Corellia 01 - Der Hinterhalt
Schlingern wieder aufhörte und das Ächzen der Hülle verklang. Sie warf einen Blick auf ihre Instrumente und fluchte. Nicht genug. Nicht genug. Sie würde noch immer weit vor der Küste niedergehen.
Aber sie hatte noch eine Karte, die sie ausspielen konnte. Sie zog die Bugspitze des Schiffes ein Stück höher in der Hoffnung, so den Tragflächen etwas mehr Auftrieb zu verleihen. Wundersamerweise schien es zu funktionieren. Sie verlor nicht weiter an Höhe, und ihre Flugbahn stabilisierte sich.
Aber Kalenda hatte keine Zeit, sich zurückzulehnen. Schon drohte eine neue Gefahr.
Es begann als tiefes, fast unterhalb der Hörschwelle liegendes Brummen, aber es wurde rasch deutlicher und veränderte sich. Bi-bi-bi-bii-bii-bii-bii-bumm-bumm-bumm-Bumm-Bumm-BUMM BUMM BUMM BUMM! BUMM! BUMM! Es wurde lauter und lauter und schüttelte das Schiff heftiger und heftiger durch. Einer der Stabilisatoren mußte sich gelöst haben, oder ein Stück vom Ruder war abgebrochen und schlug nun mit ungeheurer Wucht gegen die Hülle. Kalenda biß die Zähne zusammen und flog weiter. Obwohl das Schiff wie verrückt bockte und schwankte, konnte sie erkennen, daß es seinen Kurs beibehielt, und jede weitere Sekunde reduzierte die Entfernung zur Küste um mehrere hundert Meter. Solange der Frachter sie zur Küste brachte, konnte er von ihr aus in seine Einzelteile zerfallen.
Kalenda betrachtete den Horizont und hielt Ausschau nach Land. Da! Ein Streifen bewegungsloser, tieferer Dunkelheit in der Ferne. Bei allen Sternen, sie würde es schaffen!
BUMM!BUMM! BUMM! BUMM! Obwohl sie es nicht für möglich gehalten hatte, wurde das Hämmern noch schlimmer. Bei allen Raumgeistern, was wollte sich dort hinten losreißen? BUMM! BUMM! BUMM!
Plötzlich trat Stille ein, und dann, einen Herzschlag später, hörte sie das durch Mark und Bein gehende Kreischen von Metall auf Metall, gefolgt von einer letzten Erschütterung, die durch das ganze Schiff lief. Kalenda spürte, wie sich das Heck des Frachters aufbäumte und nach steuerbord krängte. Nun, was immer sich auch soeben losgerissen hatte, es mußte ein Teil der horizontalen Stabilisatoren gewesen sein. Sie korrigierte die Krängung nach backbord, aber nur ein Stück. Sollte das Schiff doch seine Schieflage beibehalten, solange es mehr oder weniger geradeaus flog.
Wie weit war es noch bis zur Küste? Sie überprüfte ihre Navigationsdisplays. Höchstens noch zwanzig Kilometer. Hoffentlich hielt die Kiste bis dahin...
Ping-PING! Ping-PING! Ping-PING! Kalenda schaltete den Warnton ab und betrachtete ihre Instrumente. Verdammt! Das Triebwerk überhitzte sich! Wenn sie es weiter belastete, würde es in Kürze den Schmelzpunkt erreichen. Sie wußte, was sie tun mußte, aber es gefiel ihr nicht. Was hatte es für einen Sinn, so weit gekommen zu sein, wenn das Triebwerk explodierte und sie hier und jetzt ins Meer stürzte? Widerwillig fuhr sie das Triebwerk erneut auf ein Sechzehntel Schubkraft herunter und schnitt eine Grimasse, als der Frachter sofort an Höhe und Geschwindigkeit verlor.
Ping-PING! Ping-PING! Ping-PING! Sie schaltete den Warnton wieder ab und fluchte lautlos. Das Triebwerk überhitzte sich noch immer. Das Kühlsystem mußte völlig zusammengebrochen sein. Ohne Kühlung würde das Triebwerk in Kürze explodieren, ganz gleich, wie wenig sie es belastete.
Einen aberwitzigen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, es explodieren zu lassen, um seine Schubkraft bis zur allerletzten Sekunde zu nutzen. Aber wenn es etwas gab, was das Schiff nicht überstehen würde, dann eine weitere Explosion.
Sie straffte sich und schaltete dann das Triebwerk ab. Der Frachter schüttelte sich heftig und bäumte sich auf, aber sie zwang ihn zurück auf einen halbwegs geraden Gleitflug.
Und das war es. Kein Triebwerk mehr, keine Tricks, keine Ausweichmöglichkeiten. Steuerlos rauschte sie im Gleitflug über den nächtlichen Ozean. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Kalenda versuchte nicht einmal, sich mit dem Gedanken zu trösten, daß wenigstens das Wetter auf ihrer Seite war, denn sie hatte Angst, daß ihr das Universum dann aus purer Bosheit einen Sturm schicken würde.
Fliegen besteht aus zwei Phasen - dem eigentlichen Flug, der verhältnismäßig ruhig und sicher ist, und der hektischen, gefährlichen Start- und Landephase, wo Sekunden über Leben und Tod entscheiden. Ist das Flugzeug erst einmal in der Luft, besteht für die Piloten kein Grund zur Eile mehr, aber beim Starten und Landen
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