Coq Rouge
einzureden, daß alles nur ein Scherz sei, irgendein subtiler militärischer Test seiner Zuverlässigkeit oder was auch immer, aber wahr könne es nicht sein.
Es klang vollkommen unsinnig. Der Nachrichtendienst hatte es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, alle möglichen Organisationen zu unterwandern, angefangen bei gewöhnlichen ehrlichen FNL-Gruppen vom Lande bis hin zu radikalen Studentenorganisationen, unter denen natürlich auch die Clarté war; der Nachrichtendienst hatte persönliche Daten schwedischer Palästina-Aktivisten an Israel verkauft, er hatte »gewerkschaftliche Unruhestifter« gejagt und die Mitglieder aller verdächtigen Organisationen wie der Clarté registriert, als wären sie irgendwelche potentiellen Landesverräter. Oder etwa nicht? Ging man jetzt tatsächlich und ernsthaft davon aus, daß Carl so ohne weiteres in diesen Geheimdienst hineinspazieren würde, wenn man ihn nur riefe?
DA verlor weder die Geduld noch die Beherrschung. Er hielt einen langen Vortrag.
Erstens enthielten diese überall herumschwirrenden Pressemeldungen über die sogenannte Unterwanderung mehr als nur eine Halbwahrheit. Zweitens müsse man sich klarmachen, daß dieses Blatt Folket i Bild/Kulturfront nur die Bereiche der nachrichtendienstlichen Tätigkeit beschrieben habe, gegen die man protestieren wollte. Das sei an und für sich so sympathisch wie verständlich. Das Ergebnis sei aber unglücklicherweise ein grotesk verdrehtes Bild der Arbeit insgesamt.
Der Nachrichtendienst sei ein wichtiger Teil der Landesverteidigung, und seine Hauptaufgaben bestünden wahrlich nicht darin, Leute zu registrieren, die vor den staatlichen Schnapsläden mit Sammelbüchsen klapperten. In der operativen Abteilung habe es zwar einige solcher Aktivitäten gegeben, aber dabei habe man in erster Linie das Ziel verfolgt, die Operateure beschäftigt zu halten (hier hörte Carl zum erstenmal das Wort »Operateur«).
Die einzige wesentliche Aufgabe des Nachrichtendienstes bestehe darin, als eine Art Fühler des Landes zu arbeiten und Kenntnisse über militärische oder paramilitärische Tätigkeiten zu erwerben, die sich gegen Schweden richteten oder richten könnten. Wie gesagt.
Und jetzt sei man dabei, die Abteilung neu aufzubauen, jetzt würden Teile der militärischen Führung sowie die regierende bürgerliche Koalition Militärs vorgerückten Alters in die Organisation einschleusen. Das sei nicht gut.
Und gerade bei der Schaffung einer neuen Generation von Operateuren gebe es ein spezielles Problem. Die Achillesferse der früheren Organisation sei zugegebenermaßen der Mangel an kompetenten Operateuren gewesen. Es gebe in Schweden keine geeigneten Ausbildungsmöglichkeiten, und hätte es sie gegeben, hätte das übrigens nur direkt zu Beschwerden beim Justiz-Ombudsmann und bei der Zeitung Expressen und zu nationalem Wehgeschrei über ungeeignete und häßliche Methoden sowie zu anderem geführt, was der neuen Organisation nicht gerade zum Vorteil gereicht hätte.
Aber hier haben wir doch einen angehenden Reserveoffizier, nicht wahr?
Nun, dann sei es vielleicht an der Zeit, den Vorschlag zu konkretisieren.
Es geht also um die Funktion als Operateur in der neuen, künftigen Organisation. Dafür gebe es in Schweden keine geeignete Ausbildung, und die werde es aus den genannten Gründen auch nicht geben können. Es gebe aber eine sehr konkrete Möglichkeit, nämlich folgende.
Carl werde ein Stipendium für eine Ausbildung in Staatswissenschaft und Datentechnik an der University of Southern California erhalten, und zwar bei einer Fakultät außerhalb von San Diego. Die Ausbildungszeit werde normalerweise mit drei bis vier Jahren veranschlagt. Alles werde vom Verteidigungsministerium bezahlt, obwohl es sich offiziell um ein gewöhnliches amerikanisches Universitätsstipendium für begabte ausländische Studenten handele. Carl werde mit seiner Universitätsausbildung zeitlich jedoch erheblich ins Hintertreffen geraten.
Dafür werde man ein gewisses Verständnis haben, etwa wie bei bestimmten Spitzensportlern.
Man werde ihn nämlich für eine etwas kompliziertere Ausbildung bei einer Spezialschule der US-Navy und des FBI in San Diego einschreiben lassen.
Hier gebe es die vermutlich beste Ausbildung von Operateuren in der ganzen Welt, zumindest jedoch der westlichen Welt. Das Angebot umfasse bis auf weiteres beide Ausbildungen.
Und mit einem nur einmonatigen Aufbaukurs an einer gewöhnlichen amerikanischen Militärakademie werde
Weitere Kostenlose Bücher