors Kriegsgericht.
    Er seufzte und sah nur auf seine nackten Füße. Dann nahm er die Strümpfe von der Heizung, zog sie widerwillig an und bewegte ein wenig die Zehen, bevor er die Füße in die trockenen Schuhe steckte.
    Auf dem Weg nach draußen schaute er bei der Sekretärin vorbei.
    »Was will Näslund, ist was passiert?« fragte er mit der Hand auf dem Türgriff.
    »Hast du denn nichts gehört«, sagte sie fast tonlos, »man hat Axel Folkesson erschossen, du weißt, den Sektionschef von Büro B.«
    Er blieb mit der Hand am Türgriff stehen.
    »Folkesson erschossen? Ist er tot? Wer denn, wann und wo?«
    Sie schüttelte nur den Kopf. Es sah aus, als kämen ihr die Tränen. Er ging schnell eine Treppe hinauf und blieb eine Weile beim Eingang hängen, weil sein Code in diesem Stockwerk nicht funktionierte. Nach einer Minute kam ein Kollege vorbei und ließ ihn ein.
    Im Konferenzraum saßen sechs Männer an dem ovalen, gemaserten Birkenholztisch mit den tomatenfarbenen Lederstühlen. Am einen schmalen Ende saß der Chef von Büro B, Henrik P. Näslund, in der Praxis der eigentliche Chef der schwedischen Sicherheitspolizei, da sein Büro für die entscheidenden Aufgaben zuständig war, die Jagd auf Spione und Terroristen. Zwei der anderen Männer erkannte Carl als Kollegen von der Sicherheitspolizei. Die anderen drei kannte er gar nicht, aber sie waren ohne Zweifel Polizeibeamte.
    Näslund brachte Carls einleitende Versuche, die durch das morgendliche Verkehrsgewühl verursachte Verspätung zu entschuldigen, mit einer irritierten Handbewegung zum Schweigen. Es herrschte eine eigentümliche Stimmung im Raum.
    »Okay«, sagte Näslund, »dann fangen wir an. Wir müssen also zwei parallel laufende Ermittlungen anlegen und die Ergebnisse hier in meiner Abteilung zusammenführen. Falls du die Kollegen noch nicht kennst, Hamilton, dies sind Ljungdahl, Persson und Assarsson vom Dezernat für Gewaltverbrechen, und dann Fristedt, der in derselben Abteilung gearbeitet hat wie Folkesson, und dann Appeltoft von der Ermittlungseinheit.«
    Die fünf Männer nickten Carl mürrisch zu.
    »Nun, wie euch klar sein dürfte, hat diese Angelegenheit Priorität vor allem anderem«, fuhr Näslund fort, »und wenn ich Priorität sage, dann meine ich es auch. Nichts darf dieser Sache vorgehen.«
    Die fünf Polizeibeamten, oder die sechs, wenn man Carl Hamilton dazuzählte, die jetzt hier saßen und dem Chef von Büro B zuhörten, hätten sich unter normalen Umständen kaum an einen Kaffeetisch gesetzt.
    Drei von ihnen waren gewöhnliche Polizisten und Ermittlungsbeamte, und angesichts der Natur dieser Angelegenheit durfte man davon ausgehen, daß sie zu den besten des Landes gehörten. Und solche Polizisten haben normalerweise keine hohe Meinung von ihren vornehmeren Vettern in der Sicherheitsabteilung, besonders nicht von jüngeren Sicherheitsbeamten mit akademischem Hintergrund statt fünfzehnjähriger Polizeipraxis, und Carl Hamilton war nur zu offenkundig so ein Taugenichts.
    Und bei der eigentlichen Firma, also bei der Sicherheitspolizei, sah es nicht viel besser aus. Arne Fristedt und Erik Appeltoft waren beide Kriminalkommissare, die auf der Ochsentour Karriere gemacht hatten. Sie waren erst zehn bis fünfzehn Jahre lang gewöhnliche Polizeibeamte der üblichen Laufbahn gewesen und dann nach dem alten Modell handverlesen und in die Firma berufen worden, nach dem alten Ritus, demzufolge nur besonders gute Beamte rekrutiert wurden. Sie gehörten also zu der älteren Schule. Solche Sicherheitsleute waren Polizeibeamte und keine Volljuristen, die den Quereinstieg als Abteilungsleiter mit dieser neumodischen Erfindung geschafft hatten, die vor allem Näslund so weit entwickelt hatte, daß die Firma allmählich einem Seminar für jüngere Akademiker ähnelte.
    Zumindest aus der Perspektive der älteren Polizeibeamten. Die jüngere Gruppe, zu der die Anwesenden jetzt mit gewissem Recht auch Carl zählten, pflegte eine Abwehrhaltung gegen dieses Vorurteil einzunehmen, verstanden sie sich doch kraft ihrer besseren und moderneren Ausbildung und möglicherweise auch ihrer größeren Intelligenz wegen eher als die alten Kommißbullen als Repräsentanten eines modernen Sicherheitsdienstes.
    Aus diesen Gründen hätten die sechs Männer sich unter normalen Umständen nie vorstellen können, gemeinsam an einem Kaffeetisch zu sitzen.
    Bei allen Polizisten jedoch,

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