Cordina's Royal Family 1-4
dem Geigerzähler messen kann. Der Rest ist Mathematik. Wenn die Strahlungsquelle tot ist, verliert sie Radioaktivität … warum führe ich hier eigentlich Selbstgespräche?”
„Was?” Sie hatte aus dem Fenster geschaut und richtete jetzt ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Entschuldigen Sie. Es ist nur so wunderschön hier. Das ist mir bei dem Unwetter ganz entgangen. Dieses herrliche Grün. Die Landschaft erinnert mit all diesen Hügeln fast ein bisschen an Irland.”
Hinter einer Baumgruppe erhaschte sie ein Glitzern, wahrscheinlich Sonnenstrahlen, die auf einer Wasseroberfläche tanzten. „Und so eine himmlische Ruhe.”
„Das ist genau das, was die Menschen an diesem Teil Vermonts am meisten lieben. Wir mögen keine Menschenmassen und keinen Lärm. Wer auf so etwas steht, sollte besser nicht ins NOK, sondern nach Westen zum Lake Champlain fahren.”
„Das NÖK?”
„Das nordöstliche Königreich.”
Darüber musste sie lächeln. Dann war sie also für einige Zeit einem Fürstentum entschlüpft, um in einem Königreich zu landen. „Leben Sie schon immer hier?”
„Mit Unterbrechungen.”
Als sie sich einer überdachten Brücke näherten, rief sie aus: „Oh, wie hübsch!”
„Sie bringt einen über den Fluss”, sagte Del sachlich, aber insgeheim ließ er sich von ihrer Begeisterung anstecken. Manchmal vergaß er, sich umzuschauen und sich an der Schönheit, die ihn umgab, zu freuen.
Sie fuhren über die Brücke auf einen hinter den sanften grünen Hügeln aufragenden weißen Kirchturm zu. Es war die reinste Bilderbuchlandschaft.
Und auch die Stadt selbst, die mit ihren schnurgeraden Straßen, dem kleinen Park und den verwitterten Backsteingebäuden so akkurat angelegt war wie ein Brettspiel, wirkte wie aus einem Bilderbuch.
Camilla wünschte sich, durch diese Straßen zu bummeln, die Geschäfte zu durchstreifen und die Menschen zu beobachten. Vielleicht in irgendeinem kleinen Restaurant zu Mittag zu essen oder besser noch, mit einem Eis in der Hand weiterzuschlendern.
Del fuhr in eine Parklücke und hielt an. „Da drüben ist ein Supermarkt”, erklärte er, während er aus seiner Brieftasche mehrere Geldscheine nahm und sie ihr in die Hand drückte. „Kaufen Sie, was Sie brauchen. Ich fahre inzwischen zur Werkstatt und erkundige mich nach Ihrem Wagen. Ich gebe Ihnen dreißig Minuten.”
„Oh, aber wir können doch nicht…”
„Und bringen Sie auch ein paar Plätzchen mit”, unterbrach er sie und versetzte ihr einen sanften Schubs.
Sie stieg wortlos aus, dann stand sie, die Hände in die Hüften gestemmt, da, und beobachtete aus zusammengekniffenen Augen, wie er davonfuhr.
Der Mann war wirklich unmöglich! Kommandierte und schubste sie herum und unterbrach sie mitten im Satz. Sie war noch nie in ihrem Leben derart unhöflich behandelt worden.
Es war ihr ein Rätsel, warum sie ihn trotzdem mochte.
Aber auch wenn er sich auf den Kopf stellte, würde sie sich hier trotzdem ein bisschen umsehen, bevor sie sich von ihm für eine weitere Woche in seine Höhle schleifen ließ. Entschlossen straffte sie die Schultern und machte sich auf den Weg.
In dem adretten Neu-England-Städtchen gab es zwar kein Pfandleihhaus, dafür entdeckte sie einen Juwelier mit einer schönen Auslage, den sie sich als eine Möglichkeit vormerkte, ihre Uhr zu verkaufen, falls es notwendig werden sollte.
Sie betrat eine Drogerie. Da man dort die Augencreme, die sie normalerweise verwendete, nicht führte, nahm sie, was sie bekommen konnte. Außerdem kaufte sie ein paar Duftkerzen und eine Duftmischung aus getrockneten Blüten und Kräutern.
Ein Antiquitätengeschäft stellte sich als wahre Fundgrube heraus. Es war schmerzlich, an dem alten Tintenfass aus Kristall und Silber vorübergehen zu müssen. Es wäre ein hübsches Geburtstagsgeschenk für ihren Onkel Alex gewesen, aber der Preis überstieg ihr derzeitiges Haushaltsbudget, und sie wollte es nicht riskieren, mit der Kreditkarte zu bezahlen.
Dafür entdeckte sie einige interessante Flaschen zu einem annehmbaren Preis, bei denen sie nicht lange überlegte. Sie eigneten sich perfekt als Vasen für Wildblumen und Zweige und würden sich in der Hütte gut machen.
Der Verkäuferin, einer Frau mit einem dunkelblonden Pferdeschwanz in Camillas Alter, war nicht entgangen, dass ihre Kundin einen Moment vor dem Tintenfass gezögert hatte. Während sie die Flaschen sorgfältig einpackte, sagte sie lächelnd: „Das Tintenfass stammt aus dem neunzehnten
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