Cordina's Royal Family 1-4
huschte ein Schatten. „Manche von uns stümpern ewig herum und machen tausend Sachen, bis sie irgendwann begreifen, dass sie eigentlich gar nichts haben.”
„Du kommst mir aber nicht wie ein Stümper vor.”
„Hm. Effizienz kann manchmal auch ein Fehler sein. Und wenn man nicht ab und zu eine freie Minute hat, sieht man weder seine Schwächen noch seine Stärken. Man vergisst nicht nur, wer man ist, sondern auch, wer man sein will.” Sie lächelte zu ihm auf, dann drehte sie sich wieder um und legte ihren Kopf in seinen Schoß. „Deshalb liebe ich es hier, weil es mir hilft, mich zu erinnern.”
„Und wer bist du, Camilla?”
Sie verstand, dass er eine Antwort wollte – eine ehrliche. Aber alles in ihr sträubte sich dagegen, diesen Augenblick zu zerstören. „Eine Frau, die nicht wieder vergessen will”, antwortete sie deshalb ausweichend. Sie nahm sich eine Pflaume, biss hinein und hielt sie ihm dann hin. „Ich liebe es, mit dir allein zu sein, Delaney.”
Und sie würde ihnen beiden den Rest des herrlichen, faulen Tags schenken, bevor sie Camilla von Cordina erlaubte, sich zu ihnen zu gesellen.
Er versuchte sich in Geduld zu üben, aber Geduld gehörte nicht unbedingt zu seinen Stärken. Er war sich sicher gewesen, dass sie bereit war, ihm zu vertrauen, doch das war offensichtlich eine Fehleinschätzung gewesen.
Wie schaffte man es, dieser Frau etwas über sich selbst zu entlocken? Sie war extrem verschwiegen, was ihre Person anbelangte, während die meisten anderen Leute glaubten, einem beim geringsten Anlass gleich ihre ganze Lebensgeschichte erzählen zu müssen.
Sie hingegen hatte nur ein paar vage Andeutungen gemacht. Und das war es dann gewesen.
Das zerrte an seinen Nerven, und ihm würde nichts anderes übrig bleiben, als noch ein bisschen nachzubohren. Und dann würde er klarstellen müssen, dass sie … dass er …
Er hatte noch nie im Leben einer Frau gesagt, dass er sie liebte. Es war noch nie ein Thema für ihn gewesen, geschweige denn ein Problem. Jetzt war es beides.
Er könnte einfach in die Küche gehen und damit herausplatzen, dann hätte er es wenigstens hinter sich. Es wäre etwa so, als ob man sich einen Verband mit einem einzigen schmerzhaften Ruck abrisse. Oder er könnte sie beide behutsam an die neue Situation heranführen, Stück für Stück – so wie man ganz langsam in einen kalten See stieg, damit sich der Körper allmählich an den Schock gewöhnte.
,Ich bin gern mit dir zusammen’, könnte er beispielsweise beginnen und dann fortfahren: ,Vielleicht solltest du dir ja überlegen, einfach zu bleiben.
Dann könnte er warten, bis sie das verarbeitet hatte, um sie anschließend beide auf die Du-bedeutest-mir-etwas-Ebene zu hieven.
Dazu würde sie bestimmt etwas zu sagen haben. Sie hatte immer etwas zu sagen. Wer hätte sich je vorstellen können, dass er ihr so gern zuhörte?
Und wenn sie das dann in allen Einzelheiten besprochen hätten, könnte er den Schlusspunkt setzen.
„Ich liebe dich.” Er zuckte zusammen, als er sein eigenes Gebrummel hörte, und sein Blick glitt zur Küche. Es klang ja nicht einmal nach ihm. Die Worte hörten sich aus seinem Mund absolut fremd an.
Er versuchte es noch einmal. „Ich liebe dich.” Er atmete aus. Beim zweiten Mal klang es schon deutlich besser.
„Und jetzt erzähl mir, in was für Schwierigkeiten du steckst. Ich kümmere mich darum, und dann sehen wir weiter.”
Ganz einfach, entschied er. Direkt und hilfsbereit. Frauen mochten es, wenn man ihnen half.
Lieber Himmel. Um das durchzustehen, brauchte er vorher einen doppelten Whiskey.
„Ich weiß, es ist spät.” Camilla, die sich den Hörer zwischen Wange und Schulter eingeklemmt hatte, schaute auf ihr Handgelenk, bevor ihr klar wurde, dass ihre Uhr weg war. Ein kurzer Blick auf die Küchenuhr sagte ihr, dass es in Cordina jetzt ein Uhr morgens war. Kein Wunder, dass Marian verschlafen klang.
„Macht nichts. Ich habe nur geschlafen.”
„Es tut mir Leid. Wirklich. Aber ich muss es einfach jemandem erzählen.”
„Okay, lass mich nur schnell wach werden. Wann kommst du nach Hause?”
„Bald. Versprochen.”
„Du hast den ersten Anprobetermin für dein Ballkleid versäumt. Deine Schneiderin war ernsthaft verärgert.”
„Ballkleid?” Es dauerte einen Moment, bis bei ihr der Groschen gefallen war. „Ach so, der Herbstball. Bis dahin ist doch noch jede Menge Zeit. Marian, ich habe mich verliebt.”
„Das sagst du, aber wenn du erlebt hättest, wie
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