Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
kratzte sich am Nacken. »Sitz
nicht so herum«, forderte er Adam auf. »Teil die Karten aus.«
Adam begann sie zu mischen.
»Eigentlich wollten Keith und ich mit dir reden«, bemerkte er gelassen.
Jeff schaute mißtrauisch von einem
Bruder zum anderen. »Worüber?«
»Über deine Ehe«, erklärte Keith
freimütig. »Wir haben das Gefühl, als wäre eine Einmischung allmählich angebracht.«
Jeff errötete. »Ach nein?«
»Du wirst Fancy verlieren, wenn du
so weitermachst«, sagte Adam, während er Karten ausgab. »Willst du das, Jeff?«
Jeff lehnte sich zurück und nahm das
Glas Whiskey in die Hand, das er den ganzen Abend nicht angerührt hatte. Düster
schüttelte er den Kopf. »Die Sache ist mir aus der Hand geglitten. Ich habe
keine Ahnung, wie ich alles wieder in Ordnung bringen könnte.«
»Als erstes solltest du wieder in
dein eigenes Haus zurückkehren«, war Keith' Vorschlag. »Du mußt nachgeben,
Jeff. Laß Fancy ein bißchen Freiheit.«
Jeff kratzte sich seufzend an der
Schulter. »Du meinst, ich sollte also nicht nach Seattle fahren und sie am Kragen
von diesem Protestmarsch entfernen?« fragte er mit verlegenem Grinsen.
»Verdammt — eine Woche ist eine lange Zeit.«
»Zeit genug, um dir auszudenken, was
du ihr sagen willst«, erwiderte Keith vernünftig.
Adam war erleichtert, weil er an
diesem Abend zum ersten Mal eine gewisse Nachgiebigkeit bei Jeff feststellte.
»Willst du Karten?« wandte er sich an Keith.
Der Prediger schüttelte den Kopf.
»Ich kann nicht bleiben. Eine Frau und ein Paar warme Pantoffeln warten auf
mich.«
»Du Glückspilz«, murmelte Jeff.
»Amen«, fügte Adam hinzu.
Es war ein warmer, sonniger Morgen, und der Dampfer
sollte in einer Stunde ablegen. Während Quinn noch eine ernste Unterhaltung mir
Mary führte, ging Melissa in die nahe Redaktion einer großen Zeitung.
»Kann ich Ihnen behilflich sein,
Madam?« rief ihr ein Angestellter über den unerträglichen Lärm zu, der in dem
großen Raum herrschte.
»Ich möchte mich nur einmal
umsehen!« antwortete Melissa.
Der Mann nickte. »Bleiben Sie den
Druckerpressen fern — Sie könnten sich verletzen!«
Melissa schaute sich gründlich um,
und als sie das Gebäude verließ, trug sie eine brandneue Ausgabe der Seattle
Times unter dem Arm. Im Hotel konnte sie es kaum erwarten, Quinn zu
erzählen, was sie gesehen und gehört hatte.
Er wirkte müde und abgespannt, tiefe
Schatten lagen unter seinen Augen, und doch hörte er sich Melissas Bericht
aufmerksam an. Irgendwann fiel ihr sein Aussehen auf, und sie unterbrach sich
beschämt. »Entschuldige, Quinn. Ich habe dich nicht einmal nach Mary gefragt.
Fährt sie mit uns zurück, oder bleibt sie hier?«
Er seufzte. »Sie bleibt und geht zur
Schule zurück.«
Melissa schob ihre Hand unter Quinns
Arm und begleitete ihn zur wartenden Kutsche. »Vielleicht kommt Mary nach
diesem Schuljahr nach Port Riley zurück«, sagte sie tröstend.
Quinn antwortete nicht und schien so
besorgt, daß auch Melissa schwieg, bis sie den Hafen erreichten. »Wünscht du
noch immer, wir brauchten nicht zurückzukehren?« fragte sie ihren Mann, als er
den Kutscher bezahlte.
Endlich schien Quinn aus seiner
Versunkenheit aufzutauchen. Lächelnd drückt er Melissas Hand. »Nein, Kleines.
Mit dir an meiner Seite werde ich mit allem fertig.«
Melissa war erfreut. »Ich kann es
kaum erwarten, meine Zeitung zu gründen«, sagte sie glücklich.
Quinn lachte und führte sie in den
Salon, aber lange blieben sie dort nicht, dafür war das Wetter viel zu schön.
Erst zum Mittagessen kehrten sie in den geräumigen Speisesaal zurück.
Melissa schlug die Zeitung auf, und
ihr Blick fiel sofort auf eine Schlagzeile: »Betrug im Seattler Justizsystem
entdeckt.«
Ein merkwürdiges Unbehagen erwachte
in Melissa, während sie den Artikel las.
»Was hast du?« fragte Quinn. »Du
bist ja leichenblaß!«
Melissa entzog ihm ihre Hand und
legte sie an ihren Hals. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. »Mein Gott!«
flüsterte sie entsetzt. »O Goa!«
»Melissa!«
Sie legte die Zeitung auf den Tisch,
schaute Quinn an und fragte sich, wie er solch schöne Worte sprechen und sie so
zärtlich lieben konnte, obwohl sein Herz ganz finster war und nur Böses in ihm
wohnte. Sie versuchte zu sprechen, brachte jedoch kein Wort heraus und
vielleicht war das gut so, wenn man bedachte, wie überfüllt der Raum war ...
Quinn nahm die Zeitung und überflog
die Titelseite. »Was ...?«
»Wie gut du dich verstellen
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