Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Osten, verstehen Sie?«
    »Nein.«
    »Also, es würde herauskommen. Im Nahen Osten bleibt nichts geheim.
    Wenn wir einen solchen Vorstoß unternehmen, wird im Lauf einer Woche in fünf Hauptstädten des Nahen Ostens bekannt sein, daß der sowjetische Nachrichtendienst den Weg einer Waffe verfolgt, die in Stockholm eingesetzt worden ist. Das birgt Risiken in sich. Verstehen Sie jetzt?«
    »Ja.«
    »Gut. Wenn Ihnen die Angelegenheit sehr wichtig ist, müssen sie wieder an mich herantreten. Die Nachricht, die ich Ihnen geben kann, sieht also so aus, daß die Waffe im September 1973 an die syrische Armee geliefert worden ist, daß es eine militärische Waffe ist, daß in Syrien nur Offiziere diese Waffe verwenden sowie daß sie vermutlich bei den Panzerverbänden oder der Armee gelandet ist. Haben Sie das verstanden?«
    »Ja, verstanden.«
    Sie waren auf einem kleineren Weg am Djurgärds-Kanal gelandet und standen in der Nähe einer Straßenlaterne. Fristedt betrachtete den mageren russischen Nachrichtenoffizier. Die Situation hatte etwas Unwirkliches an sich.
    »Ich werde mir die Sache durch den Kopf gehen lassen und danke Ihnen für Ihre Angaben. Und was diesen Beamten bei der Einwanderungsbehörde betrifft, werden wir versuchen, ihn zu schnappen, und damit würde ich gern um die … Angaben bitten.«
    »Auf Wiedersehen, Herr Kommissar«, sagte der Russe, gab Fristedt die Hand, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in die Dunkelheit.
    Fristedt blieb stehen und blickte völlig konsterniert hinter ihm her. Was war nun mit diesem Mann, der Angaben über Flüchtlinge verkaufte?
    Fristedt ging auf die Djurgärds-Brücke zu. Das Wetter war scheußlich; er zog den Mantel enger und steckte beide Hände in die Taschen.
    In der rechten Manteltasche steckte ein Umschlag.
    Abdelkader Mashraf saß, die Knie bis zum Kinn hochgezogen, auf der grünen, mit Kunststoffgewebe bezogenen Pritsche und starrte mit leerem Blick auf die drei Meter entfernte Stahltür ohne Türgriff. Es fiel ihm schwer, seine katastrophale Lage zu überdenken, und seine Gemütsverfassung schwankte angesichts dessen, was jetzt vermutlich in Form von Gefängnis oder schlimmstenfalls Ausweisung nach Gaza, in Wahrheit also nach Israel auf ihn wartete, zwischen Selbstmitleid und Demütigung: das, worauf er schon so lange gefaßt war und wovon er so viel phantasiert hatte, war am Ende also eingetroffen, jedoch ganz anders.
    Er hatte immer gesagt, lebendig werde er sich nie ergeben, er, Abdelkader Latif Mashraf, sei nicht so ein Jammerlappen wie seine kleinen Brüder, die mit Flugblättchen herumliefen und glaubten, man käme mit Propaganda und Demokratie und Diskussion weiter. Der verfluchte Zionisten-Agent, der Abdelkader Latif Mashraf zu nahe komme, werde an den falschen Palästinenser geraten. Was hatte er doch geprahlt - jetzt, nachträglich, würden es ja alle so betrachten -, er werde nicht zögern, wenn die Stunde gekommen sei. Er hätte liebend gern gezeigt, daß er ein gefährlicher Mann war, ein Mann, der eine Waffe trug und dem man tunlichst aus dem Weg ging.
    Und er hatte auch nicht gezögert, er hatte es immerhin versucht. Es war nur so, daß alles so schnell ging, daß er nicht zum Zug kam, obwohl sein Revolver weniger als eineinhalb Meter entfernt lag und obwohl er sich auf das Sofa gestürzt und die Hand unter das nächste Sitzkissen gesteckt hatte, als er draußen im Flur etwas hörte. Er hatte den Revolvergriff schon in der Hand, als er einsah, daß es zu spät war.
    Über ihm stand der israelische Agent - er hielt ihn zunächst dafür - und richtete einen schwarzen Revolver direkt auf sein Gesicht, also einen Revolver und keine Pistole, wie sie die schwedische Polizei verwendet.
    Außerdem hatte der Mann englisch gesprochen, und obwohl Abdelkader nicht jedes Wort verstand, war der Inhalt unmißverständlich: Eine einzige kleine unvorsichtige Bewegung der Hand, die du da unter das Kissen hältst, dann stirbst du, mein Junge. Kapiert? Na, schön vorsichtig jetzt. Ganz langsam ziehen wir jetzt die Hand raus, dann werden wir sehen, was wir da haben …
    Im nächsten Augenblick war er irgendwie zu Boden geschlagen worden, lag auf dem Rücken und sah den eigenen Revolver auf sich gerichtet. Der andere hatte höhnisch über die Waffe gelacht: Ach so, mein Junge, du hältst dich wohl für Clint Eastwood. Eine 44er Magnum, was? Und wie hättest du dich auf den Beinen halten wollen, wenn diese Kanone losgeht? Also los, wo sind die Dinger? Du hast fünf

Weitere Kostenlose Bücher