Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
Manieren nachsehen und diese ›Dame‹ kennen lernen. Und welche Gelegenheit wäre besser, Whitmore als völlig verarmt zu entlarven, als ein Besuch des Lordschatzkanzlers?«
In diesem Augenblick kam der Hauptmann zurück und hielt mit breitem Grinsen vor seinem Herrn.
»Es ist Wein, Mylord – und zwar reichlich.«
Eloise suchte gemeinsam mit den Nonnen den ganzen Tag nach Stoffen, die nicht ans Kloster gemahnten. In den Truhen der ehemaligen Haushälterin fanden sie ein paar Ballen Wolltuch von guter Qualität, die sie in Eloises ehemalige Kammer trugen, um dort neue Kleider für sie zu entwerfen. Eloise bedauerte, dass die Schwestern bereits am folgenden Morgen abreisen mussten, um nach Canterbury zu pilgern, wo sie vor ihrer Rückkehr ins Kloster das Osterfest in der dortigen Kathedrale feiern wollten.
»Ich wünschte, Ihr könntet bleiben«, sagte Eloise und ergriff Schwester Archibaldas Hand. »Aber lasst mir doch wenigstens Clemmie noch ein Weilchen hier. Die Äbtissin hätte sicher nichts dagegen einzuwenden.«
Schwester Archibalda wedelte traurig mit der Hand und sah Maria Clematis an, die das Kinn reckte und versuchte, tapfer zu sein.
»Ach, Elly, ich bin dir ja nur zur Last gefallen. Ich … ich muss heimkehren.« Durch einen Tränenschleier sah sie auf ihre gefalteten Hände. »Sieh mich doch nur an … ich bin eine Katastrophe.«
Ihr Habit, einst schwarz und schmuck, war jetzt verschossen und am Saum durch vergebliche Reinigungsbemühungen befleckt. Der Wimpel war ausgefranst, der Schleier vom wiederholten Waschen und Trocknen ungleichmäßig eingelaufen. Das blasse Gesicht war in Folge von Staub- und Sonneneinwirkung und wer weiß von was sonst noch von rötlichen Pusteln und Sommersprossen übersät. Die Hände waren rot, rissig und wund vom Scheuern der Kapelle, und der Fuß war noch geschient, um den heilenden Zeh zu schützen. Am schlimmsten aber war, dass ihr das Habit jetzt lose um die Schultern hing. Eloise hatte nicht bemerkt, wie sehr die Freundin inzwischen abgemagert war.
»Ihr seid jetzt verheiratet, Eloise«, sagte Schwester Archibalda mitleidig lächelnd. »Ihr braucht eine Zofe und Gesellschafterin, keine Anstandsdame aus dem Kloster.« Sie streichelte ihr die Wange.
»Maria Clematis ist nicht für das weltliche Leben geschaffen«, fuhr sie fort. »Sie gehört ins Kloster, wo alles ruhig und geordnet zugeht und jeder Tag gleich abläuft. Ihr dagegen habt Euren Platz in der Welt, Eloise. Hier seid ihr aufgeblüht. Die Herausforderung, die dieser Mann und dieser Ort an Euch stellen, spornt Euch an. Und Ihr werdet hier von Tag zu Tag hübscher.«
Tränen rannen über Eloises Gesicht, und in der ganzen Kammer blieb kein Auge trocken. Sie umarmten und drückten sich und nahmen zärtlich voneinander Abschied. Aus ihren Segenswünschen klang so viel Zuversicht und Bewunderung, dass Eloise es vorzog, aus ihrem Herzen eine Mördergrube zu machen.
Wie sehr es sie doch danach verlangte, mit ihnen nach Canterbury zu reisen und dann in die Geborgenheit und das gleichförmige Leben im Kloster zurückzukehren. Doch das war unmöglich. Selbst wenn sie irgendwie ihr Ehegelübde hätte rückgängig machen und die Äbtissin überreden könnte, sie wieder aufzunehmen … wie würde sie denn je der Leidenschaft für Peril of Whitmore entsagen können, die sie bis ins Mark erschütterte? Wie könnte sie diese Ehe je wieder trennen, die sie im siebten Himmel und dennoch mit irdischem Vergnügen geschlossen hatten?
Was geschehen ist, lässt sich nicht ungeschehen machen, erkannte Eloise, als sie und die Schwestern sich gegenseitig Mut zusprachen. Ihren Kummer offen auszusprechen hätte Maria Clematis und den anderen bei ihrem Aufbruch am nächsten Morgen nur das Herz schwer gemacht.
Also trocknete Eloise ihre Tränen und verbarg ihr Herzeleid hinter einem zur Schau getragenen Tatendrang. Den Rest des Tages halfen ihr die Nonnen beim Schneidern, sie traf sich mit den Köchinnen, um für das bevorstehende Osterfest zu planen, und sie machte mit den Klosterschwestern die Runde auf dem Gut, damit sie ihre neue Heimat kennen lernten.
Als die Sonne sank, führte sie sie in die Weberei, wo sie ihnen die Arbeit zeigte, die die Oberweberin auf dem neuen französischen Webstuhl begonnen hatte. Sie trafen Edythes freimütige Tochter Rose, die zwar im heiratsfähigen Alter, wenn auch nicht sonderlich begeistert von den Partien war, die auf dem Gut für sie infrage kamen.
»Zum Weben hat sie auch keine
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