Corina 01 - Dämonisch verführt
keine Hinweise darauf, etwas Gefährliches getrunken zu haben. Der Wein hatte einfach nur wie ein guter Roter geschmeckt, fruchtig und erdig. »Was stellt das Zeug an?«
»Nichts Schlimmes«, versicherte mir Caedmon. »Unter den richtigen Umständen hilft der Wein dabei, die Gedanken, oder bei geringeren Mengen die Gefühle von zwei Personen aufeinander abzustimmen.« Dunkelgrüne Augen musterten mich
abschätzend. »Selbst mit viel Wein wären nur wenige imstande, so intensive Erinnerungen wachzurufen. Ich konnte fast den Rauch riechen.«
Ich nickte und dachte an die geschmolzene Rüstung, die eine schwarze Lache zwischen einigen Leichen gebildet hatte, und an den heißen Wind. Als er über all die Feuer hinweggestrichen war, schien er direkt aus der Hölle zu kommen. Er weckte eigene Erinnerungen in mir, an die Schützengräben in Frankreich nach einem Mörserangriff, und plötzlich brach mir Schweiß aus. Das Herz sprang mir in den Hals, und jähe Anspannung erfasste mich, als das Bild vor meinen Augen kippte. Wieder hatte ich das Gefühl, dass ich keine Luft mehr bekam, weil Asche mir den Hals verstopfte…
Caedmons Hand strich mir über den Arm, und Kraft floss von ihr in meinen Körper, vertrieb das Gefühl des Erstickens. »Ja«, murmelte er. »Ungewöhnlich empfindlich.« Er lächelte aufmunternd. »Keine Sorge. Was du gesehen hast, geschah vor langer Zeit. Es war eine Erinnerung an unseren letzten großen Krieg. Selbst damals dauerte es Jahrhunderte, die vielen Lücken in unseren Reihen zu schließen. Ich fürchte, heute wäre das unmöglich.
Ein offener Kampf um die Thronfolge könnte zu einer neuen Katastrophe von solchen Ausmaßen führen. Deine Freundin muss gefunden werden.«
»Du liest meine Gedanken«, erwiderte ich mit Nachdruck und zitterte noch immer von der Berührung.
»Elfen lesen keine Gedanken«, sagte Louis-Cesare scharf, den Blick auf Caedmons Hand gerichtet.
Caedmon lächelte, und es war kein besonders hübsches Lächeln. Seine Hand schloss sich um meinen Arm.
»Vielleicht nicht. Aber dafür erkennen wir andere Dinge, Vampir. So weiß ich zum Beispiel, dass du ein Messer im Ärmel hast, obwohl ich es nicht sehe. Ich höre, wie das Metall singt; es ist ein Talent von mir.« Er sah mich an, und diesmal gab er seinem Lächeln ganz bewusst eine provozierende Note. »Eins von vielen.«
Louis-Cesares Zorn füllte den kleinen Raum plötzlich wie Wasser, und von einer Sekunde zur anderen schienen sich seine Augen in pures Silber zu verwandeln. Wie erstarrt saß ich da, umgeben von Energie. Ich begann zu verstehen, warum Mircea gewollt hatte, dass er an dieser Mission teilnahm. Allerdings hatte es Daddy versäumt, auf das aufbrausende Temperament hinzuweisen. Vielleicht war er der Meinung gewesen, dass mir das rote Haar als Hinweis genügte.
Caedmon saß ganz still, bot keine Herausforderung, scheute aber auch nicht vor einer zurück. Ich wusste nicht recht, was ich tun sollte: auf der einen Seite ein gemeingefährlicher Vamp und auf der anderen ein verärgerter Elf.
»Zwischen Hammer und Amboss« beschrieb es nicht einmal annähernd. Ich sah zu Radu, der sich so wenig rührte wie ein von Scheinwerferlicht geblendetes Reh. Seine wunderschönen türkisfarbenen Augen waren fast rund.
Letztendlich war es Olga, die die Situation mit einem lauten, fast eine Minute andauernden Rülpsen entschärfte.
Am Ende dieser Minute starrten wir sie alle in grenzenlosem Staunen an. Bei Trollen war es obligatorisch, mit angemessenen Körpergeräuschen Anerkennung für ein gutes Essen zu zeigen. Olga schien die Mahlzeit genossen zu haben.
Sie klopfte sich auf den dicken Bauch und stand mit der Anmut eines trächtigen Nilpferd-Weibchens auf. »Gutes Essen«, teilte sie Radu mit, der sich schnell ein Nicken abrang. »Ich jetzt schlafe«, fügte sie mit fast königlicher Würde hinzu. Geoffrey beeilte sich, ihr den Weg zur Treppe zu zeigen, und als Olga nach oben stapfte, strich ihr massiger Leib rechts und links über die Wände.
Ich beschloss, mir ein Beispiel an ihr zu nehmen. Wenn Caedmon noch mehr wusste, würde ich es am nächsten Tag aus ihm herausquetschen, wenn ich besser denken konnte. Ich zog Stinky vom Käseteller, auf dem er ein Nickerchen machte. »Ich glaube, ich mache ebenfalls Schluss für heute«, sagte ich, setzte mir den Duergar an die Hüfte und hielt mich nicht damit auf, den anderen eine gute Nacht zu wünschen. Radu war so überwältigt, dass er es gar nicht merkte, und bei den
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