Cordina's Royal Family 1-4
wird sich in dem Moment ändern, wo sie ihr Gedächtnis wiedergefunden hat.“
„Und doch wollen Sie ihr helfen, das zu erreichen.“
„Sie muss es wiederfinden“, antwortete Reeve schlicht. „Sie leidet.“
Alex sah die Fotografie wieder an. „Ich weiß es.“
„Wirklich? Wissen Sie, wie schuldig sie sich fühlt, weil sie sich der Menschen nicht erinnert, die auf ihre Zuneigung warten? Wissen Sie, welche Ängste sie aussteht, wenn sie wieder einen der Träume hat, die sie an den Rand der Erinnerung bringen und sie dann doch wieder im Ungewissen lassen?“
„Nein.“ Alexander ließ den Kugelschreiber fallen. „Brie vertraut sich mir nicht an. Ich glaube, ich begreife jetzt, warum. Und ich verstehe jetzt auch, warum mein Vater so großes Vertrauen zu Ihnen hat.“ Alexander fühlte sich plötzlich hilflos und unzufrieden. „Sie hat Träume?“
„Sie erinnert sich an Dunkelheit, an Stimmen und an ihre Angst.“ Reeve fiel der Traum mit dem Messer ein, aber er verlor kein Wort darüber. Das sollte Gabriella selbst erzählen.
„Es ist nicht viel mehr als das.“
„Jetzt begreife ich eine Menge mehr.“ Wieder sah Alexander Reeve direkt an. „Sie haben das Recht, meine Fragen abzulehnen, Reeve, aber ich habe das Recht sie zu stellen.“
„Wir sind in beiden Punkten einer Meinung.“ Reeve stand auf und beendete so das Gespräch. „Erinnern Sie sich stets daran, Alexander, dass ich alles in meinen Kräften Stehende tun werde, um die Sicherheit Ihrer Schwester zu gewährleisten.“
Alex erhob sich und trat vor Reeve hin. „Auch darüber sind wir beide einer Ansicht.“
Es war schon spät, als Reeve eine heiße, wohltuende Dusche nahm. Er hatte den Abend damit verbracht, Gabriella zu einer Einladung zu begleiten, bei der man sie mit Fragen wegen der Hochzeit bestürmt hatte. Wann sollte sie sein, wo, wer wäre anwesend? Wie viele Gäste, wie schnell, wie bald?
Wenn Gabriellas Lage sich nach dem Ball nicht entscheidend gebessert haben sollte, würde es schwer sein, die Vorbereitungen für die Hochzeit noch länger als Vorwand für mangelnde Pläne zu nehmen.
Jetzt brauchen wir unbedingt ein fiktives Hochzeitsdatum, dachte Reeve, und ließ sich das Wasser über Kopf und Rücken laufen. Wenn sich die Situation nicht bald ändern würde, dann stünden sie prompt vor dem Altar, nur um die Klatschbasen zum Schweigen zu bringen.
Etwas Unsinnigeres könnte gar nicht passieren! Eine Heirat, nur um den Gerüchten Einhalt zu gebieten. Doch konnte diese Situation noch schwieriger werden als die, in der sie sich momentan befanden?
Reeve hatte das ganze Essen an ihrer Seite überstehen müssen, und jeder hatte ihm zu seinem Glück gratuliert. Er hatte direkt neben ihr gesessen und wurde dabei ständig daran erinnert, wie sie beide ganz allein auf dem Boot in der kleinen Kajüte gewesen waren.
Das Schlimme war, dass er sich viel zu genau erinnerte, an alle Einzelheiten. Aus diesem Grund hatte er seither darauf geachtet, dass sich keine Gelegenheit mehr ergab, bei der sie ganz allein und ungestört waren.
Keiner von uns beiden könnte sich das erlauben, dachte Reeve und verließ die Dusche. Damit hatte keiner rechnen können, dass er die Regeln außer Acht lassen und sich in Gabriella verlieben könnte. Er hatte eine noch ungelöste Aufgabe vor sich, und Gabriella musste erst noch ein ganzes Leben wieder entdecken. Wenn beides einmal erreicht war, dann würden die Verbindungen gelöst werden.
Und so soll es auch sein, dachte er. Gabriella gehörte nicht in die Umgebung eines kleinen Farmhauses in den Bergen, er hingegen nicht in die vornehme Welt eines Palastes. So einfach war das.
Gabriella saß in einem Sessel und blätterte ein Buch durch. Schwaches Licht fiel ihr über die Schultern, und sie wirkte gleichzeitig nervös und doch entschlossen. Es gelang ihr, ihre Unruhe zu überspielen.
Sie sah auf und meinte: „Ich glaube, ich habe Steinbeck immer gern gelesen.“ Sie legte das Buch zur Seite und stand auf. Ihr einfaches weißes Kleid war langärmelig und umspielte in weichen Falten ihre grazile Figur.
Das Haar fiel ihr lose auf die Schultern. Sie wirkte sehr zart und zerbrechlich.
Reeve rührte sich nicht. Er war fasziniert von ihrem Anblick. „Wolltest du dir ein Buch ausleihen?“
„Nein.“ Gabriella machte einen Schritt auf ihn zu. „Du wolltest nicht zu mir kommen, deshalb beschloss ich, zu dir zu gehen.“ Sie nahm seine Hände, als könne sie aus dieser Berührung Vertrauen und
Weitere Kostenlose Bücher