Corellia 01 - Der Hinterhalt
müssen sie extrem schnell reagieren.
Wie Kalenda jetzt herausfand, traf dies auf eine Notwasserung doppelt und dreifach zu. Das Meer kam rasend schnell näher. Besser, sie machte sich bereit. Sobald sie aufgesetzt hatte, mußte sie das Schiff so schnell wie möglich verlassen. Während sie mit der einen Hand den Steuerknüppel festhielt, griff sie mit der anderen nach oben und entfernte die Schutzabdeckung von der Verriegelung der oberen Notausstiegsluke. Sie riskierte einen Blick zu den Lukenkontrollen, merkte sich ihre Position und sah dann wieder nach vorn. Das Meer kam näher. Und näher. Ohne aufzublicken streckte sie die Hand aus, löste die Verriegelung und zog mit einem Ruck den Ausstiegshebel nach unten.
Wumm! Die Riegel wurden herausgesprengt und die Luke wirbelte davon. Plötzlich fauchte der Wind herein, und die schale, nach verbrannter Isolierung riechende Luft im Cockpit wich der kühlen, beißend salzigen Luft des nächtlichen corellianischen Ozeans.
Er war jetzt ganz nah. Kalenda zerrte am Steuerknüppel, um den Winkel ihres Gleitflugs abzuflachen, und wappnete sich für den Aufprall. Wasser mochte weicher als Luft wirken, war aber hart wie Beton, wenn man mit hoher Geschwindigkeit auftraf.
Und dann war so soweit. Kalenda widerstand der Versuchung, die Augen zuzukneifen, und hielt mit beiden Händen den Steuerknüppel umklammert, als hinge ihr Leben davon ab.
Das Meer kam näher, immer schneller und schneller und schneller! Die Wellen, die aus größerer Höhe so deutlich zu erkennen gewesen waren, wirkten jetzt wie ein riesiger verschmierter blaugrauer Fleck ohne jegliche Konturen. Der Wind brauste durch die Ausstiegsluke, zerzauste ihre Frisur und blies ihr die Haarsträhnen ins Gesicht. Sie ignorierte sie. Es war besser, halbblind niederzugehen als die Hände vom Steuerknüppel zu nehmen.
Es gab einen gewaltigen, donnernden Schlag, als der wracke Frachter auf die Wellen prallte, hochgeschleudert wurde und erneut mit großer Wucht aufprallte. Kalenda hielt sich krampfhaft fest, während das Schiff durch die Wogen pflügte, daß das Wasser bis zu den Sichtluken hochspritzte. Der wilde, entsetzliche Ritt von Woge zu Woge schien eine Ewigkeit zu dauern.
Aber schließlich wurde der Frachter langsamer, tauchte tiefer ins Wasser ein und kam dann zum Halt. Das lähmende, ohrenbetäubende Donnern der Landung wich plötzlich dem absurd prosaischen, hohl hallenden Schwappen des Wassers an der Hülle und dem Brandungsrauschen einer nahen Küste. Sie hatte es geschafft. Zumindest hatte sie es bis zu diesem Punkt geschafft.
Kalenda nahm sich einen Moment Zeit, um tief durchzuatmen. Sie löste ihre Hände vom Steuerknüppel, öffnete die Sicherheitsgurte und stand mit leicht zitternden Knien auf. Sie wünschte, sie hätte etwas Zeit, um sich zu erholen, aber sie hatte keine. Der Bug hob sich bereits langsam zum Himmel, während Wasser in das Achterende des Frachters lief.
Sie trat zum Cockpitschott und öffnete die manuelle Entriegelungskontrolle. Sie zog den Hebel nach unten, und die Riegel lösten sich. Dann stemmte sie sich gegen das Schott und drückte es auf. Dort. Der Raumanzug, der bis jetzt unerreichbar für sie gewesen war, und die Standard-Überlebensausrüstungen. Sie nahm die beiden Rationstornister und den Ausrüstungskoffer und bemerkte, daß ihre Füße naß waren. Wasser. Es lief bereits Wasser herein. Sie mußte sich beeilen.
Schnell. Die Rationstornister waren mit Gurten versehen, und sie schulterte sie rechts und links, während sie den Koffer am Griff packte. Sie wuchtete den Koffer aus der oberen Notausstiegsluke und zwängte sich dann selbst so schnell wie möglich hindurch, aus Furcht, daß der Koffer von der Hülle rutschen würde. Einen Moment, bevor er ins Wasser fiel, bekam sie ihn zu fassen.
Theoretisch mußte sich ein Rettungsfloß samt Zubehör im Koffer befinden. Kalenda hatte geplant, den Koffer zu öffnen, das Floß und die Paddel herauszunehmen, den Koffer zu schließen, das Floß aufzublasen, es mit dem Koffer und den Rationstornistern zu beladen, hineinzuklettern und dann in aller Ruhe davonzupaddeln. Aber so, wie die Dinge lagen, hätte sie ebensogut planen können, auch noch ein paar selonianische Sonette zu komponieren. Der Frachter sank bereits, und außerdem war es tiefste Nacht und viel zu dunkel, um in einem Ausrüstungskoffer nach einem Rettungsfloß zu suchen.
Andererseits, wenn die Konstrukteure der Überlebensausrüstung auch nur einen Funken Verstand
Weitere Kostenlose Bücher