Cordina's Royal Family 1-4
erreichte. „Sie verstehen nichts. Ich bin nicht verpflichtet, Ihnen oder irgendjemand etwas zu erklären.“ Und doch verspürte er den Wunsch, es zu tun. „Ein Mann ist tot, ein guter Mann, ein aufrechter Mann. Seine Frau bleibt mit ihrem Kummer und dem ihrer Kinder allein, und ich kann nichts tun. Nichts.“
Er stieß ihren Arm von sich und eilte die Stufen hinunter. Eve sah ihm nach, wie er im Park verschwand.
Einen Moment blieb sie stehen. Sie atmete heftig, den Tränen nahe.
Dann holte sie tief Luft und folgte ihm.
Diese Frau, der Teufel hol sie, ließ ihn vergessen, wer er war und was er zu sein hatte. Zwischen seinen Gefühlen und seinen Verpflichtungen, zwischen ihm als Mann und seinem Titel musste ein Abstand gewahrt bleiben. Privat, bei seiner Familie, mochte es anders sein. Selbst bei seinen engsten Freunden musste er, falls nötig, Zurückhaltung üben. Den Luxus wie hatte sie es gleich genannt – menschlich zu sein, konnte er sich nicht leisten, dazu war seine Verantwortung zu groß. Jetzt mehr denn je.
Er hatte einen geschätzten Freund verloren, und warum? Wegen einer vagen Androhung von Gewalt durch eine namenlose Terroristengruppe.
Nein, das glaubte er nicht. Im Vorübergehen riss er eine Blüte von einem Strauch. Ein Mensch war mehr als der Stiel einer Pflanze, den man aus einer Laune heraus brach. Es musste einen Grund geben, und Sewards Tod war ein Versehen.
Sein Vater war das eigentliche Ziel gewesen. Dessen war sich Alexander so sicher wie seines eigenen Namens. Und hinter allem steckte die Bestie Deboque.
„Eure Hoheit …“
Er drehte sich um und sah Eve inmitten des tropischen Gartens. Eve, dieser Name passte zu ihr. Bei der ersten Eve allerdings war die Frucht das Verbotene und nicht die Frau selbst.
„Ich möchte mich entschuldigen“, sagte sie hastig. „Wenn ich mich irre, dann irre ich mich gründlich. Hoffentlich glauben Sie mir, dass es mir Leid tut.“
„Ich glaube, dass es Ihnen Leid tut, Eve, genau wie ich glaube, dass Sie meinten, was Sie sagten.“ Er betrachtete sie einen Moment und merkte, sie war immer noch wütend, so sehr, dass ihr Gewissen sie gezwungen hatte, sich dafür zu entschuldigen. Das verstand er vielleicht nur zu gut: wie frustrierend es war, wütend zu sein und diese Wut unterdrücken zu müssen. „Ein Friedensangebot“, beschloss er aus einem Impuls heraus und reichte ihr die Blume. „Es schickt sich nicht, dass ich mit einem Gast schroff umgehe.“
Sie nahm die Blüte und atmete den leicht vanilleartigen Duft ein. „Wenn ich kein Gast wäre, könnten Sie schroff sein?“
„Sie sind sehr offen.“
„Ja.“ Lächelnd steckte sie sich die Blüte hinter das Ohr. „Welch ein Glück für uns beide, dass ich nicht Ihre Untertanin bin.“
„Darüber wollen wir nicht streiten.“ Er sah zum Himmel hinauf, der traumhaft klar und blau war. Und sie bemerkte den Kummer, die Sorge, und war versucht, erneut den Arm nach ihm auszustrecken.
„Dürfen Sie nur ganz für sich allein trauern, Eure Hoheit?“
Er spürte ihr Mitgefühl und erkannte ihr Freundschaftsangebot. So lange Zeit hatte er sich verboten, selbst das von ihr anzunehmen. Aber auf ihm lag eine fürchterliche Last, eine schrecklich schwere. Er schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. „Altersmäßig stand er meinem Vater näher als mir, und doch gehörte er zu den wenigen Menschen, mit denen ich frei sprechen konnte.“
„Er war Ihr Freund.“ Sie kam näher, und bevor er ihre Absicht erkannte, hatte sie die Arme um ihn gelegt. „Ich wusste nicht, dass er Ihr Freund war. Es tut mir so Leid.“
Sie brachte ihn mit ihrer Wärme und ihrem Verständnis fast um den Verstand. Er brauchte mehr, so viel mehr. Er hatte die Hände leicht auf ihre Schultern gelegt. Plötzlich brannte er darauf, sie langsam über sie streichen zu lassen, um Eve näher zu sich heranzuziehen. Der Duft ihres Haars, ihrer Haut betörte ihn, und doch konnte er einfach nur dastehen, wie bezwungen von ihren Reizen.
Man hatte ihn darin ausgebildet, zu kämpfen, sich zu verteidigen, zu beschützen, und dennoch war er wehrlos. Eine Wand aus Blumen trennte sie von dem Palast, aber für einen Mann, der begehrte, was seinem Bruder gehörte, gab es keine Zufluchtsstätte.
Das tat weh. Trotz seines Titels und seiner Stellung war er auch nur ein Mensch, aber nur selten erlebte er diesen quälenden, süßen Schmerz. Er verstrickte sich mit der tiefen Trauer und der Wut, bis er in unkontrollierbarer Leidenschaft
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