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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Terroristen-Seminar teilgenommen, das insgeheim von Libyen finanziert wurde, und sich zwei Monate in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufgehalten, natürlich »aus unbekanntem Anlaß«. Er war der einzige der vier, dem direkte Terroristen-Kontakte nachgewiesen werden konnten. Aber dann blieb immer noch ein großes Fragezeichen hinter dem einjährigen Aufenthalt seiner Frau/Freundin in Beirut.
    Es bestand also die Möglichkeit, daß Anneliese Ryden etwas davon erfahren hatte, was dieser Anders Hedlund plante, und daß sie Folkesson anonym einen Tip geben wollte.
    Aber wenn man sie jetzt zusammen mit den anderen festnahm?
    Würde sie sich dann nicht sperren und sich mit ihren Genossen solidarisieren, würde ihr nicht klar sein, daß es herauskommen würde, wenn sie ihre Genossen unter solchen Umständen verpfiff?
    Es wäre besser, sehr viel besser gewesen, sie einfach nur zu befragen. Aber Näslund war ein Idiot. Es war traurig, daß ein so empfindliches Unternehmen wie die Firma von einem Idioten geführt wurde. Aber so war es. Und dagegen ließ sich nichts machen.
    Appeltoft sehnte sich nach der Zeit als gewöhnlicher Polizist zurück, das gestand er sich ohne Umschweife ein. Aber jetzt war es zu spät.

6
    Es war drei Minuten vor vier. Draußen war es noch völlig dunkel, aber es regnete nicht mehr. Carl konnte unten auf der Straße nur die Lichtreflexe einer Straßenlaterne hinten an der Ecke erkennen. Im Haus gegenüber waren alle Fenster dunkel, und so war es seit zweieinhalb Stunden. In einer bestimmten Zwei-Zimmer-Wohnung im dritten Stock war das Licht zuletzt ausgemacht worden, und genau dort würde es auch zuerst wieder angehen.
    Im Zimmer hinter ihnen saß ein entzückter Rentner im Morgenrock und hielt sein Versprechen, sich still zu verhalten wie eine Maus; man hätte ihn ohnehin nicht aus dem Haus jagen können, denn es war seine Wohnung.
    Arnold Ljungdahl erhielt per Funk die knisternde Mitteilung, die Aktion oben in Uppsala beginne wie geplant. Die Nachricht lautete kurz »Ebba Grün zu fahrplanmäßiger Abfahrt bereit«.
    »Mir gefällt das nicht, mußt du wissen«, flüsterte Ljungdahl in der Dunkelheit, »und frag dich mal selbst, dann wirst du schon sehen.«
    Carl antwortete nicht. Ljungdahl leitete das ganze Unternehmen, und Carl fühlte sich eher wie ein Zuschauer. Der Sinn des Vorhabens war ihm weitgehend unklar, und da war es besser, den Mund zu halten.
    »Jedenfalls ist uns das Tränengas erspart geblieben«, brummte Ljungdahl und griff nach seinem Walkie-talkie.
    »Weißt du, daß Näslund ursprünglich Tränengas einsetzen lassen wollte? Ich meine, wenn eure Terroristen wirklich so gefährlich sind, würden sie sich Gasmasken aufsetzen, ihre Waffen nehmen, und dann wäre der Teufel los. So ist es auf jeden Fall besser, glaub mir.«
    »Ich glaub’ dir alles«, erwiderte Carl.
    »Los, Verband Nummer eins, Ebba ist grün«, sprach Ljungdahl in sein Funksprechgerät. Dann war eine Minute lang, die wie eine Ewigkeit erschien, nur Stille zu hören.
    Ein kleiner Dodge-Bus fuhr brummend vor dem gegenüberliegenden Hauseingang vor und hielt. Die Scheinwerfer gingen aus. Fünf Gestalten, die wie Taucher aussahen, torkelten aus dem Heck des Busses auf die Straße und rückten auf die Eingangstür zu. Es war ein leises Rasseln zu hören. Carl traute seinen Augen nicht.
    Nachdem sie kurz an der Tür gefummelt hatten, verschwanden die fünf Taucher im Haus, und dann folgte wieder eine ewig lange, einminütige Stille.
    »Gruppe eins vor Ort«, fauchte es aus Ljungdahls Empfänger.
    »Los, Gruppe zwei«, befahl Ljungdahl in seinen Sender. Es wiederholte sich in etwa die gleiche Prozedur.
    Als die zweite Einsatzgruppe meldete, man sei bereit, erteilte Ljungdahl den Befehl zum Losschlagen. Fünf Sekunden später donnerten schwarzweiße Polizeiwagen mit eingeschalteten Sirenen und blitzendem Blaulicht die Straße hinunter.
    Die folgenden Szenen würde Carl Hamilton, Offizier und Gentleman, niemals vergessen.
    Anneliese Ryden hatte immer einen leichten Schlaf, wenn sie zuviel rauchte. Sie hatten sich am vorhergehenden Abend bei Wein und Unmengen Zigaretten zusammengesetzt und die Frage hin und her diskutiert, was zu tun sei. Die antiarabische Propaganda in der Presse schien nach dem Polizistenmord orgiastische Exzesse zu feiern. Sie hatten vergeblich versucht, Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen anzurufen, und ein paar Leserbriefe verfaßt, die vermutlich nie abgedruckt wurden.
    Ihr war nicht klar, warum sie

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