Corina 01 - Dämonisch verführt
gewesen.
»Um mitzubieten.« Ich begann damit, an meinem neuen Spielzeug herumzufummeln, das mit allem Drum und Dran ausgestattet war.
»Warum?«
»He! Hiermit kann man sogar ins Internet!«
Louis-Cesare sah mich an, und ich gab mit einem tiefen Seufzen nach. »Der erste Herrscher der Walachei war ein Siebenbürger namens Radu Negru. Um dreizehnhundert beschloss er, in Curtea de Arges eine große neue Kathedrale zu bauen. Heute ist dieser Ort ein kleines Nest, aber damals war er die Hauptstadt. Nach der Legende kamen die Bauarbeiten ein wenig zu langsam voran, und Radu drohte dem Chefarchitekten namens Manoli und forderte ihn auf, endlich Fortschritte zu erzielen. Der versuchte sich zu rechtfertigen, indem er auf böse Geister hinwies, die sich dem Projekt widersetzten. Die Lösung: eine lebende Frau im Fundament begraben, um die bösen Geister zu besänftigen.«
»Was hat das mit dir und der Nullerin zu tun?« Louis-Cesare schien zu glauben, dass ich mir einen Scherz mit ihm erlaubte.
»Dazu komme ich gleich. Jedenfalls, Radu und Manoli kamen überein, dass der ersten Frau, die am nächsten Morgen auf der Baustelle erschien, die Ehre zuteil werden sollte. Wie sich herausstellte, war die unglückliche Dame Flora Manoli. Sie flehte ihren Mann um Gnade an, und als das nichts nützte, verfluchte sie ihn und jeden Mann, der ihr Grab berührte. Kurze Zeit später stürzte Manoli vom Dach der Kathedrale in den Tod.« Louis-Cesare wirkte verwirrt und ein wenig verärgert.
»Es heißt, dass er direkt neben die Stelle fiel, an der seine Frau lebendig begraben wurde.«
»Ich verstehe noch immer nicht…«
»Nach einigen weiteren verdächtigen Todesfällen entfernte man die Steinplatte über Frau Manolis Grab und ersetzte sie durch eine fluchfreie Version. Die alte Platte wurde zerbrochen und vergraben, aber geschäftstüchtige Frauen aus dem Dorf fanden sie und verkauften die Stücke. Die meisten sind im Lauf der Zeit verloren gegangen, aber einige schafften es bis in unsere Zeit. Gerald & Co. bekamen irgendwie einen davon.« Ich hatte gehofft, das Ding für wenig Geld zu ergattern, aber jemand mit einem dickeren Portemonnaie hatte ebenfalls an die Legende geglaubt. »Ich habe Claire während der Auktion kennengelernt, und nachher haben wir uns bei einem Drink zusammengesetzt. Wie sich herausstellte, suchte sie eine Mitbewohnerin.«
Dass Claire für einen knickrigen Laden wie Gerald’s arbeitete, hing mit dem Familienerbe zusammen - ein Erbe bekam alles, und die anderen gingen leer aus. Nach dem Tod ihres Vaters kämpften sie und ihr Cousin Sebastian um die Kontrolle über das Geschäft, und sie verlor. Da rivalisierende Erben oft getötet wurden, zog sie es vor, unterzutauchen und abzuwarten, bis sich die Wogen glätteten. Ich hatte ihr den einen oder anderen Tipp gegeben, wie sie unter dem Radar ihrer Familie bleiben konnte, und dabei erfuhr ich, dass sie Erbin eines alten Hauses mit reichlich Platz war. Und dass sie Bargeld brauchte, das sich nicht zurückverfolgen ließ.
»Und jetzt wird sie vermisst?«, fragte Louis-Cesare.
Ich verzog das Gesicht. »Ja.« Ein Umstand, der mich ziemlich unfähig dastehen ließ.
Claire hatte meine Miete auf einen lächerlich geringen Betrag festgesetzt und gesagt, dass sie sich über die Gesellschaft freute. Außerdem hatte sie mir den Dachboden als Büro angeboten. Ich nutzte andere nicht gern aus, zumindest nicht die Netten, Vertrauensvollen, aber ich brauchte eine billige Absteige. Um mein Gewissen zu beruhigen, entschied ich mich für Schutz als Zugabe. Ich konnte nicht als ihr Full-Time-Bodyguard arbeiten, wenn ich mich noch um andere Klienten kümmern wollte, aber dummerweise hatte ich angenommen, dass sie mit einem Dhampir als Mitbewohnerin wenigstens zu Hause sicher sein würde. Umso größer war der Schock gewesen, als man sie direkt vor meiner Nase entführt hatte.
»Bist du sicher, dass sie nicht aus freiem Willen verschwunden ist?«, fragte Louis-Cesare.
»Ich bin von einem Job zurückgekehrt und habe ein leeres Haus vorgefunden, ohne irgendeine Nachricht.«
»Das allein beweist noch nicht…«
»Bei Claire muss alles seine Ordnung haben«, sagte ich. Das Gespräch wurde so unangenehm wie das Betasten einer offenen Wunde. »Sie ist regelrecht besessen davon. Ein Zugeständnis, das ich ihr schon früh machen musste, bestand darin, ihr immer eine Nachricht zu hinterlassen. Sie war schon besorgt, wenn ich auch nur vors Haus trat, ohne einen Zettel am Kühlschrank,
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