Cora Historical Gold - 129 - Die Novizin
Weihrauch- und Kerzenduft, kniete sie am Seitenaltar nieder. So viele Ängste, so viele Erwartungen, so viel Segen … das Herz floss ihr über, es fiel ihr schwer, die richtigen Worte zu finden. Zum ersten Mal seit Jahren spürte sie, dass sie eine Aufgabe hatte und einen wertvollen Platz im Orden einnahm. Die Äbtissin zollte ihren Bemühungen endlich Anerkennung und zählte jetzt darauf, dass sie einen Auftrag erfüllte, der über das Wohl und Wehe einer jungen Maid und eines hohen englischen Herrn entscheiden sollte.
»Danke, dass du Seine Lordschaft in unser Kloster geführt hast«, betete sie, »und dass du mir die Möglichkeit gibst, mich zu beweisen. Hilf mir, Seine Lordschaft gerecht und einfühlsam zu beurteilen und deinen heiligen Willen bezüglich seiner Braut zu erfüllen.« Dann fügte sie noch schaudernd hinzu: »Und wenn möglich … lass ihn irgendwo leben, wo man nicht reiten muss.«
Die Steine des Innenhofs glänzten nass und dunkelgrau, nachdem in der Nacht ein leichter Regen gefallen war. Durch den schweren feuchten Nebel und die Kälte des Vorfrühlings schien alles lauter als sonst zu klingen, das Quietschen und Knarren von Lederriemen, Gesprächsfetzen der Berittenen, das unruhige Schnauben und Stampfen der Pferde, die der ungewohnte Müßiggang unruhig machte. Inmitten der wartenden Reiter stand ein hölzerner Karren mit einem Korb voller Proviant und zwei kleinen Truhen. Bendick, der alte Stallknecht, machte sich an dem Geschirr zu schaffen, das er schon an die Dutzend Mal überprüft hatte, während er das behäbige scheckige Grautier, das den Karren ziehen sollte, mit leisen Verwünschungen anzutreiben suchte. Fetzen von »Na, wirst du wohl!« und »Tückischer alter Heide!« hörte man in Bendicks näherer Umgebung.
Peril stöhnte innerlich, als er sich von dieser Szene abwandte und seinen stellvertretenden Befehlshaber, Hauptmann Michael of Dunneault, ansah, der die Augen verdrehte. Die Glocken hatten schon vor einiger Zeit zur Terz geläutet, aber sämtliche Insassen des Klosters lagen immer noch auf den Knien und murmelten Gebete. Der Tag wäre halb um, bevor sie die Tore geöffnet und das Meer erreicht hätten. Die Flut würden sie dann verpassen. Wenn sie keine Unterkunft fänden, würden sie im Regen und im Schlamm kampieren, und zweifelsohne würde diese »Gattengutachterin« ihm das persönlich ankreiden. Er würde schon mit Minuspunkten belastet in diese Prüfung gehen …
»Frühlingswetter!« brummte er mit Blick auf die niedrig hängenden Wolken, die vorüberzogen. Da gab es doch immer nur Regen und Schlamm und Fisch – immer nur Fisch – zum Nachtmahl. Es blieb ihm ein Rätsel, warum sich manche auf diese Jahreszeit freuten …
Stimmen kamen aus dem Eingang, und er richtete seine Aufmerksamkeit dorthin. Plötzlich strömten lauter Nonnen in ausgeblichenen, ehemals schwarzen Gewändern herbei, darunter zwei Gestalten in Tiefschwarz in Begleitung der Äbtissin. Sie führte ihm die Schwestern direkt zu.
»Mylord, darf ich Euch die Gutachterin, Schwester Eloise, vorstellen?«
Er war überrascht. Die Nonne war viel jünger als erwartet. Und als sie sich respektvoll vor ihm verbeugte, meinte er, sie von irgendwoher zu kennen. Er nickte und versuchte, in ihrem faltenlosen Gesicht einen Hinweis auf die Torturen zu lesen, die er um ihretwillen würde erleiden müssen. Aber sie senkte den Blick auf ihre mit Rosenkranzperlen umwickelte Hand, so dass er sich bemüßigt fühlte, seine Aufmerksamkeit ihrer Gefährtin zuzuwenden.
»Und Schwester Maria Clematis, die ihr hilfreich zur Seite stehen wird. Sie werden für die nächste Zeit Eure Gäste sein. Ich muss Euch um Eurer Wort bitten, dass Ihr sie wie Euren Augapfel behüten und schützen werdet. Denn sie halten den Schlüssel zu Eurem Eheglück in Händen, Mylord.«
Er sollte beschwören, dass die beiden nicht zu Schaden kommen würden? Hielt sie ihn etwa für einen Heiden? Es brauchte einen Augenblick, bis er seinen ersten Impuls unterdrückte und ihn durch etwas Höflicheres ersetzte.
»Ich werde sie mit Leib und Leben verteidigen«, stieß er hervor, und in seinen Augen flammte Empörung. »Ich vermute, dass jener Wagen dort für die beiden sein soll. Das tut allerdings nicht Not. Ich werde ihnen Pferde besorgen, dann kommen wir schneller vorwärts.«
»Der Wagen ist unser übliches Fortbewegungsmittel«, erklärte diejenige, welche zur Gattenprüferin bestellt war – wie hieß sie doch gleich noch?
»Sie können
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